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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Saunders
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Ziegelstein, der als Beetbegrenzung diente. Eine Waffe. Der Stein lag schief vor der Rasenkante, ein unschöner Anblick. Sie stopfte ihren Ausweis in ihre Brusttasche zurück, bückte sich und riss den Stein aus dem Gewirr von Unkraut.
    Sie rannte weiter. Das Arschloch hatte nur Augen für Claudia. Sie kam von der Beifahrerseite. Sah, wie er die Waffe in die Linke zu nehmen versuchte, ohne sich von dem Jungen abzuwenden. In ihrem Kopf war ein dröhnendes Rauschen. Sie beobachtete, wie er ganz plötzlich mit der Rechten nach der Zündung griff. Sie hob den Arm, holte aus, hörte zwei Explosionen: das Anspringen des Wagens und das Zersplittern der Scheibe. In der Ferne erklang das Heulen von Polizeisirenen.
    Er fuhr erschrocken zu der zerbrochenen Scheibe herum. Dann sah er sie. Seine eisblauen Augen verloren vor Panik einen Moment lang jede Farbe. Mary wunderte sich, wie das möglich war. Eisblaue Augen, die fast transparent wurden.
    Glücklicherweise reichte der Schock – sein Opfer, das nun zum Angreifer geworden war -, um ihn total durcheinanderzubringen.
    Genug Zeit für Mary, mit ihrem Ziegel das Fenster von Scherben zu säubern, den Stein durch die behelfsmäßige Öffnung zu schieben und ihm ihn in die verhasste Fresse zu knallen.
    Das tat so gut, dass es fast obszön war und sie nicht gleich aufhören konnte. Sie schlug noch einmal zu. Und noch einmal. In ihrem Körper kribbelte es, eine fast krankhafte Euphorie
erfüllte sie. Sein Kopf sank nach vorn, seine Lider flatterten, und die Pistole, ihre Pistole, glitt aus seiner Hand. Seine Stirn war aufgeplatzt, und Blut floss über sein Gesicht und tropfte auf seinen Schoß.
    Mein Gott, wie gut das tat!
    Doch dann begann er zu flüstern, und trotz des Lärms der sich nähernden Sirenen und Claudias Gebrüll hörte sie jedes Wort.
    Â»Du stinkst, Mary. Was hast du bloß für einen scheußlichen Körpergeruch. Du bist keine Frau. Ich hab dich gesehen, wie du durch den Busch gestolpert bist und geplärrt hast wie ein Baby. Der Rotz ist dir aus der Nase gelaufen, gelber Rotz. Einfach eklig. Und du hast ihn nicht weggewischt. Kein einziges Mal.«
    Die Wirklichkeit meldete sich zurück.
    Er schlug die Augen auf und grinste sie höhnisch an.
    Mary zuckte zurück. Der blutige Ziegelstein lag wie gefroren in ihrer leblosen Hand. Claudia brüllte immer noch irgendetwas. Sie konnte die Augen nicht von ihm abwenden. Plötzlich wurde sie von hinten gepackt und zurückgezerrt. Irgendjemandem musste es gelungen sein, die Türverriegelung zu lösen, denn die übrigen drei Türen sprangen auf, und plötzlich wimmelte es von bewaffneten Polizisten.
    Aber er grinste sie noch immer an, ein abstoßendes, obszönes Grinsen. Sie wurde nach hinten gezogen, wehrte sich nicht, stieß sich den Kopf am Fensterrahmen an, merkte es kaum. Ihr war übel, sie fürchtete, sich übergeben zu müssen.
    Ein Kollege trat vor sie, unterbrach den Blickkontakt, das höhnische Grinsen.
    Sie ließ den Kopf sinken und fiel auf die Knie.

17:05 Uhr
    Wie Nick nicht anders erwartet hatte, drängte sich der Mob um ihn. Mikrofone schwirrten vor seinem Gesicht herum. Er musste den Impuls unterdrücken, sie wie lästige Fliegen zu verscheuchen. Grelle Lichter blitzten, Scheinwerfer blendeten. Aber er hatte genug Erfahrung mit diesem Teil seines Jobs, um ruhig stehen zu bleiben, nicht nervös und gereizt zu wirken, langsam und deutlich zu sprechen, um ein Gegengewicht zur Hysterie der Medien zu bilden, die auf eine Sensationsstory aus waren. Er wusste, was zu tun war, weil er es schon viel zu lange tat. Er konnte es in seinen Knochen spüren.
    Â»Wie Sie vielleicht schon gehört haben, wurde heute Nachmittag ein Mann beim Versuch gefasst, einen Minderjährigen zu entführen.«
    Â»Der Name des Kindes?«, brüllte jemand.
    Â»Sie wissen, dass ich das nicht beantworten darf.«
    Die Fragen wurden zu Projektilen.
    Â»Gibt es eine Verbindung zur Entführung von Mary Papas?«
    Â»Wir beabsichtigen, zu einem späteren Zeitpunkt weitere Anklagepunkte zu erheben. Das ist alles, was ich Ihnen im Moment sagen kann.«
    Â»Was gibt es denn so Interessantes für die Polizei in Brownley? Besteht da eine Verbindung?«
    Â»Ein alter Luftschutzbunker, der als möglicher Tatort infrage kommt. Die Untersuchungen laufen.«
    Â»Wie viele Tatorte gibt es?«
    Â»Bei Entführungen

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