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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Saunders
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einem Raum mit Betonwänden überhaupt eine Rolle? Mary überlegte. Begann zu rechnen. Sie konnte sich daran erinnern, dass Chloroform einen Menschen bis zu etwa einer halben Stunde bewusstlos machte. Oder war das Äther? Sie hatte das Revier am Samstagabend um achtzehn Uhr dreißig verlassen. Es musste etwa neunzehn Uhr gewesen sein, als sie mit ihrer Einkaufstüte zum Auto zurückkehrte. Daher musste sie etwa um neunzehn Uhr dreißig wieder zu Bewusstsein gekommen sein. Danach waren sie ihrem Gefühl nach noch ungefähr anderthalb Stunden unterwegs gewesen, das bedeutete, dass sie um einundzwanzig Uhr ihr Ziel, wo immer das war, erreicht hatten. Wie lange hatte sie dem Irren gehorchen müssen, bevor sie ihren Fluchtversuch unternahm? Ihr kam es wie Stunden vor, aber wahrscheinlich waren es nur Minuten gewesen. Aber selbst wenn es eine Stunde gewesen war, musste sie spätestens um zweiundzwanzig Uhr dreißig wieder das Bewusstsein erlangt haben. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte sie solche Schmerzen gehabt und war derart müde gewesen, dass sie gleich wieder eingeschlafen war. Wahrscheinlich hatte sie länger geschlafen, als sie wollte. Vermutlich war es bereits Sonntag, später Vormittag. Man hatte ihr Auto wohl inzwischen gefunden und die Suche eingeleitet … Aber vielleicht war sie ja auch das Opfer einer neuen, grausam-witzigen Reality-TV-Show? Entführung auf Bestellung. Sie hätte kotzen können und wünschte, es gäbe eine Toilette.
    Aber natürlich gab’s keine, zumindest nicht in Reichweite. Sie rollte sich zur Seite und überlegte, wie sie den Ort ihrer Entführung eingrenzen könnte. Angenommen, der Lieferwagen war zwei Stunden unterwegs gewesen – und vorausgesetzt, das Arschloch war nicht nur im Kreis gefahren -, dann befände sie sich, wenn sie nordwärts gefahren waren,
etwa in der Gegend zwischen Brownley und Graceville. Falls sie ostwärts gefahren waren, waren sie in der Nähe der Küste und nicht weit weg von Marienville. Wenn sie die südliche Richtung eingeschlagen hatten, dann lag die Hauptstadt in nächster Nähe. Oder vielleicht waren sie doch gen Westen ins Landesinnere gefahren? Nun, dann war sie wirklich am Arsch der Welt. Natürlich bestand die realistische Möglichkeit, dass das Schwein tatsächlich im Kreis gefahren war. Der Arsch der Welt begann nämlich schon ein paar Kilometer jenseits der Stadtgrenze. In jede beliebige Richtung.
    Wie nicht anders zu erwarten, fanden ihre Überlegungen irgendwann ein abruptes Ende. Ein Schlüssel wurde in ein Schloss gesteckt. Da sie so an die Stille gewöhnt war, hörte sie es sofort und wandte ihren Kopf in die entsprechende Richtung. Sogleich richtete sie sich in eine sitzende Position auf, rutschte an den Rand der Matratze und schlug die Beine unter. Ihr Gedanke dabei war, dass sie auf diese Weise vielleicht aufspringen oder vorschnellen und sich auf ihn werfen könnte. Mit zusammengebissenen Zähnen blieb sie sitzen und wartete. Ihr Bedürfnis, zur Toilette zu gehen, hatte sich in Luft aufgelöst. Es dauerte eine Weile, bevor die Tür aufging. Wieso? Die Warterei machte sie ganz nervös, und das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Dann setzte es ein paar Schläge lang aus. Er kam lautlos hereingeschlichen, warf die Tür mit einem Knall zu. Und wie am gestrigen Abend erfolgte die erste Attacke mit Licht. Diesmal jedoch war es eine förmliche Explosion, das hellste Licht, das sie je gesehen hatte. Sie zuckte zurück und hob die Arme vor die Augen.
    Â»Oh, ist die Lampe vielleicht ein bisschen zu grell, Mary?«, sagte die kichernde Stimme.
    Als sie ihren Namen aus seinem verhassten Mund hörte, schoss Wut in ihr hoch. Sie ließ die Arme sinken und
blinzelte trotzig ins Licht, dorthin, wo sie sein Gesicht vermutete. Es dauerte nicht lange, und sie konnte seine widerwärtige Gestalt erkennen. Sein Anblick überraschte sie zwar nicht, erfüllte sie aber mit Furcht und Abscheu. Jetzt wusste sie, warum es so lange gedauert hatte, bis die Tür aufging. Er hatte sich erst in Schale werfen müssen! Mit hämmernden Schläfen betrachtete sie ihn. Der Scheißkerl steckte von Kopf bis Fuß in einem Sado-Maso-Latex-Anzug – komplett mit Gesichtsmaske, auf der Strass-Steinchen blitzten, bis hin zu kniehohen, glänzenden Plateaustiefeln. Aber so erschrocken sie auch war, die Polizistin in ihr registrierte sogleich die

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