Geraubte Herzen
jemand unbedingt helfen will, wäre es undankbar, ihn nicht zu lassen.«
Es war ein Wunder, und der Beweis, dass es auf dieser Welt noch gute Menschen gab. Die Nachricht beschwichtigte Hopes gebeuteltes Herz. »Ich glaube, ich weiß, wer das in die Wege geleitet hat. Ich wette, es war Griswald.«
»Wer?«
»Der Butler von Mr. Givens. Wissen Sie, von Givens Enterprises?«
»Der Bursche, der auch das Gehgestell aufgetrieben hat?«
»Genau. Er ist ein großartiger Mensch, und ich wette, er weiß, wen man in so einem Fall kontaktiert und -«
»Liebes, ich unterbreche Sie nur ungern, aber gerade kommen meine Mädels zum Bridgespielen. Ich muss ihnen sofort erzählen, wo ich morgen hingehe. Ich habe Sie wirklich lieb, Liebes.«
»Ich Sie auch, Mrs. Monahan.« Hope legte mit einem Frosch im Hals auf. Heute war der Tag der guten Nachrichten.
Sie war so glücklich wegen Mrs. Monahan, dass sie beinahe
Griswald angerufen hätte, um zu fragen, was er von dieser Operation wusste. Normalerweise rief er mehrmals täglich an. Vermutlich hatte er sich über sie geärgert. Oder … ihre Küsse nicht gemocht.
Wahrscheinlich hatte er zu tun.
Und was, wenn … nein. Er hatte wahrscheinlich zu tun.
Und was, wenn er sie am Telefon wieder drängte, zu ihm zu kommen? Sie glaubte nicht, dass sie die innere Stärke aufbrachte, ihm - und sich selbst - eine weitere Absage zu erteilen. Falls sie ihn heute Abend wiedersah, gab sie ihm vielleicht, was er sich so offenkundig von ihr wünschte.
Aber das konnte sie nicht. Sie konnte es einfach nicht. Die Lehren ihres Vaters waren zu machtvoll, die Vorträge ihrer Mutter zu lebhaft in Erinnerung.
Aber nie hatte die Sünde so gut ausgesehen.
Er wäre bestimmt gut … sie rieb sich über die Lippen, dachte daran, wie er sie gestreichelt, was er sie gelehrt hatte …
Ein kurzer Anruf nur. Sie konnte sich zurechtlegen, was sie sagen wollte und - das Schaltbrett summte.
Sie starrte es an und stellte fest, dass Griswald einen schlechten Einfluss auf sie hatte. Früher hatte sie sich gefreut, wenn die Kunden sich meldeten. Jetzt störten sie sie in ihren Gedanken an ihn .
Es war Mr. Janek. »Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie. »Wo, zur Hölle, ist dieser Schurke Wealaworth?«, plärrte er ihr ins Ohr.
Von seiner Ausdrucksweise und dem giftigen Unterton schockiert, sagte Hope: »Es tut mir Leid, Mr. Janek. Er ist nicht hier.«
»Darauf hätte ich wetten können, dass er nicht da ist.« Hope hörte ihn schnauben. »Was ist mit der Schlampe, mit der er zusammenarbeitet? Dieser Prescott?«
»Miss Prescott?« Hope zitterte, so bösartig sprach er ihren Namen aus. »Sie ist gleichfalls nicht hier.«
»Dann richten Sie diesen Arschlöchern etwas von mir aus«, brüllte Mr. Janek. »Sie sollen sich bei mir melden und mir erklären, was zur Hölle da los ist, oder sie werden es bitter bereuen.«
»Mr. Janek, kann ich irgendetwas für Sie -«
Er knallte den Hörer auf die Gabel, bevor sie den Satz beenden konnte. Sie rieb sich die Stirn. Sie besah sich Mr. Wealaworths leeren Schreibtisch. Wo war er? Was ging hier vor sich? Sie musste ihn ausfindig machen und ihm von Mr. Janeks Drohung berichten. Sie stand auf und wollte gerade in Mr. Wealaworths Ecke gehen - als das Schaltbrett summte.
Es war wieder nicht Griswald.
Das Display zeigte die Nummer von Mrs. Shepard. Sie war früh dran heute, aber schließlich war das Baby überfällig. Vielleicht - hoffentlich - lag sie in den Wehen. »Mrs. Shepard. Wie geht es Ihnen an diesem schönen -«
Mr. Shepards Stimme dröhnte ihr ins Ohr: »Hope, Shelley bringt das Baby zur Welt!«
In ihrem beruhigendsten Tonfall sagte Hope: »Das ist gut. Es musste ja früher oder später so weit sein.«
»Nein. Jetzt! Hier! Das Baby kommt hier bei uns zu Hause! Die Fruchtblase ist gerade geplatzt. Sie hat Krämpfe.« Er japste. »Und jetzt … und jetzt …«
Hope war in Alarmbereitschaft. Sie zog Madam Naincis Notfallbroschüre aus dem Bücherbord hinter sich und warf dabei die restlichen Bücher in alle Himmelsrichtungen. »Haben Sie den Notarzt gerufen?«
»Sie ist doch nicht krank, sie bekommt ein Baby!«
Mr. Shepard brauchte Hilfe. »Bleiben Sie dran. Ich rufe den Notarzt. Bleiben Sie in der Leitung. Ich komme gleich
wieder und helfe Ihnen, aber Sie müssen jetzt ruhig bleiben, für Shelley.«
»Okay.« Er hörte auf sie. »Okay.«
Hope leitete alle Informationen an die Einsatzzentrale weiter und nahm das Gespräch wieder auf. »Mr. Shepard, ich habe
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