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Gerechtigkeit fuer Igel

Gerechtigkeit fuer Igel

Titel: Gerechtigkeit fuer Igel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Dworkin
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Beschränkungen unterworfen werden, im Gegenteil: Die Freiheit wird dadurch vergrößert, weil entsprechende Gesetze eine Selbstregierung aller Bürger eher ermöglichen, als wenn die Politik mit Geld überschwemmt und von reichen Kandidaten oder Sponsoren dominiert wird. Auch eine Rechtfertigung der Redefreiheit auf der Basis ethischer Unabhängigkeit ist auf diese Weise selbstbegrenzend. Wenn die Regierung es verbietet, sich als Mitverschwörer an der Planung eines Verbrechens zu beteiligen, schränkt das kein grundlegendes Recht ein, und ein solches Gesetz stellt auch nicht den Versuch dar, ein kollektives Urteil darüber durchzusetzen, was für ein Verhalten wertvoll ist, oder alle einer einheitlichen ethischen Orthodoxie zu unterwerfen. Das Ziel ist vielmehr, die Sicherheit der Bürger zu erhöhen, und das Vorgehen der Regierung ist daher ebenso wie im Fall von Steuern und der Regulierung der Wirtschaft moralischen und nicht ethischen Erwägungen geschuldet.
    Bei dieser knappen Darstellung der Redefreiheit und ihrer Grenzen handelt es sich natürlich nicht um eine juristische
634 Analyse. Zudem habe ich die schwierigen Fälle, mit denen sich die mit der Umsetzung einer Verfassung betrauten Gerichte konfrontiert sehen, außen vor gelassen. Höhere Gerichte müssen klare Richtlinien aufstellen, an denen sich die niedrigeren Gerichte und andere Regierungsinstanzen orientieren können. Ich wollte lediglich zeigen, welche Aspekte vor dem Hintergrund der hier vorgeschlagenen Auffassung von Freiheit im Zusammenhang mit der Verteidigung und der Einschränkung dieses vieldiskutierten Rechts der freien Rede berücksichtigt werden müssen.
    Ein Recht auf Eigentum?
    Das Recht, Eigentum zu besitzen und damit nach Gutdünken zu verfahren, ist eine besondere Art von Freiheit im Sinne von freedom , die Konservativen besonders am Herzen liegt und sich in bestimmten Phasen der US -amerikanischen Geschichte größter Beliebtheit erfreute. Gehört dieses Recht ebenfalls zur negativen Freiheit? Es geht mir hier um die Freiheit, die gemeint ist, wenn gesagt wird, daß eine Regulierung der Finanzmärkte und der Industrie gegen die negative Freiheit verstößt oder daß Steuern eine Form der Tyrannei sind. Das sind zweifellos überzogene Aussagen, aber sollten wir nicht anerkennen, daß die negative Freiheit hier wirklich in irgendeiner Weise betroffen ist?
    Tatsächlich haben wir das bereits getan. Die im 16. Kapitel vorgeschlagene Auffassung der Verteilungsgerechtigkeit als einer Gleichheit der Ressourcen setzt eine gewisse negative Freiheit, Eigentum zu erwerben und zu gebrauchen, voraus, weil man die Ressourcen der Menschen weder definieren noch messen kann, ohne davon auszugehen, daß sie frei sind, jene nach eigenem Gutdünken zu erwerben, mit ihnen zu handeln und damit sonstwie zu verfahren. Es wäre sinnlos, für eine wie auch immer geartete gleiche Verteilung des Reichtums der Gemein
635 schaft zu plädieren, ohne vorauszusetzen, daß auf irgendeine Weise und bis zu einem bestimmten Grad eine solche Freiheit gegeben ist, weil der Besitz von Eigentum nur vor diesem Hintergrund eine Bedeutung hat. Juristen sagen, daß Eigentum ein Bündel vielfältiger Rechte ist, und daß wir, wenn wir eine bestimmte Verteilung der Ressourcen als fair bezeichnen, damit etwas darüber aussagen, was unseres Erachtens zu diesem Bündel gehört.
    Was letztlich zu diesem Bündel gehört, ist aber keine unabhängige Frage, die nur mit der negativen Freiheit zusammenhängt, sondern sie betrifft auch den Rest der politischen Moral. Festhalten können wir an dieser Stelle vorerst nur, daß zur negativen Freiheit das Recht gehört, von Eigentum, das Ihnen rechtmäßig gehört, innerhalb der von der Regierung festgelegten legitimen Einschränkungen Gebrauch zu machen. Diese Aussage ist nicht ganz so inhaltsleer, wie es vielleicht zunächst den Anschein hat, zumindest nicht, wenn sie im Kontext einer überzeugenden allgemeinen Gerechtigkeitstheorie verortet wird. Die von mir hier vertretene Rechtfertigung der Ressourcengleichheit auf der Grundlage von Opportunitätskosten geht von einem ziemlich breiten Spektrum an Formen des veräußerlichen Besitzes und der Kontrolle aus, und das gilt auch für das zweite Prinzip der Würde, das von uns verlangt, Verantwortung für unsere eigenen Leben zu übernehmen.
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    Manche Ressourcen müssen hingegen unvermeidlich als öffentliche Güter verstanden werden, andere sollten vom Staat genau kontrolliert werden, um zu

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