Geraeuschkiller - Mutige Liebe
Computer zu hören war, schnauzte
ein Mann herüber:
»Was willst
du hier! Du hast hier nichts verloren!«
»Papa –
hilf mir! Bitte!«, flehte der Junge.
Der Mann
tippte weiter. »Du störst! Mach, dass du weg kommst!«
Eine Weile
waren nur die Tasten und das gedämpfte Klicken und Klacken der Münzen zu hören.
»Vater …
ich b-brauche dich!«, sagte der Jungen leise.
»Verschwinde!«,
herrschte der Mann ihn an. »Du hältst mich auf! Scher dich nach Hause!«
»V-vater,
ich … ich … hast du mich kein bisschen lieb?«, flüsterte es ganz nah an Claras
Ohr.
Nur das
Tippen war zu hören und das gedämpfte Klicken und Klacken der Münzen. Dann
Schritte, begleitet von einem leisen metallischen Klirren und einem feinen
gläsernen Klingen.
Eine Tür
ging auf und schloss sich hinter Clara. Das Tippen verklang, das Klackern der
Maschinen schwoll an und verlor sich dann in der Ferne. Schritte wie auf Marmor
eilten durch die Smaragg-Bibliothek .
»Komm«,
sagte der Junge direkt neben Clara. »Wir müssen weiter. Gib mir deine Hand.«
Ein
mächtiges Portal öffnete sich und fiel schwer hinter ihnen ins Schloss. Das
Unwetter war noch nicht vorüber. Ganz nah schnaubte ein Pferd im Regen.
Plötzlich
raste das Motorrad heran, eine Armeslänge neben Clara kreischten die Bremsen.
Ein Mädchen schrie auf, schrie um Hilfe. Eine Handbreit von Clara entfernt.
Etwas Gläsernes fiel klirrend vor Claras Füße und zersplitterte. Clara sah
betroffen auf den Boden, aber sie sah keine Scherben.
Aus dem
Smaragg gellte Gelächter, gellte schrill durch die Bibliothek. Clara stockte
der Atem. Das Motorrad jaulte auf und fuhr mit Vollgas auf sie zu. Sie sprang beiseite,
es zog haarscharf an ihr vorbei, dann verlor sich das Motorengeheul in der
Ferne.
Am liebsten
hätte sie geschrien vor Wut.
Jetzt
begann es im Smaragdtropfen zu dröhnen. Als steckte eine wütende Feuersbrunst
in ihm. Er muss siedend heiß sein, dachte Clara. Aber Dragu zog seine Hand
nicht weg. Wie hypnotisiert saß er da, und hielt das Smaragg umklammert, das
zart pulsierte.
Binnen
Sekunden schwoll das Dröhnen zu einem ohrenbetäubenden Tosen, Knistern und
Knacken an, als befänden sie sich mitten in einem Flammenmeer, das antobte
gegen die wuchtigen Mauern. Auf einmal war ihr, als hörte sie in den Flammen
einen Schrei, den Schrei eines Menschen. Nur für einen Augenblick. Oder war es
nur der gespenstische Feuersturm, der sich stöhnend selbst verschlang?
Clara
wirbelte voller Panik herum. Gleich geht hier alles in Flammen auf! »Wir müssen
raus hier! Dragu, schnell! Es brennt!«
Dragu zog
erschrocken seine Hand zurück. Der Feuersturm verstummte auf der Stelle.
Clara
sank erschöpft auf den Stuhl. Klebriger Schweiß bedeckte ihren Rücken und ihre
Hände, auch auf Dragus Hemd zeichneten sich unter den Achseln und auf der Brust
große dunkle Schweißflecken ab.
»Was zum
Teufel bedeutet das?«, fragte er.
Keiner von
beiden traute sich weiter zu machen. Dragu steckte sich die kalte Pfeife
zwischen die Lippen und kaute nervös auf dem Mundstück herum.
Die Zeit
schien still zu stehen.
»Was hast
du für einen Vater!«, sagte Clara schließlich. »Du ... du hättest einen Vater
gebraucht, der dich anhört, ... der für dich da ist in deiner Not, du hättest
einen Vater gebraucht, der so etwas nie und nimmer zulassen würde! Aber er lässt
dich ... im Stich!«
Dragu
starrte unentwegt auf das Smaragg. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm und
sagte: »Ich glaube, er denkt nur an seine Arbeit. Sonst hätte er es nicht bis
zum Direktor der Staatlichen Münzpräge gebracht.«
»Ja, die
Arbeit war das Wichtigste für ihn«, sagte Dragu. »Etwas Anderes gab es nicht
für ihn. Zeit für mich … das kannte er nicht. Immer war er in Eile, immer
irgendwo auf dem Weg zum Büro, zum Flughafen, zum Meeting hier, zur Konferenz
dort. Zwischen Tür und Angel ein kurzer Satz zu mir, ein flüchtiger Blick – das
war’s. Wie es mir ging, das hat ihn nie interessiert.« Er presste seine Finger
zusammen, dass sie knackten.
»Merkwürdig,
ich erinnere mich plötzlich an fast jedes Wort … Die ganze Welt wollte er mit
seinen Geldzählmaschinen erobern. ›Die ganze Welt‹, hat er immer gesagt.«
Er sah zum
Fenster. Die Büsche schwankten lautlos im Wind.
»Er wusste
überhaupt nicht, wer ich bin.« Dragu lachte bitter auf. »Weißt du, was er mir
immer zu meinen Geburtstagen geschenkt hat? Einen Taschenrechner. Jedes Jahr.
Immer die gleiche Marke. Natürlich
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