Gerade noch ein Patt
hatte den Yellowjacket auf dem Radar entdeckt, kurz nachdem sie Davis' Laden verlassen hatten. Konnte doch etwas an Markowitz' Paranoia dran sein?
»Da ist noch eine andere Sache, die mir zu denken gibt«, sagte Markowitz. »Mittlerweile hätten die Cops längst auf unser kleines Gefecht reagieren müssen. Wir sind hier nicht gerade in den Barrens.«
Er hatte recht. Sie waren nah genug an der Absturzstelle, daß sie die Sirenen hätten hören müssen. Warum hörten sie keine? Andy erinnerte sich an den Kordon um das Lager der Kompensationsarmee auf der Promenade und an denjenigen, den er auf seinem Weg zu dem Schieber in der Nähe der Brücken beim Pentagon gesehen hatte. Man brauchte einen Haufen Leute, um diese Barrikaden zu besetzen. Wenn der größte Teil der Polizei dort im Einsatz war, bedeutete das, daß sie anderswo knapp an Leuten waren. »Vielleicht sind sie beschäftigt.«
»Genau meine Meinung. Wir brauchen Informationen.« Markowitz rief dem Ladenbesitzer zu: »Hey, Johnny, schalt die Kiste ein und hol uns die Nachrichten rein.«
Der Videoschirm des Ladens erhellte sich und zeigte ein verrücktes Gewirr von Bildern, bis sich das Gesicht von Shimmer Grace stabilisierte, der Top-Nachrichten-moderatorin von WFDC. Das grelle »Live«-Logo des Senders tanzte in einer Ecke des Bildschirms, was bedeutete, das Shimmer Überstunden machte. Offensichtlich ging tatsächlich irgend etwas vor.
Live-Übertragungen von Kameras in mehreren Distrikten des DC-Sprawls zeigten Bilder urbaner Gewalt oder Polizeistreifen in leeren, verwüsteten Straßen. Die meisten Bilder aus den Barrens wurden von Feuern erhellt. Shimmer kommentierte die Bilder aufgeregt, wobei sie immer wieder auf »die furchtbaren Gewalttaten« und die Bemühungen der »schwergeprüften Bundespolizei«, die Dinge in den Griff zu bekommen, zu sprechen kam. In regelmäßigen Abständen wurde eine »bedrohliche Piratensendung« wiederholt, in der von Aktionen die Rede war, die von der Kompensationsarmee unternommen würden.
»Hey, Johnny, wann hat das angefangen?« fragte Markowitz.
»Gestern. Die Bundespolizei hat ungefähr um neun Uhr abends für die südlichen und mittleren Sub-distrikte eine Empfehlung für eine Sperrstunde ausgesprochen. Dadurch war's 'ne ziemlich tote Nacht. Genauso schlimm wie heute.«
Eine Empfehlung für eine Sperrstunde war keine bindende Vorschrift, sondern mehr eine Warnimg an die guten Bürger, auf sich aufzupassen und sich aus allem Ärger herauszuhalten, indem sie zu Hause blieben. Das erklärte auch, warum sie so wenige Leute auf der Straße gesehen hatten und warum der Laden so leer war. Wie Markowitz schon gesagt hatte, sie waren hier nicht gerade in den Barrens. In diesem Distrikt gab es einen Haufen guter Bürger.
Ganz anders als im Arlingtoner Distrikt. Vor gar nicht allzu langer Zeit war es dort anders gewesen, aber seit dem Blutbad vor drei Jahren fielen die Grundstückspreise in direkter Proportion zum Anstieg der Kriminalität.
»Sieht aus, als könnten wir ein paar Schwierigkeiten haben, nach Hause zu kommen«, sagte Markowitz.
»Einen Haufen Schwierigkeiten.« Es war Kit. Unter ihrem Poncho in stadtgrauer Tarnfarbe blitzten nackte Beine und Füße auf, als sie an ihren Tisch kam. Die Ladentür war noch nicht wieder ganz geschlossen. »Dort sind wir nicht mehr sicher. Wir sind kompromittiert worden.«
»Hattest du Probleme? Haben sie dich gesehen?« fragte Markowitz beunruhigt.
»Keine Probleme. Und sie haben mich zwar gesehen, aber es war ihnen nicht bewußt.« Sie machte einen zufriedenen Eindruck.
»Gut«, sagte Markowitz. Andy hatte das Gefühl, vor einem Rätsel zu stehen, doch Markowitz stellte bereits die nächste Frage, bevor er darüber nachdenken konnte. »Was hast du gesehen?«
Kit erzählte ihnen, daß drei bewaffnete Männer in Markowitz' Büro-Apartment eingebrochen waren. Sie hatten es durchsucht und waren offenbar enttäuscht gewesen, niemanden anzutreffen. Zwar hatte einer die Bude nicht antasten und sie als Falle benutzen wollen, aber ein anderer hatte darauf bestanden, zu nehmen, was sie kriegen konnten, und zwar mit dem Argument, daß sich Markowitz und Anhang aus dem Staub gemacht hätten und nicht mehr zurückkommen würden. Der dritte hatte dem zweiten recht gegeben. Sie hatten das Telekom, die Computer, die Kontrollbox für das Sicherheitssystem und alle Waffen an sich genommen und waren dann wieder gegangen. Kit hatte beschlossen, lieber Markowitz zu warnen, als die Diebe zu
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