Gerade noch ein Patt
antitechnokratischen Ansichten vollgequatscht, und in Denver war es noch schlimmer gewesen. Das meiste kam von Leuten, von denen man es auch erwartete: Ultrakonservativen, Vertriebenen, Humanis-Sympathisanten, der Hokuspokus-Fraktion, Metamenschen und so ungefähr allen anderen, die nicht verchromt waren. Wenn Anhänger der Cyberrevolution wie Olivetti diese Ansichten vertraten, mußten sie allgegenwärtig sein. Tom war, was die technokratische Doktrin anbelangte, nicht auf dem laufenden, aber er fragte sich, ob der einst rationalste Zweig der Demokratischen Partei nicht vielleicht ein wenig vom Weg abgekommen war, nachdem er sich selbständig gemacht hatte.
Steele mochte ein Technokrat sein und vielleicht sogar so unfähig, wie Olivetti andeutete, aber er war immer noch der Präsident, und das bedeutete Tom noch etwas. Olivettis Phrasendrescherei erinnerte Tom an das Geflüster, das er in Denver gehört hatte, Gerüchte über Fraktionen, die den Präsidenten ungeeignet fanden, Fraktionen, die daran interessiert sein mochten, deswegen etwas zu unternehmen. Waren diese Gerüchte vielleicht mehr als nur heiße Luft?
»Steele ist immer noch unser Oberkommandierender«, sagte Tom, nur um zu sehen, wie Olivetti darauf reagieren würde.
»Ja? Nächstes Jahr kriegen wir einen neuen. Vielleicht sogar noch früher, wenn Steele über diese Penner vor seiner Haustür stolpert.«
Nicht über eine Verschwörung? »Sie meinen die Kompensationsarmee?«
Olivetti nickte. »Ein Haufen gefährlicher Unzufriedener. Man sollte sie wie Ungeziefer aus der Stadt jagen. Wenn sie nicht in Frieden gehen wollen, können sie, was mich betrifft, auch mit den Füßen voran rausgetragen werden. Die Welt wäre ohne diese Bettler besser dran.«
In Toms Ohren klang das nach Endlösung oder auch nach dem ›Humanis-Entwurf für ein besseres stärkeres Amerika«. »Ziemlich hart.«
»Ist 'ne harte Welt«, sagte Olivetti scharf. »Ein Mann arbeitet für seinen Lebensunterhalt. Er geht nicht betteln.« Er hieb mit seiner Chromfaust auf den Tisch. »Was es ihn auch kosten mag, oder?«
»Sie verlangen nur, was man ihnen schuldet.«
»Ja? Das behaupten die. Aber wissen Sie, was? Ich glaube, in diesem Fall gibt es noch eine tiefere Wahrheit. Eine, die sie nicht hören wollen. Sie ist ziemlich offensichtlich, aber Leute, die nur die Hand aufhalten und sagen: ›Gebt mir, gebt mir!‹, sehen nur, ›was man ihnen schuldete Ungeziefer! Wir hätten den Westen immer noch, wenn diese Schlappsäcke nicht gekniffen hätten. Worüber beklagen sie sich? Das, was ihnen einmal gehört hat, haben sie nett und friedlich aufgegeben. Aber, hey, wo sie doch alle so nette kleine Kinder sind, warum streicheln Sie ihnen dann nicht einmal übers Haar und schicken sie nach Hause? Es wäre mal ganz gut, wenn ihnen allen der Kopf etwas zurechtgerückt würde.«
Trotz Olivettis bierernstem Vortrag faßte Tom die Bemerkung als Witz auf. Er mußte, weil er andernfalls erwogen hätte, den Mann anzuspucken. Außerdem... »In nächster Zeit werde ich nicht dorthin kommen. Mein Urlaubsantrag ist gerade abgelehnt worden.«
»Unmöglich. Der Enkel des alten General Rock wird nicht nur rumsitzen und Däumchen drehen«, verkündete Olivetti. »Kann gar nicht sein. Privilegien des Dienstrangs und der ganze Drek.«
Tom wollte Olivetti sagen, er solle das Maul halten, aber er sagte nur: »Alle derartigen Privilegien sind die meines Großvaters, nicht meine.«
»Was soll's, Mann? Erinnern Sie sie einfach ein wenig daran, wer Sie sind. Mehr brauchen Sie gar nicht zu tun. Erwähnen Sie einfach den Namen, mehr ist gar nicht nötig. Sie werden sehen, dann sitzen Sie im nächsten Flugzeug.«
Tom hatte plötzlich Olivettis Drillich in seinen geballten Fäusten. »Ich brauche kein wandelndes Ersatzteillager von einem Mann, der mir sagt, wie ich mich zu verhalten habe. Ich habe mir alles selbst verdient, was ich in dieser Armee erreicht habe.«
»Hat nichts zu bedeuten, Mann.« Olivettis Stimme war um eine Oktave gestiegen. »Hat nichts zu bedeuten. Niemand hat je behauptet, Sie wären nicht cool. Cool, Mann.«
Tom konnte sich nicht erinnern, aufgesprungen zu sein, aber offensichtlich war er das. Er ließ die Uniform des Riggers los und trat einen Schritt zurück. Verlegen zog er seinen Stuhl heran und setzte sich wieder. Er griff nach seinem Soykaf, aber der Becher war nicht mehr da. Olivettis Becher stand noch auf dem Tisch, aber in einer sich rasch ausbreitenden schwarzen Lache.
»Das
Weitere Kostenlose Bücher