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Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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»Fünfzehnhundert«, sagte der Blonde grinsend, indem er sich zu mir umwandte. »Für fünfzehnhundert fahre ich ihn nach Tarboro. Nennen wir es Gefahrenzulage.«
    Ich lächelte ebenfalls. »Also gut, fünfzehnhundert. Aber wir machen es folgendermaßen …«
    Wir steuerten die Wagen auf die Fähre, und der alte Mann lenkte das stampfende Schiff in die langsame Strömung. Wie vereinbart blieben die beiden Jungen während der Überfahrt in ihrem Nova. Rachel und ich saßen im Audi. Das NSA-Flugzeug kreiste über uns. Ich konnte fast spüren, wie Geli Bauers Sicherheitsleute die Schlinge um diesen abgelegenen Flecken in North Carolina enger zogen.
    Als die Fähre am anderen Ufer angelegt hatte, fuhr der Nova langsam von Bord und auf die Straße hinauf. Rachel folgteihm. Dann schwenkte sie plötzlich zur Seite, überholte den anderen Wagen und raste in die Wälder, als würde sie von Dämonen verfolgt. Sobald das Blätterdach des Eichenwalds sich über uns schloss, hielt sie an und wartete darauf, dass der Nova uns einholte. Zwanzig Sekunden später kam er um eine Kurve und hielt hinter uns.
    »Schnell jetzt!«, rief ich den beiden Jungen zu, als sie ausstiegen.
    Das Kanu ruhte auf gelben Schaumstoffpolstern, die das Dach des Wagens vor dem Metall der Einfassung schützten. Ich wollte den Spanngurt lösen, der den Bug des Kanus hielt, doch der Blonde zog ein Messer aus der Tasche und schnitt die Gurte vorne und hinten einfach durch. Ich packte das Kanu am Bug, der Gitarrenspieler nahm das Heck, und gemeinsam wuchteten wir das Boot vom Dach, wobei wir es umdrehten. In letzter Sekunde verloren wir beide den Halt, und das Kanu landete mit einem lauten Scheppern auf dem Schotter. Der Blonde griff hinter die Sitze und brachte zwei Paddel zum Vorschein, die er ins Kanu warf. Er richtete sich wieder auf und sah an mir vorbei. Plötzlich errötete er verlegen. Ich drehte mich um. Rachel war ausgestiegen und stand in Jeans und weißem Hemd hinter mir.
    »Hey«, sagte sie zu den Jungen. »Das gefällt mir.« Dann lächelte sie auf eine Weise, die ich an ihr noch nie gesehen hatte.
    »Kein Problem«, sagte der Blonde.
    Der Gitarrenspieler winkte Rachel zu und schwieg, und mir wurde bewusst, dass Rachel Weiss selbst mit ihren fünfunddreißig Jahren noch Eindruck bei zwanzigjährigen Jungen machte.
    »Wir müssen los«, sagte ich. »Und ihr auch.«
    Ich reichte dem Blonden die ausgemachten fünfzehn Hundertdollarnoten.
    »Entweder zahlen Sie mir viel zu viel oder nicht annähernd genug«, sagte er. »Aber es ist cool.« Er deutete auf die Bäume. »Wenn Sie das Kanu da durchbugsieren, kommen Sie nach ungefähr fünfzig Metern am Fluss raus.«
    »Danke.«
    Er trottete zu dem silbernen Audi und glitt hinters Lenkrad. Ich folgte ihm, nahm Fieldings Schachtel vom Rücksitz und tippte ihm auf die Schulter. »Falls jemand den Wagen anhält, erzähl ihm ganz genau, was sich ereignet hat. Das Geld, alles. Dann wird dir nichts geschehen.«
    Er nickte. »In Ordnung.«
    Der Motor des Audi erwachte surrend zum Leben, und er schoss durch die hohle Gasse zwischen den Bäumen hindurch davon. Der Gitarrenspieler im Nova lachte, schüttelte den Kopf und folgte ihm langsam. Ich warf Fieldings Schachtel in das Kanu, wickelte mir die Bugleine um die Hand und begann, das Boot über den Schotterweg in Richtung der Bäume zu ziehen.
    »Soll ich schieben?«, fragte Rachel.
    »Kein Problem, ich schaff es auch so. Passen Sie auf Schlangen auf.«
    Von diesem Augenblick an ruhten ihre Blicke unablässig auf dem Boden.
    Die Bäume standen bald fast zu dicht beieinander, um das Kanu zwischen ihnen hindurchzuziehen. Ich war in Schweiß gebadet. Doch der blonde Junge hatte Recht behalten. Es dauerte nicht lange, bis ich verwesende Pflanzen und Feuchtigkeit riechen konnte, und schließlich sah ich, wie das Sonnenlicht sich glitzernd auf einer Wasserfläche brach. Fünfzehn Meter weiter, und ich schob das Kanu zwischen zwei Zypressenstümpfen ins Wasser.
    »Steigen Sie ein«, bat ich Rachel. »Und klettern Sie ganz nach vorn.«
    Sie stieg am Heck ein und balancierte vorsichtig zum vorderen Sitz. Ich schob das Kanu in tieferes Wasser; dann sprang ich selbst hinein, während es weiter vom Ufer wegtrieb. Ich setzte mich auf dem hinteren Sitz zurecht, nahm ein Paddel und steuerte das Boot mit langsamen Schlägen flussabwärts.
    »Ich werde versuchen, das Kanu in der Deckung unter den Bäumen zu halten«, sagte ich. »Halten Sie nach dem Flugzeug Ausschau.«
    Rachel

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