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Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Essens durchschlafen wollen oder ob er uns wecken soll.«
    Rachel schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das halte ich nicht durch.«
    »Doch, du hältst durch. Keine Sorge, wir schlagen uns prima.«
    »Was ist mit der Einreisekontrolle am Flughafen von Tel Aviv?«
    »Das schaffen wir auch noch.«
    »Das weißt du nicht.«
    Ich streichelte ihre Wange und sprach mit einer Überzeugung, die mich selbst überraschte. »Doch, das weiß ich. Das weiß ich sehr wohl. Irgendetwas wartet auf mich in Jerusalem.«
    »Was?«
    »Eine Antwort.«

28
    White Sands, New Mexico
    R avi Nara beschleunigte seinen Honda ATV und jagte in Richtung des Gebäudes, von dem Godins fehlinformiertes technisches Personal glaubte, dass es sich um ein Hospital handelte. Die Luft von New Mexico dörrte seine Kehle aus, und die sengende Sonne brannte mit solcher Wucht auf ihn herab, dass er in Innenräumen blieb, so oft es nur ging. Ein Techniker in einem weißen Kittel überquerte vor ihm die Fahrbahn und hob grüßend die Hand. Ravi bremste ärgerlich und fuhr dann weiter.
    Es hatte ihn allen Mut gekostet, John Skow anzurufen, trotz des verschlüsselten Mobiltelefons, das der NSA-Mann ihm gegeben hatte. Doch nachdem Godin so dicht vor dem Tod stand, musste Nara das Risiko einfach eingehen. Skow hatte ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass ihrer aller berufliche Zukunft – und vielleicht sogar ihr Leben – auf dem Spiel stand, sollte Godin vor der Fertigstellung von Trinity sterben. Zach Levin, Godins Chief Engineer, hatte vorhergesagt, dass der Trinity-Prototyp in sieben bis zehn Tagen voll funktionsfähig wäre. Doch diese Schätzung war von der ununterbrochenen Mitarbeit Godins persönlich ausgegangen. Ravi wusste, dass er von Glück sagen konnte, wenn es ihm gelang, dem alten Mann weitere vierundzwanzig Stunden das Leben zu bewahren.
    Er bezweifelte, dass je ein Arzt so hart gearbeitet hatte, um einen Patienten am Leben zu halten. Mit seinen sechsunddreißig Jahren war Ravi bereits ein hoch geehrter Wissenschaftler. In seiner Heimat Indien wurde er wie ein Held gefeiert, obwohl er die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hatte. Doch fallsTrinity ein Fehlschlag wurde in einer Wolke aus Skandalen wegen der Ermordung eines Nobelpreisträgers, dann konnte nichts und niemand Ravi Naras Reputation retten.
    Einmal mehr fragte er sich besorgt, ob jemand seinen Anruf bei Skow abgehört hatte. Die Sicherheit in North Carolina war zudringlich gewesen, doch White Sands war eine verdammte Militärbasis. Bis jetzt hatte ihn niemand zur Rede gestellt. Vielleicht lag es an der Abgeschiedenheit der Gegend, dass die Sicherheitsleute weniger paranoid reagierten.
    White Sands war größer als Delaware und Rhode Island zusammen. Der für Project Trinity abgesperrte Bereich war ein kleiner Fleck in einem riesigen Areal, Teil eines Gebietes, das von der U. S. Army Intelligence School in Fort Huachuca, Arizona verwaltet wurde. Vor Ravis erstem Besuch der Basis hatte Godin ihm die dortigen Lebensbedingungen als »spartanisch« geschildert. Als jemand, der aus New York gekommen war, hatte Nara geglaubt, North Carolina seit bereits mitten im Nichts. Doch White Sands war ein Loch in der Welt, eine Mondlandschaft aus weißem Gipssand und Felsen, und die einzige Gesellschaft waren Klapperschlangen. Halb rechnete Nara ständig damit, dass Indianer über die Dünen geritten kamen, verfolgt von John-Ford-Cowboys, doch das geschah nie.
    Der Trinity-Komplex besaß eine einfache Geometrie. Es gab vier Hauptgebäude: das Forschungslabor, das »Hospital«, die Verwaltung und das abgeschirmte Gebäude, in dem der Prototyp stand. Außerdem gab es eine Werkstatt, Baracken, ein großes Elektrokraftwerk und eine Landebahn für Militärjets. Die Gebäude waren keine Gebäude im eigentlichen Sinn, sondern ehemalige Flugzeughangars, die von Pionieren der U. S. Army innerhalb fünf hektischer Wochen umgebaut worden waren. Lediglich der abgeschirmte Bau mit dem Prototyp war anders.
    Ravis Blick ging zu dem eigenartigen Gebäude zu seiner Rechten, das einzeln im Zentrum der Anlage stand. Es erinnerte an eine riesenhafte Pillbox aus dem Zweiten Weltkrieg, mit anderthalb Meter dicken, stahlarmierten, mit Bleiabgeschirmten Betonwänden. Vier armdicke Elektrokabel führten hinein und zwei Wasserrohre. Es besaß eine interne Klimatisierung und sonst keine Verbindung zur Außenwelt. Keine Telefonkabel, keine Netzwerkkabel, keine Satellitenschüssel auf dem Dach, keinerlei

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