Geräusch einer Schnecke beim Essen
ab,
welche an homöopathische Kügelchen erinnern…
Unter dem Mikroskop betrachtet, biethen die
durchscheinenden Eihüllen einen wunderschönen Anblick,
denn sie sind mit glitzernden Kalkkristallen besetzt,
so daß das Junge in ihrem Innern eine mit Diamanten
besetzte Robe zu tragen scheint.
Ernest Ingersoll, In a Snailery , 1881
An jenem Abend erwartete ich eine Freundin, die von weit her kam, um mich zu besuchen, doch ich konnte an nichts anderes denken als an die verschwundene Schnecke. Also schaute meine Freundin gleich nach ihrer Ankunft ins Terrarium. Sie hob ein Stückchen Moos hoch, und darunter, in einem selbst gegrabenen Loch, saß die Schnecke mit einem weiteren, viel größeren Gelege.
Ich hatte das Terrarium ein wenig austrocknen lassen, so dass die Bedingungen fürs Eierlegen jetzt günstiger waren. Die Schnecke hatte unter dem Moos eine Höhle gegraben und dort, wo sie gut getarnt waren und gleichmäßig feucht blieben, ihre Eier abgelegt. Das Terrarium war der Traum jeder werdenden Schneckenmutter, ein geschützter Ort, um Nachkommen in die Welt zu setzen.
Meine Schnecke hatte die veränderten Feuchtigkeitsverhältnisse wahrgenommen und angemessen darauf reagiert, und das tat sie auch weiterhin – die auf der Erde abgelegten Eier besuchte sie regelmäßig, die vergrabenen hingegen nur wenige Male. Aber warum sollte ein Gastropode nicht genauso kompetent wie ein Homo sapiens für seine Nachkommenschaft sorgen können?
Ich erfuhr später, dass ich möglicherweise der erste Mensch bin, der eine Schnecke bei der Pflege ihrer Eier beobachtet und seine Eindrücke schriftlich festgehalten hat. Malakologen wären vermutlich davon ausgegangen, dass eine Schnecke, die ihre Eier besucht, diese eher fressen als pflegen würde. Da das erste Gelege so klein war und nicht unter, sondern auf der Erde lag, konnte ich sehen, dass nach keinem der Besuche Eier fehlten. In der freien Natur hätte eine Schnecke bei solchen Besuchen eine Spur hinterlassen, die Räuber zu den Eiern hätte führen können, doch meine Schnecke hatte so etwas nicht zu befürchten. Und da sie von ihrer Kolonie getrennt war, kam dem Erhalt ihres Erbguts entscheidende Bedeutung zu, was sie vielleicht zu einer besonders sorgsamen Pflege der Eier veranlasst hatte.
Während Schneckeneier durch zu große Feuchtigkeit gefährdet werden, vertragen sie ein erstaunliches Maß an Trockenheit. «Die Lebensfähigkeit von Schneckeneiern ist nachgerade unglaublich», schreibt Ernest Ingersoll.
Sie wurden so gründlich getrocknet, dass man sie zwischen den Fingern hätte zerkrümeln können, und im Ofen gedörrt, bis sie zu kaum mehr wahrnehmbarer Winzigkeit zusammengeschrumpft waren, doch sobald sie der Feuchtigkeit ausgesetzt wurden, erlangten sie wieder ihr ursprüngliches Volumen, und die Jungen gediehen genauso gut wie sonst.
Durch ihr ausgiebiges Eierlegen verlor meine Schnecke sichtlich an Gewicht – ihr Körper wurde im Verhältnis zum Gehäuse deutlich kleiner. Etwa eine Woche lang schlief sie mehr als sonst, und dann begann sie, mit wahrem Heißhunger Champignons zu fressen.
Ich erlebte nicht mit, wie die Jungen aus dem ersten Gelege schlüpften. Es geschah vermutlich nachts, und ich hätte nicht nur eine Taschenlampe, sondern auch eine Lupe gebraucht, um es zu sehen. Eines Morgens bemerkte ich, dass einige der Eier verschwunden waren, und als ich genauer hinschaute, sah ich ein paar winzige Schnecken herumkriechen; hätten sie sich nicht bewegt, hätte ich sie gar nicht entdeckt. «Die Jungen erscheinen in einer hübschen, blasenartigen Schale», schreibt der Autor von Schnecken und ihre Gehäuse . Ihre Schalen sind durchscheinend und «so zart», wie William Kirby notiert, dass ein «kräftiger Sonnenstrahl ihnen den Garaus macht».
Die Jungen hielten sich gern auf der Unterseite der Muschel auf, wahrscheinlich weil es dort feucht und dunkel war und sie ihren Kalziumbedarf decken konnten. Manchmal schliefen sie unter einer Scheibe Champignon und kamen erst wieder in Sicht, wenn sie abends zum Frühstücken auf die Pilzscheibe kletterten, von dessen weißem Fruchtfleisch sie sich abhoben. Die Anzahl der Jungen erhöhte sich im Lauf der Woche, und mir wurde klar, dass es weitere Gelege geben musste. Vielleicht hatte die Schnecke sie in der ersten Legehöhle abgelegt, denn dorthin kehrte sie mehrmals zurück, wobei ich nicht richtig sehen konnte, was sie da tat. Aber vielleicht gab es auch noch andere Legehöhlen.
Mit
Weitere Kostenlose Bücher