Geraeuschkiller - Mutige Liebe
immer das neueste Modell, und es musste
immer das Teuerste sein. Er hat sich nicht einmal daran erinnert, dass er mir
schon fünf davon geschenkt hatte.
Und
Schokolade hat er mir geschenkt. Zum Geburtstag, zu Weihnachten, zu Ostern –
immer Schokolade. Dabei kriege ich auf Schokolade immer Pickel.
Schokoladenallergie. Das habe ich ihm auch gesagt. Trotzdem gab es immer Berge
von Schokolade zum Geburtstag, zu Weihnachten …«
Er schwieg
lange. »Ich habe mir immer so sehr eine Gitarre gewünscht«, sagte er dann
leise.
Draußen
dämmerte es. Eine weiße Feder taumelte vor dem Fenster im Wind.
Sie
zögerte, bevor sie weiterredete. Wenn sie das, was sie gehört hatte, falsch
auslegte – was dann? Aber es konnte nur so abgelaufen sein. »Der Kerl mit dem
Motorrad hat Ramida entführt!«
Dragus Hand
ruhte neben dem grünen Smaragg. Kaum merklich ging ein Zittern durch seine
Finger.
»Und
dann?«, fragte er. »Was dann?«
»Die
Glosumia fällt auf den Boden und zerbricht!«
»Ja«, sagte
er tonlos. »Sie zersprang.«
Er sah
Clara an, als würde er sie zum ersten Mal sehen und hob hilflos die Schultern.
»Ich konnte es nicht fassen, sie war doch unzerbrechlich, das hatte Ramida
immer gesagt. Aber damals zerbrach sie! In drei große Stücke zersplitterte sie.
Mit Waowur versuchte ich Ramida einzuholen, aber er war auf seinem Motorrad
schneller als ich. Die Polizei hat lange nach ihnen gesucht – und dann die Akte
geschlossen. Viel zu schnell geschlossen. Sie erklärten Ramida für tot. Aber
ich fühlte, dass sie am Leben war, und ich schwor, sie zu suchen, und wenn ich
den ganzen Erdball absuchen müsste!«
Er vergrub
den Kopf in seine Hände. »Und … das Dröhnen, Clara?«
Er hatte
Angst vor dieser Frage, denn er hatte keine blasse Ahnung, was es sein konnte.
»Ich weiß
es nicht!«, hauchte sie und ihre Knie gaben nach.
»Clara, du
hast alles erraten, du hast mir mein Gedächtnis zurückgegeben!«
Sie war zu
erschöpft, um noch einen klaren Gedanken zu denken. Wenn sie so weitermachte,
konnte sie Pedro niemals befreien, niemals würde sie ihn wieder sehen. Sie
verkrallte ihre Hände ineinander, dass die Knöchel knackten.
Dragu
sagte: »Ich gebe dir alle Zeit, die du brauchst!«
Er wollte
verbergen, wie groß seine Angst um sie war, aber sein Tonfall verriet ihn. »Es
darf nicht sein, dass Goldmund dich …!«
Sie stöhnte auf. »Ich
weiß nicht, was es ist. Es ist ein wütendes Feuer, das alles verschlingen will.
Mehr weiß ich nicht.«
Das Mikrofon
Miguel lag
zusammengekrümmt auf dem Boden, die Arme immer noch wie zum Schutz über Kopf
und Hals gelegt.
Anna
bettete ihn auf eine Decke. »Ich werde Sie medizinisch versorgen«, sagte sie.
Die Ärztin in ihr siegte erst einmal über ihre Angst um Clara. Sie tastete
seine Rippen ab. »Tut es hier weh? Und hier?«
Miguel
jammerte.
»Sie haben
ein paar kleinere Prellungen, aber die Rippen sind ganz.«
»Ich kenne
den Mann«, flüsterte Miguel. »Ich kenne seine Stimme. Haben Sie gehört, wie er
die Konsonanten ausgesprochen hat … dieses Zischen? Haben Sie das gehört?«
»Ist ja
gut, Miguel, ist ja gut!«, sagte Anna.
»Sein Name
… warten Sie … er fällt mir ein … er …«
»Strengen
Sie sich nicht an, Sie brauchen Ruhe. Sie stehen unter Schock.«
»Ich habe
erst Ruhe … wenn mir sein Name einfällt. Das war … das war … Girach!«
Anne
horchte auf. »Der Präsident der Ostseebank?«
»Ja, genau
der.«
Sie tastete
seine Arme ab. »Sie fantasieren, Miguel. Das macht der Schock.«
»Anna, ich
kann es beschwören. Das war Girach. Moritz von Girach. Ich hatte ihn in meiner
Talkshow – aauuuhhhh! Das tut weh! ... zusammen mit seiner Frau.«
»Ist ja
gut! Ist ja gut.« Annas Hände glitten fachkundig über seinen Kopf, seinen Hals,
tasteten Unterkiefer und Kehlkopf ab. »Sie haben Glück gehabt, dass Knut so
schnell war.«
Miguel
hatte sich wieder gefangen. »Seine Stimme ist mir – auuhaaa! Muss das sein,
Frau Doktor? – in Erinnerung geblieben. War das ein Aufwand damals im Studio, bis
die Studiotechnikerin das Mikrofon so eingerichtet hatte, dass seine Zischlaute
nicht mehr zu hören waren. Der Girach war ein besonders schwieriger Fall.«
»Das heißt,
man hört gar nicht die originalen Stimmen Ihrer Gäste?«
»Ja, was
denken Sie denn! Wir können doch die Leute nicht blanko, so wie sie quasseln,
auf die Zuschauer loslassen. Das ruiniert die Quote!«
»Sie immer
mit Ihrer Quote! Da weiß man gar nicht mehr, was echt ist
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