Gerade noch ein Patt
dumm vor.
»Niemand wird dir weh tun, Junge«, sagte der Norm.
»Genau«, stimmte der Ork zu, wobei er seine Klingen so rasch einzog und wieder ausfuhr, daß Andy nicht hundertprozentig sicher war, ob er sie überhaupt bewegt hatte. »Es ist so schnell vorbei, daß du nicht das geringste spüren wirst.«
»Augenblick, Augenblick.« Der Troll neigte den Kopf, als lausche er. Einen Moment später sagte er. »Yates ist okay, aber er ist von den Forschungsbänken ausgesperrt. Er kann die Beute nicht nach Hause bringen.«
»Drek. Wir sitzen in der Tinte.« Der Ork klang nicht überrascht. »Und alles nur wegen dieses kleinen Stücks Konzern-Drek.«
»Immer mit der Ruhe«, sagte der Norm. »Wir wußten, daß wir ein Risiko eingehen, nachdem Yates die Hintertür gefunden hat. Wir werden einfach wieder nach Plan vorgehen.«
»Sie kommen«, sagte die Frau.
»Dann gehen wir«, sagte der Norm.
Die Frau sprang rückwärts über das Geländer und verschwand außer Sicht. Der Norm und der Troll sahen einander an und zuckten die Achseln.
»Nur noch ein Punkt auf der Geschäftsordnung«, sagte der Ork, indem er mit dem Arm ausholte.
Andys Augen waren auf die beiden Spitzen der Sporne des Ork-Samurais fixiert. Er sah sein Augenlicht, sein Leben, auf der Schneide dieser Klingen stehen. Er wartete, während ihm der Schweiß herunterlief, und er hoffte, daß er sich die Schande ersparen würde, in die Hose zu machen. Er hätte nie gedacht, daß er auf diese Weise sterben würde. Himmel, er hätte nie gedacht, daß er überhaupt je sterben würde. Über diese Dinge dachte man einfach nicht nach.
Aber die Sporne kamen nicht näher.
Als ihm bewußt wurde, daß er immer noch atmete, zwang sich Andy, sein Blickfeld zu erweitern, und sah, daß sich die Hand des Norms um das Handgelenk des Orks gelegt hatte. Die beiden Männer funkelten einander an. Der Troll sah zu, offenbar zufrieden, seine beiden Kumpel ihre Differenzen untereinander regeln zu lassen. Für den Augenblick waren »sie«, die kamen, vergessen.
»Er wird singen«, sagte der Ork.
»Das ist kein Grund, ihn zu töten«, sagte der Norm.
»Für mich schon.«
»Für mich nicht. Denk mal über folgendes nach: Wenn du ihn umbringst, wissen sie, daß wir hier gewesen sind. Wenn wir ihn mitnehmen, haben sie nur einen leeren, verschlossenen Raum. Ihn mitzunehmen, verschafft uns Luft.«
»Marksman hat recht«, sagte der Troll.
»Dich hat niemand gefragt, Rags«, schnauzte der Ork. Dabei wandte er den Blick keinen Sekundenbruchteil von dem Norm ab. Der Norm, der offenbar Marksman hieß, starrte zurück. Andy wäre nie in der Lage gewesen, den Samurai niederzustarren, aber dieser Marksman hatte ganz eindeutig Chuzpe. Der Ork war jedoch nicht gewillt aufzugeben. »Wenn du ihn am Leben läßt, singt er. Hetzt uns mit Sicherheit die Konzernbullen auf den Hals. Ich hab' kein Interesse, Tag und Nacht auf der Hut zu sein.«
»Nein!« Andy schüttelte heftig den Kopf. »Ich sag' keinem was.«
Der Ork verdrehte die Augen. »Ja, klar, bestimmt nicht.«
»Beeilt euch!« ertönte die Stimme der Frau von unten.
»Wir haben jetzt keine Zeit dafür«, sagte Marksman. »Rags, bring den Jungen auf Trab.«
Rags tat, wie ihm geheißen, und scheuchte Andy zu einer Bresche im Geländer nahe der Nase der Cockpit-Konsole. Von dort aus führte eine Leiter in die finsteren Tiefen unter dem Einstiegsniveau des Cockpits. Andy war bisher noch nie dort unten gewesen. Die Fahrer gingen nicht dorthin. Es war Tech-Territorium.
Hinter ihm hörte er Marksman sagen: »Wir kümmern uns später um den Jungen.«
»Später«, stimmte der Ork zu.
Rags legte Andy seine riesige Troll-Hand auf die Schulter und schob ihn in Richtung Leiter. Andy schaffte es gerade noch, sich festzuhalten, bevor er den schnellsten Weg nach unten nahm. Der Troll war ihm dicht auf den Fersen, und Andy mußte sich beeilen, um nicht vom herabsteigenden Rags erdrückt zu werden oder unter seine gewaltigen Füße zu geraten.
Unterhalb des Laufstegs war es wärmer, da Röhren, Luftschächte und Motoren in der Umgebung Hitze abstrahlten. Der Raum war gar nicht so klein, aber klaustrophobisch eingeengt von Stützstreben, Hydrauliklagern und andere für die Simulationen erforderliche Einrichtungen.
Eine virtuelle Umgebung leistete eine Menge, insbesondere mit SimSinn-Spuren in den Schaltkreisen, aber einige Effekte ließen sich immer noch am besten durch die Manipulation der physikalischen Umgebung des Users simulieren. Telestrian
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