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Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Titel: Geraeuschkiller - Mutige Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Severini
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Im Zwielicht konnte Clara Dragus Gesicht kaum noch sehen. Was ging
in ihm vor, jetzt wo sie wieder versagt hatte? Ein Zittern ging durch ihren
Körper, das nicht aufhören wollte.
    Sie wäre so
gern nach Hause gelaufen, zu ihrer Mutter, zu Jule und Pünktchen. Bestimmt
stand schon das Abendbrot auf dem Tisch. Bananenquark und eine Kanne mit frisch
gepresster Zitronenlimonade.
    Nur weg!
Weg von hier! Fliehen!
    Sicher
kam ihre Mutter um vor Sorge, sicher suchten sie überall nach ihr. Und Papa –
er wird sich ins Auto setzen und - mein Gott, wenn ihm etwas zustößt auf der
langen Fahrt von Indien nach Hause!
    Fliehen!
    Ihre Blicke
wanderten durch den Raum. Verstohlen lugte sie zum Fenster.
    Dragus
Augen schimmerten im Dämmerlicht. »Für heute ist es genug«, sagte er und
verließ das Zimmer.
    Kaum hatte
er die Türe hinter sich zugezogen machte sie vorsichtige Schritte zum Fenster.
Die Holzdielen knarrten unsäglich unter ihren Füßen. Sie hielt inne. Hatte
Dragu sie gehört?
    Behutsam
zog sie die Schuhe aus und schlich auf Zehenspitzen weiter. Der Fenstergriff
war zu hoch. Das Fensterbrett auch. Ich brauche einen Stuhl!, dachte sie. Sie
stahl sich zurück zum Tisch, kippte den Stuhl leicht nach hinten und zog ihn so
leise wie möglich zum Fenster.
    Es schien
endlos zu dauern.
    Dann
kletterte sie auf den Stuhl, bemüht, kein Geräusch zu machen. Jetzt war der
Fenstergriff in Augenhöhe. Hastig drehte sie ihn nach rechts. Er klemmte. Sie
versuchte es mit mehr Kraft. Der Stuhl unter ihr ächzte. Sie nahm ihren ganzen
Mut zusammen und zerrte an dem Fenstergriff, mochte er dabei auch noch so
aufdringlich knarren.
    Er gab
nach. Endlich!
    Sie öffnete
das Fenster. Dass es in den Angeln quietschte, war ihr jetzt egal. Sie stieg
schnell auf das Fensterbrett – und hielt inne. Noch ein Blick zurück: Irgendwo
in diesem entsetzlichen Haus war Pedro gefangen! Pedro! Mein Pedro! Nein, ich lass dich nicht im
Stich!
    In den Regalen
glänzten matt die Smaraggs. Alle Geräusche der Welt waren hier eingesperrt. Und
draußen in der Dunkelheit wartete die schreckliche Stille, die niemals enden
würde.
    Sie setzte
sich auf das Fensterbrett, drückte beide Hände gegen ihre Schläfen und wiegte
ihren Kopf hin und her. Ihr
Hirn fühlte sich an, als pieksten tausend Stecknadeln gegen ihre Schädeldecke.
    Ich muss
bleiben, dachte sie. Ich werde dich finden, Pedro, das verspreche ich dir!
    Gerade als
sie das Fenster schließen wollte, drang ein merkwürdiges Geräusch an ihr Ohr.
Sie beugte sich hinaus und lauschte. Es kam nicht von draußen. Es kam von
unten, vermutlich aus dem Keller. Wie fernes Motorendröhnen drang es herauf.
Jetzt glaubte sie einen unterdrückten Schrei zu hören.
    Schnell
schloss sie das Fenster und rutschte hinunter auf den Stuhl.
    »Es ist alles
nur ein Traum, ein böser Traum«, flüsterte sie. Müde und erschöpft wie sie war,
schlief sie augenblicklich auf dem Stuhl ein.
    Irgendwann
kitzelte ein appetitlicher Geruch sie wach. Dragu stand mit einem dampfenden
Topf in der Tür.
    Er bemerkte
Claras nackte Füße, sah den Stuhl am Fenster stehen. Doch er zog nur eine
Augenbraue hoch und stellte den Topf, aus dem es köstlich nach Minestrone
duftete, auf den Tisch. Er sagte kein Wort. Clara wich seinem Blick aus, setzte
sich flugs an den Tisch und löffelte mit Heißhunger die Suppe in sich hinein.
Die warme Brühe füllte wohlig ihren Magen und gab ihr wieder ein bisschen Mut.
    »Du wirst
hier schlafen, komm«, sagte Dragu, als sie den Topf fast leer gegessen hatte.
    Er öffnete
die Tür zu einem Nebenzimmer und knipste das Licht an. Da stand ein
altmodisches Himmelbett. Der Baldachin, die Kissen, der Bettüberwurf, alles war
aus erdbeerrotem Samt, abgewetzt, ausgebleicht und löchrig. Eine schwarze Borte
säumte den Bettüberwurf und auch den Baldachin. Vier schwarze Quasten,
durchzogen von feinen roten Fäden, schmückten den Baldachin an allen vier
Ecken.
    Damasttapeten,
die wohl auch einmal erdbeerrot gewesen waren, bedeckten die Wände. Jetzt
hatten sie große braune Wasserflecken. An manchen Stellen rollten sie sich von
der Wand ab und warfen Blasen und Wellen. Es musste jahrelang in den Raum
hereingeregnet haben.
    Von der
Stuckdecke hing ein fünfarmiger Kristalllüster. Seine Kristallperlen, die einst
geglitzert und geblitzt hatten, waren schwarz angelaufen und blind geworden.
Eine dicke Staubschicht bedeckte die Kerzenstummel, die in verrosteten Haltern
steckten. Jemand hatte mit einem Elektrokabel eine

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