Gerade noch ein Patt

Titel: Gerade noch ein Patt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert N. Charrette

Vom Netzwerk:

Welt abgeschnitten. Nichts kommt aus der Stadt heraus, aber einiges geht hinein: Lebensmittel und Medikamente, die aus der Luft abgeworfen werden, aber auch ganze Staffeln von Kampfhubschraubern. Die offizielle Stellungnahme ist die, daß es sich um Maßnahmen zur Eindämmung der VITAS-Seuche handelte. Aber stimmt das auch?
    Einige der Truppen, die die Stadt absperren, tragen keine Bioanzüge. Zwar haben wir von den medienwirksam in Szene gesetzten medizinischen Notfallteams einen Lagebericht erhalten, aber wir haben immer noch kein einziges Feldlazarett zu Gesicht bekommen. Tatsächlich ist uns niemand begegnet, der mehr als eine Sommererkältung hat. Die Isolierung von Chicago hat nur wenig mit einer medizinischen Quarantäne gemein. ›Es geht voran‹, behauptet die PR-Flak des Militärs. Aber diese Reporterin muß die Frage stellen: welche Art Seuche läßt sich mit Kampfhubschraubern eindämmen?« ‹ ‹ ‹ ‹ ‹

16
    Plan Baker war ein Verteidigungsplan für den Fall eines Aufstands, der es erforderlich machte, daß Armee-Ein-heiten den Schutz gewisser Schlüsselstellen übernahmen, was sie binnen einer Stunde nach dem Anlaufen der Aktion auch getan hatten. Auf dem Weg zu ihren Stellungen waren die Truppen an einigen Stellen auf den Widerstand der Kompensationsarmee gestoßen. Die Abteilung, die zum Weißen Haus unterwegs war, hatte die Hauptlast des Zorns der Marschierer zu spüren bekommen. Doch Beleidigungen, Buh-Rufe und vereinzelte Würfe von Steinen oder Abfällen reichten nicht, um die UCAS-Armee aufzuhalten. Alle Abteilungen nahmen ihre Stellung ein und meldeten vor Einbruch der Dunkelheit die Sicherung der ihnen zugewiesenen Zonen. Alles war sehr glatt gelaufen.
    Die heiße Sommernacht hatte friedlich begonnen. Dann war die Piratensendung gekommen, in der die Gewi-Frau für die Kompensationsarmee gesprochen hatte. Armee? Kein Angehöriger des Militärs nannte sie so. Sie waren als »Marschierer« oder »Demonstranten« bezeichnet worden. Seit letzter Nacht lautete die bevorzugte Bezeichnimg »Aufrührer«. Das erste Feuer war Minuten nach der Piratensendung um etwa 2200 Uhr gemeldet worden. Ein Stabssergeant, der sich auf dem Bildschirm in der Messe die Nachrichten angesehen hatte, wußte zu berichten, wie sehr ihn die Bilder an die Nacht des Zorns erinnerten. Viele derjenigen, die sie ebenfalls gesehen hatten, stimmten ihm zu.
    Diese Beschreibung hatte Tom Angst eingejagt. Die Tumulte waren nicht so schlimm. Sie konnten es gar nicht sein - die Nacht des Zorns hatte die Welt erschüttert, und diese Gewalttätigkeiten beschränkten sich auf die Stadt. Aber das machte kaum einen Unterschied für jemanden, der dem Tod ins Auge sah, wenn sich der Pöbel auf ihn stürzte. Es gelang ihm, seinen Großvater telefonisch zu erreichen, wobei er sich der Connections bediente, von denen er geschworen hatte, sie nie zu benutzen, und seinen Großeltern und Genifer nahezulegen zu glauben, was sie in den Medien sahen und hörten, und im Haus zu bleiben.
    General Trahn hatte das Kommando über die Südöstliche Militärregion, die von Pennsylvania und New Jersey bis nach Virginia reichte, aber wegen der Krise in Chicago waren kaum Streitkräfte verfügbar. Trahn hatte praktisch alle seine Truppen im Bundesdistrikt zusammengezogen, aber dennoch waren die Einheiten dünn gestreut, zu dünn, um einem echten Ansturm standzuhalten. Wenigstens ging man allgemein nicht davon aus, daß sie das erwartete.
    So dünn die Linien der konventionellen Truppen auch waren, die unkonventionellen Einheiten wie die Einsatztruppe Rocquette, Toms Provisorisches SR-Bat-taillon, waren über jedes vernünftige Maß hinaus gestreckt. Unter Berücksichtigung ihres defensiven Auftrags und der Unzuveriässigkeit der Transportwege zwischen den zu verteidigenden Stellungen hatte Tom seine Ressourcen so gleichmäßig wie möglich verteilt, aber die Aufsplitterung seiner Kräfte bereitete ihm Sorgen. Jede Stellung war so wichtig, daß sie den Einsatz der besonderen Möglichkeiten rechtfertigte, die der Abteilung Sonderressourcen zur Verfügimg standen, aber nachdem er für jede zu verteidigende Stellung Unterstützung abgestellt hatte, blieben ihm nur noch zwei Einsatzteams in Reserve, und einem der beiden fehlte ein Magier.
    Nach einer Nacht voller Sorge waren Toms Augen blutunterlaufen, als er zum Morgenrapport eintraf. Der Morgenbericht, den er über sein Bataillon abgab, gefiel ihm nicht, und das, was er beim Rapport hörte, gefiel ihm noch