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Gérards Heirat

Titel: Gérards Heirat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Theuriet
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seine Brillengläser mit ganz besonderer Sorgfalt aus.
    »Das ist noch nicht alles!« fuhr der vor Wut kochende Chevalier fort; »mein Herr Sohn hat sich von den Laheyrards, die ihn angelockt haben, bethören lassen, ist dummerweise in die Tochter, die eine leichtfertige Person ist, vernarrt ...«
    Der Abbé schnellte unbemerkbare Stäubchen auf seinem Aermel mit dem Zeigefinger fort.
    »Ja,« sagte er seufzend, »ich habe auch schon Wind von dieser ärgerlichen Sache bekommen und beabsichtige, ernstlich mit Frau Laheyrard zu reden; aber man muß behutsam und mit Umsicht handeln, damit jedes Aufsehen vermieden wird.«
    »Zum Henker mit der Umsicht!« grollte Herr von Seigneulles, »soll man noch Umstände machen, wenn es sich darum handelt, zwei Abenteurerinnen, die Verwirrung in den Familien stiften, zur Rede zu stellen? ... Wohin soll das noch führen? ... Ach, warum leben wir nicht mehr in der guten alten Zeit, in der man mit einem geheimen Verhaftsbefehl ungehorsame Söhne in einen Turm und leichtfertige Mädchen in ein Kloster stecken konnte! ... Aber ich werde mich und die Meinigen zu verteidigen wissen, und ich werde stehenden Fußes hingehen und diesen Plaudertaschen den Kopf waschen ...«
    »Himmlische Güte!« rief der Abbé, »erregen Sie doch kein Aufsehen, lieber Freund! ... Helene ist mein Patchen; lassen Sie mich die Sache zu Ende und das junge Mädchen zur Pflicht zurückführen ... Ich verspreche Ihnen, die Damen noch heute aufzusuchen, sobald ich mit meinem Brevier zu Ende bin.«
    Herr von Seigneulles senkte den Kopf. Es war ihm im Grunde genommen nicht unangenehm, daß der Geistlichediesen Schritt auf sich nahm. »Mir auch recht,« sagte er, »Sie werden ohne Zorn sprechen und das wird wohl mehr nützen. Sagen Sie diesen ... Personen deutlich, daß ich ihnen verbiete, Gérard zu empfangen, und daß sie, wenn mein Sohn doch kommen sollte, ihm die Thüre vor der Nase zuschlagen möchten ... Uebrigens will ich den Burschen selbst vornehmen und werde ihm den Mund zu stopfen wissen!«

Elftes Kapitel.
    Herr von Seigneulles verließ den Abbé ungestüm und ging nach Hause. Dort angekommen, zog er sich in sein Zimmer zurück; weniger um seinen Zorn verrauschen zu lassen, als um über die dem Schuldigen zugedachte Strafpredigt nachzudenken, trat er ans Fenster und sah hinaus. Das Fenster ging auf die Gärten, und Herr von Seigneulles bemerkte im Nachbargarten in dem Buchengang ein junges Mädchen in der vollen Blüte seiner achtzehnjährigen Schönheit. An den blonden frei herabfallenden Locken erkannte er Fräulein Laheyrard. »Dies ist also das gefährliche Geschöpf, das Gérard berückt hat,« dachte er. Helene ging in dem mit Buchs eingefaßten Wege auf und ab, bald neigte sie das Haupt, um den Duft einer Rose einzuatmen, bald bückte sie sich, um Reseda zu pflücken. Trotz seines Zornes unterlag der alte Herr dem Zauber dieser Anmut und Schönheit. Er verfolgte mit dem Blick die geschmeidigen Bewegungen des jungen Mädchens; er sah, wie sie sich umdrehte und Herrn Laheyrard entgegenlief, der, in ein Buch vertieft, den Weg herunterkam. Mit einer schelmischen Bewegung hatte sie sich des Buches bemächtigt, das die Aufmerksamkeit des alten Gelehrten fesselte, und es in ihrer Tasche verschwinden lassen. Dann gab sie ihrem Vater,die Hände auf seine Schultern gestützt, einen tüchtigen Kuß auf jede Wange, hing sich an seinen Arm und ging fröhlich an seiner Seite; bald zeigte sie ihm Blumen, die er bewundern mußte, bald zauberte sie durch ihr lebhaftes Geplauder ein friedliches Lächeln auf das ernste Gesicht des Greises. Vater und Tochter schienen sich leidenschaftlich zu lieben; schon an der Art, wie sie sich führten, konnte man eine innige, zärtliche Zuneigung herausfühlen. Diese Liebkosungen, diese schöne Vertraulichkeit entlockten Herrn von Seigneulles einen Seufzer. Er war in dieser Beziehung gar nicht verwöhnt, da er von jeher mehr Furcht als Liebe eingeflößt hatte. Er konnte nicht umhin, den Vater um die Zärtlichkeit zu beneiden, mit der ihn seine Tochter überhäufte. Ach, wenn er eine liebevolle, zärtliche Schwiegertochter nach seiner Wahl gehabt hatte, wie hätte auch er sie verwöhnen und verhätscheln wollen. Der Anblick dieser kindlichen Anhänglichkeit schlug längst verklungene Saiten in seinem Herzen an; aber der Chevalier wollte sich nicht erweichen lassen, deshalb schloß er rasch das Fenster In demselben Augenblick trat Gérard ein wenig blaß, aber in guter Haltung,

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