Geraeuschkiller - Mutige Liebe
von einem feinen gläsernen Klingen.
Clara wusste nicht
mehr, wo sie war.
Neben ihr
hetzten zwei Fußpaare steinerne Treppen hinauf. Das gläserne Klingen hastete
mit. Knarrend öffnete sich ein mächtiges Portal. In diesem Moment jaulte das
Motorrad heran. Die Bremsen kreischten. Humpelnde Schritte hackten in
Windeseile die steinernen Treppen hinter ihnen hoch. Das abscheuliche Lachen
bellte so nah hinter Clara, dass sich ihr Magen zusammenzog. Sie zitterte wie
Espenlaub. Da fiel mit einem mächtigen Poltern das Portal hinter ihnen ins
Schloss.
Dann plötzlich
Stille.
Clara
erwachte wie aus einem Fiebertraum. Was war los?
Dragu hatte das
Smaragg von sich weg geschoben. Seine Schläfen glänzten vor Schweiß. »Was … was passiert
da?« sagte er.
Clara
schaute zum Fenster. Am Himmel türmten sich riesige weiße Wolkenburgen, der
Wind trieb sie schnell vor sich her. Sie versuchte sich zu fassen.
»Ich … ich
glaube«, sagte sie und zögerte. »Der … Junge ..., du bist der Junge, nicht
wahr?«
Dragu fuhr
sich mit der Hand über die Augen und nickte.
»Und hinter
mir auf dem Pferd saß – ach, was red ich denn da, ich war ja gar nicht dabei,
oder doch?« Sie stockte. »Du und Ramida, ihr seid mit Waowur auf der Flucht. Es
kann nur Ramida sein, die hinter mir auf dem Pferd saß. Das gläserne Klingen –
das kam von ihrer Glosumia.«
Dragu
nickte geistesabwesend und fixierte das Smaragg, als hinge sein Leben davon ab.
Was hatte es zu tun mit ihm, mit seiner Vergangenheit? War darin sein
Gedächtnis, sein Leben gespeichert?
»Und dann,
was geschah weiter?«, fragte er leise.
»Irgendwie
hat der Junge Zugang zu einem Palast, denn das Portal klang so riesig, dass es
nur zu so etwas wie einem Palast gehören kann. Gott sei Dank schlug es gerade
rechtzeitig hinter uns zu. Der widerliche Kerl hätte uns ... ich meine, er
hätte euch sonst erwischt!«
Sie
überlegte. »Mit seinen Füssen stimmt etwas nicht … er hackt … so sonderbar beim
Gehen. Als würde er ein Bein nachziehen.«
Vor dem
Fenster rüttelte der Wind lautlos in den Baumkronen.
Dragu biss
die Zähne so fest aufeinander, dass sie knirschten und ballte die Hände zu
Fäusten. »Machen wir weiter!« Und so sanft, als wollte er eine Seifenblase
anfassen, nahm er den Smaragdtropfen zwischen Mittelfinger und Daumen.
Clara hörte
neben sich Schritte auf Marmorboden hallen, begleitet vom Klirren der
Stiefelsporen und einem feinen gläsernen Klingen. Da näherte sich ein Rattern,
das schnell lauter wurde. Ein metallisches Klicken und Klacken in rasend
schnellem Takt. Es breitete sich in der Bibliothek aus, vom Boden bis zur
Decke. Überall war es. Unentwegt – eins … zwei … fünf … zehn, immer und immer
wieder. Eins … zwei … fünf …
»Vater!«,
hörte Clara jetzt nah an ihrem Ohr den Jungen in den Lärm hinein rufen.
»Vater!«
Dragu nahm
die Hand vom Smaragg. Auf der Stelle verstummten die Geräusche. Er schaute
Clara düster an.
Diesmal kam
ihre Antwort schnell: »Der Palast, in den du mit Ramida geflüchtet bist, das
ist eher eine Fabri… nein, warte, das muss ich erst noch überlegen … jedenfalls
arbeiten dort in einer riesigen Halle viele Maschinen.«
Sie sah
Dragu fest an. »Du bist mit Ramida dorthin geflüchtet, weil du hoffst, dass
dein Vater euch beschützen wird vor dem Kerl, der euch verfolgt.«
»Was machen
d… d… die Maschinen?«, fragte Dragu.
Clara
horchte auf. Hatte er gerade gestottert? »Ich habe ein rasend schnelles
Klingen von Metall gehört«, sagte sie. »Es … könnten Münzen gewesen sein.
Geldmünzen ... ?«
»Ja, ja, es
sind Geldmünzen! Du hast Recht! Was machen die Maschinen?«
»Es hat
sich angehört wie … wie Zählen! Sie … sie … zählen Münzen. Es sind
Geldzählmaschinen.«
»Ja«, sagte
er. »Jetzt erinnere ich mich wieder! Es sind die Geldzählmaschinen der
Staatlichen Münzpräge. Dass ich das alles vergaß! Und weiter? Was passiert
weiter?«, drängte er.
Wieder
berührte er das pulsierende Smaragg, und leuchtendrote Kreise wirbelten durch
das glasklare Grün.
Die
Maschinen klackerten. Die Geldmünzen klimperten. Eine Tür ging auf und schloss
sich wieder. Die Maschinen klangen nun gedämpft, wie aus dem Nebenraum. Als
stehe sie vor einem Schreibtisch, so hörte Clara Finger über eine Computertastatur
hämmern. Offenbar befanden sie sich in einem Büro.
»Papa!«,
rief der Junge direkt neben Clara.
Das Tippen
stoppte nicht einen Moment. Von dort, wo der
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