Gepeinigt
Kabelbinder über die Schneide rieb. Dabei stach und schnitt sie sich ins Handgelenk, und sie begann zu bluten. Es schien ewig zu dauern, doch schlieÃlich gab die Plastikschnur nach. Ihr erster Instinkt war, ihn anzugreifen, doch ihr Verstand riet ihr abzuwarten. Es hätte ohnehin keinen Zweck gehabt: Ihre FüÃe hingen an einer zehn Millimeter dicken Kette. Wenn sie sich auf ihn gestürzt hätte, wäre sie nur mit dem Gesicht im Dreck gelandet. Und die kleine Schere zu verstecken, um sie später als Waffe zu benutzen, kam ebenfalls nicht infrage. Die eisblauen Augen waren wie Suchscheinwerfer auf sie gerichtet.
Widerwillig legte Mary die Schere vor sich auf den Boden in die Nähe ihrer FüÃe. Nur für den Fall.
»Hast du fein gemacht! So, und jetzt aufgepasst.« Er hob den Lauf der Pistole leicht an und richtete ihn mit noch gröÃerer Entschlossenheit auf sie. Abermals griff er in seinen Zauberbeutel und holte ein Fläschchen samt Lappen hervor.
Mary starrte ihn entsetzt an.
»Nein, bitte nicht«, flehte sie und hasste sich für den winselnden Ton ihrer Stimme. Sie holte zweimal tief Luft, kämpfte ihre Panik nieder.
»Ich werde tun, was Sie wollen. Nicht nötig, mich zu betäuben«, sagte sie und blickte zornig in seine amüsiert funkelnden Augen.
Er antwortete nicht sofort, sondern warf das Fläschchen als Warnung ein paarmal herausfordernd in die Luft.
»Zieh dich aus!«, befahl er.
Mary versuchte, ganz ruhig zu atmen. O Gott, nein! Genau das hatte sie befürchtet. Ihre Gedanken überschlugen sich. Konnte sie ihn mit der Schere töten? Ihn angreifen und überwältigen? Ihn kastrieren? Die Antwort lautete eindeutig Nein â wenn sie bewusstlos war. So abstoÃend, so ekelerregend der Gedanke auch war, sie würde tun müssen, was er verlangte.
Nur wenn sie auf der Hut war, konnte sie eine mögliche Flucht ins Auge fassen.
»Was haben Sie vor?«, fragte sie so gelassen sie konnte.
»Fang mit der Hose an. Schieb sie runter bis zu den Knöcheln, dann schneide sie mit der Schere weg. Und den hässlichen Baumwollslip auch.«
Langsam, ganz langsam schob Mary ihre Hose herunter. Dann nahm sie erneut die Schere zur Hand und schlitzte den Stoff mit kleinen Schnitten auf. Sie versuchte dabei an gar nichts zu denken. Opfer von physischer Gewalt berichteten oftmals, wie sie sich von ihrem eigenen Körper distanziert hätten, als würde er nicht zu ihnen gehören. Mary war solchen Behauptungen stets mit Skepsis, ja Misstrauen begegnet. Doch jetzt fragte sie sich unwillkürlich, ob sie das vielleicht auch könnte. Sich distanzieren, an einen anderen, fernen Ort begeben, von dem aus sie das Geschehen gleichsam als unbeteiligter Zuschauer verfolgen konnte â falls sich eine Gelegenheit zur Flucht ergab â und nicht fühlen musste, was mit ihr passierte.
SchlieÃlich hatte sie beide Hosenbeine durchgeschnitten und abgelegt. Der Slip folgte. Ihr Kopf war die ganze Zeit gesenkt.
Sie wollte ihn nicht ansehen. Konnte nicht.
»Und jetzt noch den Rest«, flötete er.
Nun, wo sie ihre Hände frei hatte, war es ein Leichtes, ihren Blazer auszuziehen. Danach tastete sie nach dem versteckten ReiÃverschluss ihrer Bluse, riss ihn auf und schlüpfte aus dem Kleidungsstück.
»Es ist ja nur ein Körper«, machte sie sich flüsternd Mut. Dann hakte sie ihren BH auf und lieà ihn auf den Haufen zu den anderen Sachen fallen. In ihrer Nacktheit fühlte sie sich schrecklich verletzlich und verabscheute sich dafür. Sie setzte sich so hin, dass sie ihren Körper zwar nicht vor seinen Blicken verbarg, aber auch nicht direkt preisgab.
»Artiges Mädchen! Ich muss sagen, das ging besser, als ich erwartet hätte. Eins noch, hol bitte die Schere unter dem Kleiderhaufen hervor und wirf sie mir zu. Aber vorsichtig! Wir wollen doch nicht, dass irgendetwas Unvorhergesehenes passiert!«
Auch diesmal gehorchte sie. Krampfhaft bemühte sie sich, die emotionale Distanz aufrechtzuerhalten und keine Wut, Angst oder Enttäuschung zu empfinden.
»Und jetzt hops, aufstehen, Schätzchen!«, befahl er mit seiner verhassten Singsang-Stimme.
Sie gehorchte, bohrte ihren Blick kurz in seine Augen und richtete ihn dann ganz bewusst auf eine Stelle über seiner linken Schulter.
»Aaah, brav! Und jetzt dreh dich um und zeig mir deinen Arsch!«
Sie drehte sich um und unterdrückte
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