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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Saunders
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kommt, ist alles andere als angenehm, aber ich mache so schnell wie möglich.«
    Mary zog mit einem zornigen Ruck den Gürtel ihres Flügelhemds zu und legte sich auf die Liege. Dann führte Margot rasch und effizient alle nötigen Untersuchungen durch.

    Eine Stunde später und nach zahlreichen Untersuchungen brachte Margot Mary auf eine der Stationen zurück. Manchmal kam der Patient zur Ruhe, sobald er das Schlimmste hinter sich hatte, aber sie hatte das Gefühl, dass Mary nicht zu der Sorte gehörte.
    Zeit für die lang ersehnte Tasse Tee. Sie machte sich auf den Weg zum Gemeinschaftszimmer, wo sie auf den Krankenhausanwalt, Dr. Smythe, traf.
    Â»David«, begrüßte sie ihn mit einem Nicken.
    Â»Ah, Margot. Ich hab Sie schon gesucht. Wie lief’s auf dem Gericht?«, erkundigte er sich.
    Â»Nicht anders, als zu erwarten war.« Sie zuckte die Achseln.
    Â»Hm, wie gesagt, ich glaube nicht, dass die Anklage Erfolg haben wird.«

    Er zog sich mit seinen gepflegten Händen die Krawatte zurecht.
    Â»Nun, ich bin jedenfalls froh, dass sie es zumindest versuchen.«
    Â»Hm«, wiederholte er. »Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald das Urteil feststeht. Ach, und übrigens, ich habe gehört, dass diese vermisste Polizistin wieder aufgetaucht ist und Sie sie behandelt haben. Sie hätten mir wirklich Bescheid sagen sollen, Margot. In Fällen wie diesen, die derartiges öffentliches Interesse erregen, können die juristischen Folgen für das Krankenhaus unvorhersehbar sein. Darüber muss ich informiert werden! Und vergessen Sie nicht die Presse. Bitte denken Sie nächstes Mal daran.«
    Margot erstarrte vor Zorn. Sie fand David Smythe schon an gewöhnlichen Tagen kaum zu ertragen, aber dass er so arrogant war und mit einer solchen Selbstverständlichkeit davon ausging, dass sie jederzeit ihre ärztliche Schweigepflicht verletzen würde, brachte ihr Blut zum Kochen. Außerdem war sie gar nicht sicher gewesen, dass es sich bei ihrer Patientin um die vermisste Polizistin handelte, einen Fall, den sie ohnehin nur am Rande verfolgt hatte, da sie kaum Zeit fand, in die Zeitung zu schauen. Sie hatte es zwar vermutet, aber ihre Patientin hatte nichts Derartiges verlauten lassen.
    Â»Nun, wie ich Sie kenne, werden Sie die Dinge sicher rasch in den Griff kriegen«, sagte sie kurz angebunden. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden?«
    Â»Selbstverständlich«, antwortete er, machte auf dem Absatz kehrt und stakste davon.
    Verblüfft über seine pompöse Art, starrte sie ihm einige Augenblicke lang nach, hielt sich dann aber nicht weiter mit ihm auf. Jetzt brauchte sie wirklich erst einmal eine Tasse Tee.

    Alle wahren Geschichten enthalten eine Lehre, aber in
manchen Fällen ist der eigentliche Sinn und Zweck so
schwer zu erkennen und so belanglos, dass der kleine,
verschrumpelte Kern das Knacken der Nuss kaum die
Mühe wert ist.
    Anne Brontë
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Welche Einsamkeit ist tiefer als die des Misstrauens?
    George Eliot

Claudia
    Detective Sergeant Nick Kennedys Schreibtisch gehörte zu einer Gruppe von vier Tischen. Nathan Wallace saß direkt ihm gegenüber, während Claudia neben Nathan saß. Claudia wusste, dass er die Neuen gerne ein wenig im Auge behielt. Nathan gefiel es gar nicht, direkt vor der Nase vom Boss sitzen zu müssen, bei Claudia jedoch war es genau das Gegenteil – jedenfalls bis gestern. Der gestrige Tag war schrecklich und der schlimmste Tag ihrer Karriere gewesen. Und das war Nicks Schuld. Nun, zumindest teilweise.
    Es gehörte sich eigentlich nicht, so etwas zuzugeben – politisch inkorrekt, wie es heutzutage hieß -, aber sie fand, dass Nick ein attraktiver Mann war – für sein Alter und auf seine ganz eigene Art und Weise. Sie schätzte, dass er Mitte, Ende vierzig war. Buschige Brauen über tiefliegenden haselnussbraunen Augen, zerzaustes, allmählich schütter werdendes Haar, das einen Schnitt hätte vertragen können, und etwas, das irgendwie an einen Vollbart erinnerte, allerdings nur aus Stoppeln bestand. Nick trug sein Äußeres wie einen Mantel zur Schau, den man in letzter Sekunde überwirft, weil’s nun mal nicht ohne geht. Claudia verstand ihn. Nick Kennedy hatte an andere, wichtigere Dinge zu denken, vor allem an seine Arbeit. Und deshalb saß sie auch so gerne in seiner Nähe. Einen fleißigeren, gründlicheren, klügeren

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