Gerade noch ein Patt

Verdacht hatte, daß die Ausrufung des Kriegsrechts nur eine Frage der Zeit war. Der Präsident schob es nur lange genug auf, um sich abzusichern.
    Trahn wandte sich an seinen J3. »Golonel Lessem, ist Plan Charley auf dem neuesten Stand?«
    »Brandaktuell, Sir.«
    »Dann geben Sie ihn aus. Etwaige Fragen können in zehn Minuten on-line gestellt werden. Ich erwarte, daß wir in dreißig Minuten ausrücken.«
    Und sie rückten aus. Einsatzgruppe Lessem verließ Fort Belvoir und näherte sich dem Regierungsbezirk von Süden, während Einsatzgruppe Kemper aus Fort Meade von Norden kam. Tom ließ alle Aufklärungsdrohnen aufsteigen, hielt nach Problemzonen Ausschau und überwachte das Vorankommen der Einsatzgruppen. Er konzentrierte sich auf Einsatzgruppe Lessem, da sie den Aufrührern näher war. Obwohl Captain Black, der die Panzereinheiten der Einsatzgruppe befehligte, seine Panzer zurückhielt und die Marschwege von der Infanterie sichern ließ, kam die Einsatzgruppe gut voran. Binnen drei Stunden hatten sie Alexandria im Distrikt Arlington durchgekämmt und in einem zehnminütigen Gefecht am alten Güterbahnhof kurzen Prozeß mit den rudimentären Panzertruppen der Aufrührer gemacht. Blacks Vorsicht erwies sich als berechtigt, als die Truppen die Werkstatt durchsuchten und einen Vorrat an Panzerabwehrraketen entdeckten, die aus Schulterwerfern abgeschossen werden konnten.
    »Konföderiertes Material«, stellte Tom fest.
    »Könnte Schmuggelware sein«, erinnerte ihn Jordan. Als Tom skeptisch dreinschaute, fügte er hinzu: »Aber ich bezweifle es. Wir können nur hoffen, daß Johnny Reb sich damit begnügt, Waffen zu liefern, und keine Männer schickt, weil wir jetzt, wo Trahn sich auf die Sicherung Washingtons konzentriert, nach Süden hin praktisch völlig offen sind.«
    Das Eingeständnis des Nachrichtenoffiziers beunruhigte Tom. Er wußte aus dem Rapport, daß es südlich der Grenze in Virginia Aktivitäten gab. Diese Aktivitäten zu ignorieren war nicht angeraten, aber begrenzte Mittel bedeuteten begrenzte Möglichkeiten. Glücklicherweise nahm das Unternehmen bisher einen so guten Verlauf, daß die Grenze wohl nicht sehr lange unbewacht bleiben würde.
    Bedauerlicherweise stieß Einsatzgruppe Lessem unmittelbar nach der erfolgreichen Aktion gegen den Güterbahnhof auf Schwierigkeiten. Die Einheit hatte sich mit Erfolg den Jefferson Davis Highway entlang und durch die Barackenstadt gearbeitet, die beim Gravelly Point begann und dem Südufer des Potomacs folgte. Die behelmten und gepanzerten Soldaten zogen wie eine Heuschreckenplage weiter und hinterließen überall leergefegte Straßen. Es war keine sehr passende Metapher, wenn man das plötzliche Auftauchen insektoi-der magischer Wesen in Chicago bedachte, aber Tom konnte es nicht ändern, daß er die Soldaten so sah. Vielleicht war es die Situation in Chicago, die ihn zu dieser Sichtweise verführte.
    Aber die Insekten in Chicago gewährten den unglücklichen Leuten, die ihnen dort in die Quere kamen, keinen Pardon. Hier wurden humanitäre Gesichtspunkte berücksichtigt. Die Panzer und Kampffahrzeuge waren mit Lautsprechern bestückt, welche die Marschierer unablässig aufforderten, sich friedlich zu zerstreuen und sich an die Gesetze zu halten, und gleichzeitig versprachen, daß es keine Vergeltungsmaßnahmen gegen Aufrührer geben würde, die sich freiwillig in Militärgewahrsam begaben. Der größte Teil der Bevölkerung der Barackenstadt kam heraus und beobachtete das Spektakel, aber die Aufrührer, die die Brücken hielten, blieben standhaft hinter ihren Barrikaden. Sie waren gut bewaffnet und wurden von einem Zauberkundigen unterstützt, und Blacks Panzer waren ob der Notwendigkeit, ernsthafte Schäden an den Brücken zu vermeiden, praktisch lahmgelegt.
    Der erste Panzer fuhr auf die George Mason Bridge zu, um die Barrikaden der Aufrührer zu überrollen, und blieb dann einfach auf der Zufahrtsrampe stehen, als sich eine Wolke aus Dunkelheit ausbreitete und ihn bedeckte. Die Wirkung des Zaubers erlosch fast augenblicklich, aber wie Truppen, die mit imbekannter Magie konfrontiert wurden, es zu tun pflegten, verhielt sich Blacks Kommando passiv. Als der Panzer wieder sichtbar wurde, hatte er gewendet und fuhr rückwärts auf die Barrikaden zu. In der Annahme, daß das Fahrzeug unter feindlicher Kontrolle stand, eröffneten Blacks andere Panzer das Feuer und zerstörten es.
    »Wir müssen diese Brücken räumen«, sagte Trahn mit einem eindringlichen, auf