Geraubte Erinnerung
kann nichts sagen.«
All die Dinge, die ihr in den vergangenen paar Wochen aufgefallen waren, kamen ihr nun ins Bewusstsein. »Zach Levin und sein Interfaceteam wurden vor fünf Wochen beurlaubt. Sie scheinen wie vom Erdboden verschluckt. Warum sollte ein ganzes Team von Ingenieuren einfach freigesetzt werden?«
Skow antwortete nicht.
Sie suchte nach einer Frage, die er beantworten konnte. »Kontrolliert die Person, die für die Sicherheit an dem Ort verantwortlich ist, wo auch Godin sich aufhält, auch Ihre ultrageheime Quelle?«
Im nun einsetzenden Schweigen erkannte sie, dass Skows zögerliches Verhalten nicht beleidigend gemeint war. Er zeigte die Erstarrung eines Mannes, der zwischen Angst und Pflicht gefangen ist.
»Hat diese geheime Quelle Ihnen verraten, wohin Tennant als Nächstes gehen wird?«
»Sie werden bald eine neue Liste möglicher Verstecke erhalten. Ich gebe sie Ihnen weiter, sobald ich sie erhalte.«
»Tun Sie das.« Sie versuchte, das Geheimnis um Peter Godins Verbleib aus ihren Gedanken zu verbannen. »Wie weit sind Sie inzwischen mit unserer Story von einem irren Attentäter?«
»Sie kursiert derzeit nur innerhalb des Beltway, aber sieverbreitet sich rasch. Die Polizei von D. C. wird sie heute Vormittag erhalten. Ich wollte mit der Verbreitung warten, bis wir mit dem Projekt von gestern Abend abgeschlossen hatten.«
»Ich habe mir die Aufzeichnung eben noch mal angehört. Sie klingt absolut echt.«
»Das sollte sie auch. Was werden Sie als Nächstes unternehmen?«
»Ich warte, bis ich etwas Neues erfahre. Irgendetwas. Ein Gerücht, wo Tennant sich jetzt aufhalten könnte.«
»Und dann?«
»Werde ich selbst hinfahren. Ich vertraue keinem mehr.«
»Und wie wollen Sie hinkommen?«
»Godins JetRanger steht immer noch auf dem Helipad. Haben Sie ein Problem damit, wenn ich ihn nehme?«
»Nein. Ich informiere den Piloten, dass er sich für Sie bereithalten soll.« Nach einer Pause fügte er hinzu: »Tennant zu erwischen ist eine persönliche Angelegenheit für Sie, habe ich Recht?«
Geli nahm einen Schluck von ihrem heißen Kaffee und rollte ihn im Mund.
»Ich denke, Sie haben mehr für Kurt übrig gehabt, als irgendjemand dachte«, sagte Skow.
Sie schluckte den Kaffee herunter. »Betätigen Sie sich jetzt als Seelenklempner?«
»Mir kam nur gerade ein Gedanke. Wenn Sie so sicher sind, dass Rachel Weiss meine geheime Quelle ist, könnte Tennant auf die gleiche Idee kommen. Ich meine, wie Sie bereits sagten … Wie sonst hätten wir das SWAT-Team zum Frozen Head schicken können?«
»Reden Sie weiter.«
»Falls Tennant zu dem Schluss kommt, dass Weiss ihn verraten hat, dann wird er sie fallen lassen. Wir sollten eine allgemeine Suchmeldung rausgeben und die Telefone von jedem anzapfen, mit dem sie in irgendeiner Form verbunden ist.«
»Ich habe bereits jeden auf der Liste, mit dem sie sich inVerbindung setzen könnte, allerdings nicht aus diesem Grund. Tennant würde Dr. Weiss nicht einfach irgendwo zurücklassen.«
»Warum denn nicht?«
»Weil er in sie verliebt ist.«
»Er kann eine so offensichtliche Logik nicht einfach ignorieren.«
Geli lachte leise auf. »Selbstverständlich kann er. Menschen tun so was ununterbrochen.«
23
I ch schrak voller Panik aus dem Schlaf. Rachel saß hinter dem Steuer des Pick-ups, und wir waren unterwegs. Ich lag zusammengerollt auf dem Boden vor dem Beifahrersitz, mühte mich hoch und sah, dass wir über einen einsamen ländlichen Highway rasten. Hinter uns war nichts außer leerer Straße.
»Wie sind Sie reingekommen?«, fragte ich, nachdem ich wieder halbwegs bei Sinnen war. »Hatte ich die Tür nicht abgesperrt?«
Rachel sah mich nicht an. »Sie war verschlossen. Ich fand ein Stück stabilen Drahts hinten auf der Pritsche. Ich hab eine Schlinge daraus gemacht, die ich zwischen Tür und Rahmen hindurchgesteckt habe, um den Verriegelungsknopf hochzuziehen.«
»Wo sind wir?«
»Fast in Caryville. Nach den Schildern zu urteilen, sieht es aus, als würde die I-75 hindurchführen.«
Ich schüttelte die Überreste des Jerusalemtraums von mir ab. Wie lange war ich bewusstlos gewesen? »Wo ist das SWAT-Team?«
»Sucht nach uns, ohne Zweifel.«
Ich war sicher, dass Rachel unser Ziel an die NSA verraten hatte. Warum also flüchtete sie nun mit mir über eine einsame Straße? Oder vielleicht flüchtete sie gar nicht, sondern fuhr wieder zurück zum Frozen Head State Park?
»Ich weiß, was Sie denken«, sagte sie. »Aber Sie irren sich.
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