Geraubte Erinnerung

ihrem Körper verkrampfte. »Du steckst offensichtlich in Schwierigkeiten. Ich höre immer nur von dir, wenn du Probleme hast.«
    Sie hätte am liebsten den Hörer auf die Gabel geknallt, doch erstens lief das Gespräch über ein Headset, und zweitens brauchte sie Antworten. »Was weißt du über ein gewisses Projekt, bei dem es um künstliche Intelligenz geht?«
    »So viel zum Austausch von Höflichkeiten. Das ist eine sehr vage Frage, die du mir da stellst.«
    »Möchtest du mehr Einzelheiten? Ich leite die Sicherheitsabteilung für Project Trinity in North Carolina. Man hat mir berichtet, dass es eine geheime Einrichtung gibt, die ebenfalls an diesem Projekt forscht. Was weißt du darüber?«
    Ein Moment des Schweigens. »Möglich, dass ich etwas darüber weiß.«
    »Und du hast mir nichts davon gesagt, weil …?«
    Sie hörte sein trockenes Lachen. »Ich wusste noch gar nicht, dass wir ein Programm gestartet haben, um unsere Vater-Tochter-Beziehung zu rehabilitieren.«
    »Du hast Godin meinen Namen für diesen Job genannt.«
    »Was glaubst du denn, wie er auf dich gekommen ist? Was meine Beteiligung an Project Trinity angeht, Godin wollte nicht, dass einzelne Mitglieder mehr Informationen besaßen, als zur Erfüllung ihrer Aufgaben unbedingt erforderlich waren. Darum habe ich dir nichts gesagt. Du kannst deswegen nicht sauer auf mich sein. Du hast mir seit deiner Pubertät nichts mehr von deinem Leben erzählt. Was ich erfahren habe, weiß ich von der Polizei oder Ärzten oder aus Gerüchten.«
    Manche Schlachten enden nie, dachte Geli. »Es macht wenigSinn, die Vergangenheit aufzuwärmen. Ich weiß, was ich wissen muss.«
    »Und du begreifst unsere Situation? Was getan werden muss?«
    »Man hat mich informiert.«
    »Skow hat keinen Mumm in den Knochen, aber er ist ein talentierter Schadensbegrenzer.«
    »Ich lege jetzt auf«, sagte sie, doch sie blieb in der Leitung.
    »Nur zu«, sagte der General. »Ich habe das sichere Gefühl, als würden wir uns bald wieder sehen.«
    Sie riss sich das Headset vom Kopf und funkelte Skow wütend an.
    »Nun?«, fragte der NSA-Mann. »Sind wir im gleichen Boot oder nicht?«
    »Verschwinden Sie!«
    »Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
    »Was für eine Wahl bleibt mir? Aber es macht mich krank, dass ein Mann wie Godin in den Augen der Öffentlichkeit demontiert wird, damit Abschaum wie Sie und mein Vater ungeschoren davonkommen. Sie können Godin nicht annähernd das Wasser reichen!«
    Endlich errötete auch Skow. »Sie stimmen also zu, was Tennant und Weiss angeht? Wir bringen sie lebendig zurück und erzählen ihnen, alles wäre nur ein Missverständnis gewesen?«
    »Godin ist noch nicht tot.«
    »Zugegeben.«
    »Und wir haben nicht die leiseste Ahnung, wo sie im Augenblick stecken. Wir können nicht mit ihnen reden, es sein denn, wir gehen zum Fernsehen und erzählen der ganzen Welt, was wir machen.«
    »Auch das gebe ich zu.«
    »Ich bin immer noch nicht sicher, ob ich möchte, dass Tennant frei umherläuft und jedem erzählt, was seiner Meinung nach hier vorgegangen ist. Er kennt eine Reihe mächtiger Leute.«
    Skow nickte nachdenklich. »Ich sage Ihnen, was wir machen.Ich überlasse Tennant und Weiss Ihnen. Wenn Sie meinen, die beiden müssen sterben, dann muss es eben so sein.«
    »Verdammt richtig von Ihnen, dass Sie die beiden mir überlassen.«
    Skow erhob sich und ging zur Tür. »Noch irgendwelche Fragen?«
    »Nur eine. Warum hat Fielding das Projekt sabotiert?«
    Skow lächelte. »Dr. Fielding war der Meinung, Wissenschaftler sollten keine Dinge erschaffen, die sie nicht verstehen.«
    »Und warum hat er sich überhaupt für das Projekt verpflichten lassen?«
    »Er hat wohl nicht damit gerechnet, dass wir so schnelle Fortschritte machen. Er dachte, wir würden zuerst grundlegende Erkenntnisse über das menschliche Gehirn sammeln müssen, bevor wir Trinity funktionsfähig machen könnten.«
    »Und haben Sie diese Erkenntnisse gesammelt?«
    »Machen Sie Witze? Wenn Trinity tatsächlich zu hundert Prozent funktioniert, wird es vollkommen außerhalb unserer Kontrolle sein.«

25
    W ir suchten uns ein billiges Motel in Arlington, auf der anderen Seite des Potomac gegenüber Washington, wo der Rezeptionist nicht die Brauen hob, wenn ein Gast es vorzog, seine Rechnung bar zu zahlen. Ein Zimmer, zwei Doppelbetten, ein Badezimmer, ein Fernseher, ein Telefon. Rachel zog ihren tarnfarbenen Overall aus, kaum dass sie durch die Tür war, und marschierte ins