Geraubte Erinnerung
Computer«, sagte ich, als er geöffnet hatte.
»Kommen Sie herein, kein Problem. Wir haben Highspeed-Internet.«
Rachel bezahlte das Taxi und folgte mir ins Innere des Cafés.
Das Strudel war dunkel und roch wie alle Bars überall auf der Welt, doch es besaß einen Computer. Ich setzte mich an den Tresen und begann im Internet nach den E-Mail-Adressen der Top-Universitäten und Computereinrichtungen in den Vereinigten Staaten und Europa zu suchen. Cal Tech, das Artificial Intelligence Lab des MIT, CERN in der Schweiz, das Max PlanckInstitut in Stuttgart, das Chaim Weizmann Institut in Israel, das Earth Simulator Computer Team in Japan und verschiedene andere.
»Was hast du vor?«, fragte Rachel und kletterte auf einen Barhocker neben mir.
»Ich wende mich an die Öffentlichkeit.«
»Ich dachte, das wolltest du nicht?«
»Ich habe keine andere Wahl mehr. Sie haben es getan. Oder zumindest stehen sie ganz dicht davor.«
»Wovor?«
»Trinity steht dicht davor, Wirklichkeit zu werden.«
»Woher weißt du das?«
»Ich weiß es einfach.«
»Und du willst es der Welt erzählen?«
»Ja.«
»Wie viel?«
»Genug, um einen Mediensturm zu entfachen, den der Präsident nicht ignorieren kann.«
Ich öffnete Microsoft Word und begann meine Botschaft zu tippen. Die erste Zeile war die einfachste, ein Zitat von dem großen Niels Bohr über das Rennen um Atomwaffen. Wir befinden uns in einer vollkommen neuen Lage, die nicht mehr durch Krieg gelöst werden kann.
»David?«, fragte Rachel leise. »Was ist mit dir passiert, als du im Koma gelegen hast? Hast du Dinge gesehen?«
»Nicht so wie vorher, falls du das meinst. Es ist schwierig zu erklären, aber ich werde es versuchen, sobald wir ein wenig Zeit haben. Zuerst muss ich das hier fertig machen.«
Sie stand auf und ging zur Tür, um Wache zu stehen, falls Polizei auftauchte.
Ich beugte mich über die Tastatur und tippte ohne Pause, als würde irgendeine unsichtbare Macht mir die Worte diktieren. Zwanzig Minuten später fragte ich den Mann hinter dem Tresen, ob er uns ein Taxi mit einem palästinensischen Fahrer rufen könnte. Dann tippte ich meinen Schlusssatz: Andrew Fielding zum Gedenken.
»Hast du deine Mail abgeschickt?«, fragte Rachel.
»Ja. Sie wird innerhalb vier Stunden durch die Medien gehen.«
»Willst du das wirklich?«
»Ja. Das Böse gedeiht nicht im Licht.«
Sie wich zurück und starrte mich aus aufgerissenen Augen an. »Das Böse?«
»Ja.«
Ein Taxi hielt draußen vor der Tür, und der bärtige Fahrer blickte in die Bar.
»Komm, gehen wir«, sagte ich.
Wir blieben vor dem Wagen stehen. »Sind Sie Palästinenser?«, fragte ich den Fahrer.
»Wieso? Spielt das eine Rolle?«
»Wissen Sie, wo das Hauptquartier des Mossad ist?«
Der Fahrer blinzelte, als hätte er ein seltenes Exemplar vor sich. »Sicher«, antwortete er. »Jeder Palästinenser weiß das.«
»Deshalb wollte ich einen palästinensischen Fahrer. Bringen Sie uns hin.«
Rachel sah mich erstaunt an, und fast konnte ich ihre Gedanken lesen. Was um alles in der Welt wollte ich beim Mossad, dem skrupellosen israelischen Geheimdienst?
»Haben Sie Geld?«, fragte der Fahrer.
»Wie klingen hundert amerikanische Dollar?«
»Ich sehe besser, als ich höre«, antwortete der Fahrer.
Rachel zückte eine Banknote.
Der Fahrer nickte. »Steigen Sie ein.«
Ich hatte die hintere Tür noch nicht ganz geschlossen, als er auch schon den Gang einlegte und mit aufheulendem Motor davonjagte.
White Sands
Geli wusste, dass sie dem alten Mann beim Sterben zusah. Sie sehnte sich nach einer Zigarette. Trotz des antiseptischen Gestanks in der Luft hing ein Odem von Tod in der Blase. Geli konnte es nicht definieren, doch sie kannte diesen Geruch nur zu gut. Sie hatte ihn in Feldlazaretten gerochen und an anderen, dunkleren Orten. Vielleicht hatte die Evolution das menschliche Geruchssystem für die subtilen Gerüche des nahenden Todes empfindlich gemacht. In einer Welt voller ansteckender Krankheiten stellte es zweifelsohne einen Überlebensvorteil dar. Geli hatte einst ihr eigenes brennendes Gesicht gerochen, und seither machte sie sich keine Illusionen mehr über ihre Sterblichkeit. Doch Godins letzten Kampf nun mit eigenen Augen zu beobachten, ging ihr auf eine Weise nahe, wie sie es nicht für möglich gehalten hätte. Es gab immer wieder Phasen, wo Peter nicht schlucken konnte, obwohl seine Aussprache noch immer überraschend deutlich war. Er hatte ihr wehmütig von seiner toten Frau
Weitere Kostenlose Bücher