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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Saunders
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während ihre Kollegin irgendetwas Unverständliches vor sich hinmurmelte.
    Â»Nicht so schnell. Halten Sie Abstand. Nehmen Sie die zweite Straße, die Dove Street, richtig? Halt! Fahren Sie an den Straßenrand. Dort vorne steht er. Er hat angehalten. In der Gilbert, sehen Sie? Was zum Teufel hat er vor?« Mary war auf einmal schrecklich nervös, ihr Herz hämmerte, und ihr brach der Schweiß aus. Daher bekam sie nicht mit, was Claudia als Nächstes tat.
    Â»Was zum …? Claudia! Claudia! Kommen Sie zurück!« Mary stöhnte. »Verfluchtes Miststück!« Aber die andere war bereits ein gutes Stück vom Auto entfernt. Mary beobachtete, wie sie sich, die Hand auf dem Holster ihrer Pistole, mit eiligen Schritten auf den braunen Commodore am Straßenrand zubewegte.
    Mary stieß mit einem Fußtritt ihre Tür auf, versetzte ihr einen weiteren Tritt, dass sie in den Angeln quietschte. Die resultierenden Schmerzen in Beinen und Wirbelsäule waren ihr höchst willkommen. Was konnte sie ohne Waffe schon
ausrichten? Der Mistkerl hatte ihre Pistole. Von Claudia in die Enge getrieben, konnte er wer weiß was anstellen. Jetzt musste sie doch Verstärkung rufen. Und einen Krankenwagen. Sofort.

15:50 Uhr
    Eine betäubende Anzahl von Stimmen forderten in Claudias Kopf schreiend Gehör. Sie zwang sie nieder und konzentrierte sich auf ihren keuchenden Atem, den Blick fest auf das Fahrzeug gerichtet. Der Mann hatte sie noch nicht bemerkt. Jetzt, wo sie näher kam, konnte sie besser erkennen, was er machte. Er hatte sich über etwas auf dem Beifahrersitz gebeugt. Claudia blickte sich um und schaute zurück zum Wagen, zu Mary. Sie war nicht ausgestiegen. Die Stimmen in ihrem Kopf begannen wieder zu brüllen. Sie wandte sich zu dem Commodore um.
    Ihre Bewegungen wirkten mit einem Mal angestrengt und linkisch. Nur noch zehn Meter. Ihre Lungen brannten vor Anstrengung. Eine brutale Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sie griff nach ihrer Waffe und zog sie aus dem Holster. Sie war überraschend schwer. Es war lange her, seit sie sie gebraucht hatte. Sie streckte den Arm aus, umfasste die Waffe mit beiden Händen. Er hatte sie noch nicht gesehen, war immer noch über den Beifahrersitz gebeugt. Noch fünf Meter. Sie richtete die Waffe auf ihn. Er hatte ihr den Rücken zugekehrt. Jetzt griff er zwischen die Sitze, nach hinten, zu dem Jungen. Was machte er da? Sie kam näher. Er drückte dem Jungen etwas ins Gesicht. Ein Tuch? Chloroform! Wie bei Mary.
    Sie tastete mit der Linken nach dem Fahrertürgriff, die Pistole in der Rechten weiterhin auf ihn gerichtet. Ihr Adrenalinpegel
war so hoch, dass sie die Befürchtung hatte, gleich in Ohnmacht zu fallen. Sie riss an der Tür.
    Â»Polizei! Nicht bewegen!«, brüllte sie. Der Türgriff entglitt ihrer Hand.
    Die Tür war von innen verriegelt.
    Heilige Scheiße.
    Panik überwältigte sie. Er hatte sie gesehen und griff in seinen Rucksack. »Nicht bewegen!«, wiederholte sie. Sie schlug mit dem Griff ihrer Pistole auf die Scheibe – vergebens – und richtete die Waffe rasch wieder auf ihn. »Polizei, nicht bewegen!«, brüllte sie. Sein Arm tauchte aus dem Rucksack auf. Er hielt eine Pistole in der Hand. Die gleiche wie sie. Sie stieß ein ersticktes Keuchen aus. Er presste die Pistole an den Kopf des Jungen. »Legen Sie die Waffe weg! Waffe weg!«, schrie sie.

15:53 Uhr
    Mary rannte, so schnell sie konnte. Ihre Beine taten höllisch weh. Sie griff in ihre Brusttasche, zog ihren Ausweis hervor und hielt ihn den neugierigen Gaffern, die sich eingefunden hatten, unter die Nase.
    Â»Polizei! Zurückbleiben!«, brüllte sie. »Claudia, Verstärkung ist unterwegs«, rief sie ihrer Kollegin in einem verzweifelten Versuch zu, sie von weiteren Dummheiten abzuhalten.
    Â»Er hat eine Waffe«, gab Claudia über die Schulter zurück.
    Dieser Satz traf Mary wie ein Faustschlag, wie eine Riesenfaust, die ihre Brust zerschlug, ihr Herz zerdrückte, ihr den Atem nahm. Es war ihre Schuld. Das war ihre Strafe.
    Â»Polizei. Zurückbleiben«, sagte sie erneut. Und dann spürte sie blinde Wut in sich aufsteigen wie ein Atompilz. Sie
hasste ihn, hasste ihn dafür, dass er ihr ihre Waffe weggenommen hatte. Ihren Stolz, ihr Selbstbewusstsein, ihren beruflichen Erfolg, ihre Grundsätze, ihre Identität. Ihren Selbstwert. Alles.
    Ihre Augen suchten und fanden einen

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