Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gerechte Engel

Gerechte Engel

Titel: Gerechte Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
Vom Netzwerk:
ihn morgen oder spätestens übermorgen aufsuchen.« Sie holte einen Notizblock aus der Schreibtischschublade und versah ihn mit der Überschrift VERDÄCHTIGE. »Also ich weiß, dass Sie glauben, nicht viel von dem Fall in Erinnerung zu haben, aber ich möchte es trotzdem versuchen.«
    »Ich habe damals getrunken. Unmäßig getrunken.«
    »Das haben Sie mir schon erzählt. Aber Sie haben doch keinen totalen Filmriss, oder?« Oben auf dem Aktenstapel auf ihrem Schreibtisch lag das Zeitungsfoto von Lt. Edward O’Malley. »Können Sie sich daran erinnern?«
    Mit leicht zitternden Händen nahm Dent das Foto. »Das hat das Dezernat machen lassen, als ich zum Lieutenant ernannt wurde.«
    »Wann wurden Sie befördert?«
    »Ungefähr ein Jahr vor dem Fall Haydee Quinn.«
    »Sie müssen ein guter Cop gewesen sein, wenn Sie befördert worden sind«, meinte Bree.
    Dent grinste zynisch. »Ich war bei den Marines. Der Polizeichef war bei Iwo mein vorgesetzter Offizier.«
    Bree erschauderte. Über den Krieg wusste sie aus Büchern Bescheid. »Iwo Jima?«
    Dent kratzte sich am Nacken. »Was zum Teufel hat denn das mit dem Fall Quinn zu tun?«
    »Ich versuche nur, einen Zugang zu Ihnen und der damaligen Zeit zu finden.« Brees langes Haar war tagsüber so lästig, dass sie es zu Zöpfen flocht und diese zu einem Kranz hochsteckte. Manchmal, nach einem langen Tag, bekam sie vom Gewicht ihres Haars sogar Kopfschmerzen. Was auch jetzt der Fall war. Sie zog die Schildpattnadeln heraus, ließ sich das Haar über die Schultern fallen und zupfte zerstreut an den Haarspitzen. »Ich glaube, wir stehen hier vor zwei verschiedenen Aufgaben. Die erste besteht darin, die Fakten herauszufinden.«
    »Und wenn Consuelo es doch getan hat? Das wäre für Ihre Klientin nicht besonders gut. Schließlich erwartet man von Rechtsanwälten, dass sie die Leute freibekommen.«
    Bree wickelte sich eine Haarsträhne um den Finger. »Darüber habe ich auch schon intensiv nachgedacht. Der Staat – in diesem Fall die Himmlische Sphäre – ist bei einem Verbrechen verpflichtet, der Verteidigung alles Beweismaterial zu übergeben. Insbesondere und vor allem entlastendes Beweismaterial. Bei der Verteidigung liegt die Sache allerdings etwas anders. Wir sind einzig und allein unserem Klienten verpflichtet. Wenn wir herausfinden sollten, dass Consuelo des Mordes schuldig ist und der Justizirrtum in diesem Fall darin besteht, dass ihre Strafe zu milde ausgefallen ist, sind wir nicht verpflichtet, das mitzuteilen. Es ist Sache der Anklage, ihre Schuld zu beweisen.«
    »Und die zweite Aufgabe?«
    Bree lächelte ihn an. »Besteht darin, eine alternative Hypothese bezüglich des Verbrechens zu präsentieren. Manchmal basiert eine erfolgreiche Verteidigung darauf, dem Richter die Vorstellung zu vermitteln, dass jemand anders es getan hat. Darauf, Zweifel zu säen. Aber Sie können sich darauf verlassen, dass die Anklage ihr Möglichstes tun wird, diese Zweifel wieder zu zerstreuen. Deshalb muss ich alles wissen, woran Sie sich noch erinnern können. Vor allem im Zusammenhang mit dem Geständnis von William Norris. Damit möchte ich auch gern anfangen. Selbst wenn …« Sie machte eine Pause und suchte nach einer Formulierung, die ihren diesbezüglichen Verdacht nicht allzu ungeschminkt in Worte fasste. »Selbst wenn das Ganze kein sonderlich gutes Licht auf Sie und Sergeant Kowalski wirft.«
    Dent richtete sich ruckartig auf. »In Ordnung. Fahren Sie fort, eine persönliche Bestandsaufnahme zu machen und geben Sie jeden Fehler unverzüglich zu. «
    »Wie bitte? Ach so! Natürlich! Die Stufen Ihres Programms.« Bree gab sich alle Mühe, eine ermutigende und verständnisvolle Miene aufzusetzen.
    »Sie wollen wissen, wie wir Norris dazu bekommen haben, dieses Geständnis abzulegen.«
    »Zunächst einmal.«
    »Wir haben ihn nicht angerührt.« Dent grinste schief. »Ich seh’s Ihrem Gesicht an, was Sie denken. Ihnen ist gerade eingefallen, was Eleanor Roosevelt mit uns Marines machen wollte.«
    Bree versuchte so dreinzublicken, als sei Dents Vermutung richtig.
    »Nach dem Krieg wollte sie uns alle ein Jahr lang auf eine Insel abschieben.«
    »Eleanor Roosevelt hat das tatsächlich vorgeschlagen?«, fragte Bree erstaunt.
    »Die meisten von uns waren keine Heiligen. Weder während des Krieges noch hinterher. Aber man tut eben, was man tun muss. Sie glauben also, Bobby Lee und ich hätten diesen Penner stinkbesoffen im Hinterzimmer seines schmierigen Nachtclubs gefunden,

Weitere Kostenlose Bücher