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Geraubte Seele

Geraubte Seele

Titel: Geraubte Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Zander
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irgendwelchen Gebäudegängen um die Ohren zu schlagen. Hätte ich es nicht getan, wäre er wohl aus der Uni geflogen und wahrscheinlich längst ausgezogen. Ich hätte mir keine Gedanken machen müssen, weil meine steifen Finger den Schlüssel vom Bad nicht greifen können, um die Tür abzusperren.
    „Mach die Tür zu!“, brüllte ich nochmals. So laut, dass es mich im Hals kratzte und mir dabei leuchtende Punkte vor den Augen tanzten. Aber er stand in der offenen Tür wie angenagelt und starrte meinen Rücken an, als würden dort die Lösungen für seine Semesterarbeit geschrieben stehen.
    „Mein Gott!“, brachte er endlich sein Entsetzen zur Sprache und streckte seinen Arm aus, als wollte er …
    Ich hatte keine Ahnung, was er wollte. Und was es auch sein sollte, ich wollte es bestimmt nicht. Ich wollte nur, dass er verschwand, denn so sollte mich niemand sehen. Nicht einmal ich sah mich im Spiegel an.
    Die Männer verpassten mir regelmäßig Striemen in sämtlichen Regenbogenfarben. Doch das Ergebnis ihrer Arbeit wollte und sollte keiner von ihnen zu Gesicht bekommen. Deshalb brauchte ich so lange Pausen, bevor ich einen neuen Auftrag annahm. Im Augenblick machte ich mir mehr Sorgen darüber, ob ich diese Striemen innerhalb der nächsten zwei Wochen loswerden würde, als darüber, ob ich jemals wieder geradestehen, oder gar gehen könnte.
    „Mach diese gottverdammte Tür zu!“ Ich brüllte nicht mehr, sondern jammerte verzweifelt, denn er bewegte sich immer noch nicht und nun lag es an mir, etwas zu unternehmen.
    Ich streckte den rechten Arm nach dem Bademantel aus und den linken, um ihn aus dem Bad zu vertreiben. Doch sowohl der Bademantel als auch er standen zu weit, um sie zu erreichen.
     
    Ein Schritt, nur ein Schritt, versuchte ich meinen Fuß mit meinen Gedanken zu bewegen und tatsächlich: Auf einmal befand er sich in der Luft. Nur konnte ich mich jetzt nicht entscheiden, ob ich mich im Bademantel vor seinen Blicken verstecken, oder ihn zuerst aus der Tür schieben sollte.
    „Scheiße!“ Es war zu spät. Auf einem Bein zu stehen, war für mich heute nicht mehr drin und so fand ich mich bald darauf zusammengekrümmt auf dem kalten Fliesenboden. Reflexartig bedeckte ich mit den Händen meine Blöße, auch wenn ich wusste, dass mein Rücken für ihn im Moment wesentlich interessanter war als meine weiblichen Reize. Er schien seine Starre auch überwunden zu haben. In Bruchteilen von Sekunden ergriff er das Badetuch und warf es über mich.
    „Wir müssen die Polizei rufen“, versuchte er mich in das Tuch zu wickeln.
    „Keine Polizei!“ Es reichte nicht einmal mehr für einen vollständigen Satz.
    „Du bist zusammengeschlagen worden!“ Während er bemüht war, mich hochzuheben, versuchte ich, mich seinem Griff zu entziehen.
    „Du verstehst es nicht.“
     
    Meine Güte, ich werde es ihm doch nicht erklären müssen?
     
    Mein Leben war schon eine zusammengeklebte Vase und nun sollten diese Scherben in noch winzigere Splitter bersten.
    „Nicht einmal eine wie du hat so etwas verdient.“ Kaum gelang es ihm, mich ein Stück hochzuheben, rutschte ich ihm absichtlich aus den Fingern.
    „Lass mich los!“ Wenn ich gekonnt hätte, hätte ich ihn bestimmt getreten.
    „Wieso lässt du dir nicht von mir helfen?“
    „Weil du mir noch mehr wehtust.“
    Daraufhin nahm er endlich seine Hände von mir.
     
    Er stand eine Weile über mir und überlegte. Dann ging er in die Hocke, damit ich ihn besser sehen konnte. Er hatte die Arme vor der Brust gekreuzt. Auch meine Mutter machte es früher so, wenn sie mir ihre Entscheidung aufzwingen wollte.
    „Entweder lässt du dir von mir helfen, oder ich rufe die Polizei an.“ Ich schloss meine Augen und kaute an meiner Lippe. Genau so, wie früher, wenn meine Mutter mit gekreuzten Armen vor mir stand und ich überlegte, wie ich sie von ihren Ideen abbringen könnte.
    „Keine Polizei, keinen Notarzt, ich gehe auch nicht ins Krankenhaus und du bist ganz vorsichtig.“
    Eigentlich war es ganz einfach. Da ich mich nicht mehr wehrte, verursachte er mir keine größeren Schmerzen, als was ich eh schon ertragen musste. Er ging sehr behutsam mit mir um und so fand ich mich kurz darauf auf dem Bauch liegend im Bett wieder. Er deckte mir die Beine bis zum Steißbein zu.
    „Warte hier, ich bin gleich wieder zurück.“ Als er mit mir in den Armen mein Schlafzimmer betrat, hat er das Licht nicht aufgedreht. Auf dem Weg zum Bett war er schon über Einiges gestolpert. Nun

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