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Gerade noch ein Patt

Gerade noch ein Patt

Titel: Gerade noch ein Patt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert N. Charrette
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vieler Hallo-Wachs zu lindern, aber es hatte ihn eine Menge morgendlicher Kater überstehen lassen.
    Die Messe war nicht besonders voll, und er sah niemanden, den er kannte. Um so besser. Bekannte hätten Aufmerksamkeit verlangt. Ihm war auch noch nicht danach, neue Freundschaften zu schließen, also suchte er sich einen Tisch, der so weit wie möglich von den Leuten entfernt war. Er entdeckte einen in der Nähe des leeren Büffets und wählte den Platz, von dem er den besten Blick auf den großen Bildschirm der Messe hatte. Den Wortfetzen nach zu urteilen, die er im Gehen aufgeschnappt hatte, lief gerade ein Nachrichtenprogramm - im Augenblick der Wetterbericht, aber wahrscheinlich würden sie danach zumindest die Schlagzeilen wiederholen. Er hatte mehrere Tage lang nicht mitbekommen, was in der Welt vorging, und hatte einigen Nachholbedarf.
    Er versuchte seinen trüben Blick auf den Schirm zu konzentrieren. Die Karte im Hintergrund wurde zum größten Teil von einem Burschen verdeckt, der den üblichen Wetterfrosch-Tanz mit haufenweise Armschwenken, Fingerzeigen und Handwedeln aufführte. Sinnlose Mätzchen, dachte Tom. Das ganze Land befand sich im Würgegriff einer erbarmungslosen Hitzewelle. Man mußte kein Hellseher sein, um mehr Hitze und Feuchtigkeit vorauszusagen.
    Tom brauchte länger, als es hätte dauern dürfen, um zu bemerken, daß der Bursche auf dem Bildschirm kein Meteorologe und die Karte keine Wetterkarte war. Der Bursche war Johnny Lessee, der Talkshow-Star, und die Karte zeigte den Bundesdistrikt. Lessee ging wieder seine Kompensationsarmeevorhersage-Routine durch. Tom war verärgert. Der alte, abgenutzte Witz darüber, aus welcher Richtimg der Wind wehte, war schon in der ersten Juliwoche langweilig geworden, als die ersten Marschierer, noch keine Armee, in Washington eingetroffen waren. Aber aus irgendeinem Grund klammerte sich Lessee an den Gag und dehnte die untote Routine bis in den August aus. Tom fragte sich, ob sich Lessees Gag-Schreiber unter den Marschierern befanden und dem Star das Material ausgegangen war.
    Immerhin besaß Lessee, oder eher seine Leute, soviel Verstand, die Karten auf dem neusten Stand zu halten. Oder nicht? Jedenfalls sah die Karte anders aus, als Tom sie in Erinnerung hatte, aber konnte es wirklich stimmen, daß die Zeltstadt, die ihren Anfang im Tidal-Basin-Park genommen hatte, wirklich so gewachsen war? Lessees Karte zeigte, daß sich das Lager über den Fluß bis nach Arlington und entlang der Mall ausgebreitet hatte, so daß sie gegen die Zentren der Regierungsmacht brandete wie eine Flutwelle.
    Hatte er Colonel Malinovskys Bemerkung gestern nacht falsch interpretiert?
    Tom tippte seinen Wunsch in die Tischkonsole ein, auf ein echtes Nachrichtenprogramm umzuschalten. Nichts veränderte sich, also mußte die Mehrheit aller in der Messe anwesenden immer noch Lessee bevorzugen. Da er gelernt hatte zu nehmen, was er kriegen konnte, trank er einen Schluck kochendheißen Kaf und schaltete den Ton für seinen Tisch ein. Lessees Stimme setzte laut und heiser ein.
    »Also, das ist die ganze Geschichte, Leute. Um mich nicht zu gewählt auszudrücken, die unbewegten Massen heißer Luft auf dem Capitol haben immer noch keine Auswirkung auf die Situation. Eine kleinere, aber nichtsdestoweniger turbulente Luftmasse, die zwischen der Pennsylvania und der Executive Avenue eingeklemmt ist, hat begonnen, sich im Einklang mit den sie umgebenden Luftströmungen zu drehen. Obwohl das für euch erfahrene Wetterberichtsgucker dort draußen keine Überraschung sein dürfte. Der Wind weht aus...«
    Tom schaltete den Ton aus. Er hatte vergessen, wie nervtötend Lessees Stimme war, und er wußte genau, daß er auf die Ansichten des albernen Liberalen verzichten konnte.
    »Würde mich nicht überraschen, wenn Steele sich diesen verdammten Marschierern anschlösse. Der Kerl ist ein Weichling.«
    Tom drehte sich um und sah Olivetti neben sich stehen. Die Zähne des Riggers glänzten in einem breiten Lächeln. Olivetti grüßte mit der rechten Hand, der fleischlichen.
    »Was dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?«
    Tom hatte etwas dagegen. Olivetti gehörte nicht zu der Sorte, mit der er sich gerne abgab. Aber es gab Zeiten, in denen es ratsam war, höflich zu sein. »Dies ist ein freies Land.«
    »Nicht alles davon«, erwiderte Olivetti.
    »Wir sind nicht der Westen ohne den Westen.« Während Tom die traditionelle Antwort gab, hob er seine Tasse, und Olivetti tat es ihm nach, um mit ihm

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