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Geraubte Erinnerung

Geraubte Erinnerung

Titel: Geraubte Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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treffen, absolut willkürlich handeln. Wie willkürlich können meine Entscheidungen sein? Ich schätze, wir könnten jedes Mal eine Münze werfen, wenn wir an eine Kreuzung wie diese kommen.«
    Rachel schüttelte den Kopf. »Sie verfügen nicht über einen Scan meines Gehirns, David. Sie können nicht vorhersagen, was ich tun würde. Ich werde einfach von jetzt an die Entscheidungen treffen.«
    Sie sah den Zweifel in meinen Augen. »Sie vertrauen mir immer noch nicht?«
    »Das ist es nicht. Aber inzwischen weiß Geli Bauer alles über Sie, was es zu wissen gibt. Sie weiß sogar Dinge, an die Sie sich überhaupt nicht mehr erinnern.«
    Rachel presste die Lippen zusammen, bis sie nur noch ein dünner Strich waren. »Ich hasse sie. Ich hasse diese Frau aus ganzem Herzen, und ich kenne sie nicht einmal.«
    »Ich weiß. Aber Hass führt uns nicht weiter, und retten wird er uns bestimmt nicht.«
    »Warum können wir uns nicht einfach in Nichts auflösen? Wir bezahlen in irgendeiner unbekannten Stadt in irgendeinem kleinen Motel in bar, stellen den Truck hinter einen Zaun oder in eine Scheune und schlafen drei Tage lang? Amerika ist ein großes Land. Selbst für die NSA.«
    »Haben Sie noch nie Americas Most Wanted gesehen? Woche für Woche werden Kriminelle gefangen, die genau das versucht haben, was Sie vorschlagen. Das Fernsehen macht Amerika zu einem viel kleineren Land, als Sie vielleicht glauben, Rachel.«
    Ich lehnte mich im Sitz zurück und bemühte mich, den Verstand auszuschalten und mich allein von meinen Instinkten leiten zu lassen. Personenwagen und Lastzüge passierten uns in beide Richtungen, manche langsam, andere so schnell, dass der Truck vom Fahrtwind schaukelte. Während ich dort saß und ins Leere starrte, klärte die Situation sich allmählich.
    In drei Tagen von heute an erhielten wir eine Chance, mit dem Präsidenten zu reden. Unser Problem bestand darin, lange genug am Leben zu bleiben, um diese Gelegenheit zu nutzen. Und die Chancen dafür wurden von Minute zu Minute schlechter. Selbst wenn wir bis zu Matthews kamen, musste ich ihn erst noch überzeugen, dass ich die Wahrheit sagte und alle anderen logen, die mit Project Trinity zu tun hatten. Dazu benötigte ich Beweise, harte Beweise. Und ich besaß keine. Meine andere Option bestand darin, mich an die Öffentlichkeit zu wenden – und sie würde den Präsidenten nur in der Meinung bestärken, dassich genau der übergeschnappte Irre war, als den die anderen von Trinity mich darstellten. Ich würde mir den einzigen Mann zum Feind machen, der uns helfen konnte. Drei Tage …
    »Wie lange wollen wir noch hier herumsitzen?«, fragte Rachel.
    »Lassen Sie mich noch eine Minute nachdenken.«
    Verstecken war nicht die Antwort. Weglaufen ebenfalls nicht. Jedenfalls nicht auf konventionelle Weise. Wir mussten einen so radikalen Schritt unternehmen, dass kein noch so hoch entwickeltes Gehirn der Welt ihn vorhersehen konnte. Aber welchen?
    Während ich durch die Windschutzscheibe auf den entgegenkommenden Verkehr starrte, wurde mir bewusst, dass ich nur aus einem einzigen Grund mit Rachel hier saß. Meine Träume. Meine Träume hatten uns zusammengeführt. Ohne meine Träume wären wir beide in meinem Haus erschossen worden. Und doch war ich noch keinen Schritt weiter gekommen in meinem Bemühen, ihre Bedeutung zu begreifen, als an jenem Tag, an dem ich zum ersten Mal in Rachels Praxis gegangen war.
    Sie kamen seit Monaten, wieder und wieder, eine eindringliche Nachricht, ausgestrahlt von einem fernen Sender. Zu Anfang hatten die unverständlichen Bilder mich verunsichert, sogar in Angst versetzt. Doch im Verlauf der Zeit – insbesondere in den vergangenen drei Wochen – war ich nach und nach zu der Überzeugung gelangt, dass sie mir etwas Wichtiges mitteilen wollten. Ich wusste natürlich, dass Schizophrene die gleiche feste Überzeugung hegten. Was unterschied mich von ihnen?
    Ich schloss die Augen und versuchte an nichts zu denken, doch das genaue Gegenteil geschah. Plötzlich sah ich eine von Mauern umgebene Stadt auf einem Hügel. Ihre Steine leuchteten gelb im Licht der Sonne. Ein Tor war in die Mauer eingelassen.
    Das östliche Tor, flüsterte eine Stimme in meinem Kopf. Jerusalem.
    Noch nie hatte ich im Wachzustand eine derartige Vision gehabt. Ich öffnete die Augen und sah Rachel, die auf dasArmaturenbrett starrte. Ich schloss die Augen erneut, doch die Stadt war verschwunden wie das Nachbild auf der Netzhaut nach einem Blitzlicht.
    »David?

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