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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Saunders
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Margot betrat den kleinen, hellen, sterilen Raum. Darin befanden sich ein Schreibtisch, ein Waschbecken und eine Untersuchungsliege. Eine Frau stand vor dem Schreibtisch und hackte unschlüssig auf das Telefon ein, als wüsste sie nicht recht, was sie damit anfangen
sollte. Sie hielt inne und starrte Margot böse an, als käme ihr die Unterbrechung höchst ungelegen.
    Margot ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Vergewaltigungsopfer waren meist entweder aggressiv oder wie gelähmt. Diese Frau, so schien es, gehörte zur ersteren Kategorie. Margot schloss still die Tür und musterte ihr Gegenüber. Sie war überrascht, wie attraktiv die Frau war, aber auch über die geballte Aggressivität, die von ihr ausging.
    Â»Guten Tag, ich bin Dr. Ritchie. Wollten Sie gerade einen Anruf machen? Soll ich kurz warten?«
    Die Frau knallte den Hörer auf die Gabel.
    Â»Nein«, antwortete sie barsch, zog sich vom Schreibtisch zurück und ging zur Liege, an die sie sich mit trotzig verschränkten Armen lehnte.
    Â»Tut mir leid, dass Sie so lange warten mussten. Ich war auf dem Gericht, als man mich benachrichtigte. Leider konnte sich sonst niemand um Ihren Fall kümmern. In einer Situation wie dieser müssen wir uns streng an gewisse Vorschriften halten, Sie verstehen …«
    Â»Ich weiß, wer Sie sind«, unterbrach die Frau sie brüsk. Sie ließ die Schultern hängen. »Könnten wir es bitte so schnell wie möglich hinter uns bringen?«
    Margot nickte verblüfft, trat ans Fußende der Liege und las sich das Datenblatt der Patientin durch, das auf einem Klemmbrett befestigt war. Sie war sicher, dass sie der Frau noch nie zuvor begegnet war. Aber vielleicht kam ihr der Name bekannt vor? Nein, das war auch nicht der Fall. »Verzeihen Sie, aber ich kann mich nicht erinnern, Sie schon einmal getroffen zu haben.«
    Â»Haben Sie auch nicht. Ich kenne Sie vom Sehen.«
    Â»Hier, im Krankenhaus?«

    Â»Einfach vom Sehen«, fauchte die Frau wütend und verbarg das Gesicht in ihren Händen.
    Da sie den Kopf gesenkt hatte, konnte Margot lediglich das glänzende, dichte, dunkle Haar der Frau erkennen, dessen modischer Kurzhaarschnitt trotz des zerzausten Zustands erkennbar war.
    Â»Also gut«, sagte Margot, nachdem sie sich das Aufnahmeformular ein zweites Mal – und diesmal gründlicher – durchgelesen hatte. Sie legte das Klemmbrett auf den Schreibtisch und ging zum Waschbecken, wo sie sich sorgfältig die Hände wusch und dünne Gummihandschuhe überstreifte. Ihre Patientin schwieg. Während sie alles für die Untersuchung vorbereitete, fragte Margot so beiläufig wie möglich:
    Â»Möchten Sie mir nicht sagen, was mit Ihnen passiert ist?«
    Â»Nein«, antwortete die Frau schroff, »das hebe ich mir für die Polizei auf. Können wir jetzt verdammt noch mal anfangen?«
    Margot ließ sich von der Unhöflichkeit ihrer Patientin nicht beeindrucken.
    Â»Ich kann Sie ja verstehen, aber alles, was Sie mir sagen, könnte für meine Untersuchung hilfreich sein.«
    Die Frau hob abrupt den Kopf. In ihren Wimpern klebten Haare. Halb zornig, halb flehend, flüsterte sie:
    Â»Bitte machen Sie einfach nur, was nötig ist.«
    Â»Wie Sie wollen. Dann will ich Ihnen kurz das Procedere erklären. In Kürze wird jemand von der Polizei eintreffen und Fotos von Ihren äußeren Verletzungen machen. Dann werde ich Sie rasch auf innere Verletzungen untersuchen. Und dann machen wir ein paar Blut- und Urintests, außer Sie kennen die Identität des Täters. Dann wären solche Tests überflüssig.«
    Â»Nein. Ich kenne ihn nicht.«

    Â»Also gut. Hier ist eine Einverständniserklärung, die Sie mir bitte unterschreiben. Es geht darin um die Durchführung eines HIV- und anderer Tests in Bezug auf mögliche Geschlechtskrankheiten. Sie müssen in vierzehn Tagen und dann noch mal nach acht bis zehn Wochen vorbeikommen. Erst danach können wir grünes Licht geben. Wie steht es mit Verhütung? Möchten Sie etwas einnehmen, nur zur Sicherheit?«
    Â»Ja.«
    Â»Gut. Und Ihre Familie? Möchten Sie, dass ich jemanden benachrichtige?«
    Wieder schoss ihr Kopf hoch.
    Â»Nein!«
    Ein kurzes Klopfen an der Tür und Stefanie Phillips steckte den Kopf herein.
    Â»Senior Constable Kruger ist jetzt da, Margot.«
    Margot nickte.
    Â»Danke. Schicken Sie sie rein.«

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