Geraubte Erinnerung
flachen Betondach geparkt. Ich ging rasch nach links, wo eine Auffahrt um das Hospital herumführte. Es gab keinen Gehweg, deswegen gingen wir auf dem Randstein. Als wir um das Gebäude herumkamen, sah ich den Felsendom golden inmitten der Altstadt glänzen. Die Straße führte einen lang gestreckten Hügel hinunter, wo es nur minimale Deckung gab. Zu unserer Rechten lag ein riesiger Friedhof, der aussah wie aus der Kolonialzeit.
»Wir müssen ein Taxi finden«, sagte Rachel. »Zu Fuß kommen wir nicht weit.«
»Hör mal«, sagte ich zu ihr.
Durch die allgemeinen Geräusche der Stadt unter uns näherte sich ein aufdringliches Heulen. Eine Sirene.
Wir duckten uns hinter eine Reihe niedriger Büsche. Dreißig Sekunden später kamen zwei dunkelgrüne Kleinbusse den Hügel hinaufgerast. Sie sahen nicht aus wie Krankenwagen. Einer kam mit kreischenden Reifen vor dem Haupteingang des Hospitals zum Stehen, der zweite Wagen fuhr weiter bis zur Rückseite. Aus dem Fahrzeug vor dem Haupteingang sprangen zwei Männer mit grauen Anzügen, gefolgt von einem Trupp Militärpolizei mit Maschinenpistolen.
»Wer ist das?«, flüsterte Rachel.
»Shin Beth wahrscheinlich, oder eine Abteilung der Geheimpolizei … wen immer Washington angerufen hat, um das Krankenhaus abzusperren und uns am Verlassen zu hindern.«
»Ravi Nara hat mir versprochen, dass man dich an einen sicheren Ort verlegt.«
»Braucht man dazu ein SWAT-Team?« Ich zog sie auf die Beine. »Komm, wir müssen weiter.«
Wir benutzten jedes Stückchen der spärlichen Deckung, während wir immer weiter den Berg hinuntermarschierten. Rachel wollte in Richtung der Altstadt rennen, doch ich führte sie dieChurchill Street hinunter zu einem Hyatt Regency Hotel, während ich mich immer wieder zum Krankenhaus umwandte. Der Einsatzwagen parkte noch immer vor dem Haupteingang. Ich konnte mir leicht vorstellen, dass im Innern eine hektische Suche nach Rachel und mir ausgebrochen war.
Vor dem Hyatt wartete eine Reihe von Taxis. Ich stieg ins vordere und zog Rachel hinter mir her.
»Amerikaner?«, fragte der Fahrer.
»Amerikaner. Ich suche eine Internet-Bar.«
Der Fahrer schien zu überlegen. »Sie brauchen einen Computer?«
»Ja.«
»Im Hyatt gibt es Computer. Kosten jede halbe Stunde.«
»Ich möchte in ein öffentliches Café. Ich mag dieses Hotel nicht.«
»Gibt nicht viele solche Bars in Jerusalem. Das Strudel hat Computer, aber es ist jetzt vielleicht noch nicht offen.«
»Bringen Sie uns hin.«
Der Fahrer ließ den Motor an und lenkte das Taxi auf die Ha-Universita. Auf einem Parkplatz zu unserer Linken erblickte ich eine Phalanx von Polizeifahrzeugen. »Was ist das für ein Gebäude?«, fragte ich.
»Nationales Polizei-Hauptquartier. Ich hoffe, Sie wollen nicht dorthin?«
»In das Strudel. Bitte beeilen Sie sich. Ich habe wichtige geschäftliche Dinge zu erledigen.«
»Jawohl, Sir. Zehn Minuten, höchstens.«
White Sands
Ein uniformierter Soldat brachte Ravi Nara zur Startbahn. Früher einmal hatte die Endlosigkeit der nächtlichen Wüste Unbehagen in Ravi hervorgerufen, doch in dieser Nacht empfand er sie als beruhigend. Während der Jeep der Startbahn immernäher kam, rollte ein Learjet um den Hangar herum und parkte neben Peter Godins Gulfstream 5. Der Learjet war schwarz und besaß keinerlei Kennzeichen. Als die Luke geöffnet wurde, beugte John Skow sich hindurch und stieg die Gangway hinunter.
»Ich habe versucht, Sie zu erreichen!«, rief der NSA-Mann Ravi Nara zu. »Stimmt was nicht mit Ihrem Telefon?«
Ravi warf einen Blick auf seine militärische Eskorte, doch der Soldat schien die Unterhaltung nicht zu verfolgen. »Ich bin auf dem Weg nach Jerusalem.«
Skow packte Ravis Arm und führte ihn zehn Schritte von dem Soldaten weg. »Wovon reden Sie da?«
»Peter hat mich nach Jerusalem geschickt.«
»Er lebt noch?«
»Ja.«
Panik und Wut verzerrten Skows Gesichtszüge. »Haben Sie es überhaupt probiert ?«
»Ja, verdammt! Geli hat mir das Telefon weggenommen. Sie hätte mich fast umgebracht!«
»Warum schickt Peter Sie nach Jerusalem?«
»Um sicherzustellen, dass Tennant stirbt.«
Skow legte den Kopf in den Nacken wie jemand, der den Himmel um Hilfe anfleht. »Vergessen Sie das. Sie werden nirgendwo hinfliegen. Tennant ist aus dem Hadassah Hospital geflüchtet.«
»Aber … aber es hieß, er sei in ein Alpha-Koma gefallen!«
»Er scheint wieder daraus erwacht zu sein. Rachel Weiss hat ihn jedenfalls bestimmt nicht aus dem
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