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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Nolte hatten Mühe sie zurückzuhalten. »Was die Entführung von Natalia Horn und die Forderungen der Entführer angeht, da kann ich Ihnen nur eins sagen…«
    »Einen Moment, Herr Funkel!« Alle blickten nach rechts zum Staatsanwalt. Irritiert hielt Funkel inne und wandte ebenfalls den Kopf. »Wir wollen uns hier nicht in persönliche Befindlichkeiten retten…« Funkel traute seinen Ohren nicht. »Diese Entführung geht uns alle an, Sie von der Presse und uns auch, und wir brauchen uns nichts vorzumachen, dies ist kein gewöhnlicher Fall, den wir mit den üblichen Mitteln zu einem hoffentlich guten Ende bringen werden. Dieser Fall verlangt von uns einen schärferen Blick als sonst, auf die objektiven Gegebenheiten genauso wie auf unser individuelles Befinden, wir können uns hier nicht raushalten, niemand, Sie nicht und wir nicht. Niemand will Sie maßregeln, schreiben Sie, was Sie für das Richtige halten, was Sie verantworten können, egal, ob wir mit Ihnen einer Meinung sind oder nicht. Ich und mein Kollege Funkel, den ich schon lange kenne, wir wissen genau, wie sehr wir auf Ihre Unterstützung in diesem schwierigen Fall angewiesen sind. Helfen Sie uns, helfen Sie mit, diese Verbrecher zu stellen und Frau Horn zu befreien! Machen Sie in Ihren Berichten deutlich, dass die Forderungen der Entführer Wahnsinn sind und zum Verwerflichsten zählen, was wir in einer politischen Auseinandersetzung je gehört haben! Oder sind Sie da anderer Meinung? Meine Kollegen, Kriminaloberrat Funkel und sein Team, leisten eine fabelhafte Arbeit, auch wenn Ihnen das auf den ersten Blick nicht so vorkommt, weil wir nicht jedes Ergebnis sofort preisgeben und uns gegenseitig auf die Schulter klopfen. Und Pannen passieren immer wieder, bei Ihrer Arbeit wie bei unserer. Wir können uns deswegen kritisieren, aber wir müssen wissen, wann dieses Spiel zu Ende ist. Jetzt ist es zu Ende. Wenn Sie für die Ausweisung von Lucy Arano sind, schreiben Sie es, aber schreiben Sie nicht, dass die Entführer Recht haben! Stellen Sie da keinen Zusammenhang her, begeben Sie sich nicht argumentativ auf die Ebene von Verbrechern. Unser Rechtsstaat braucht solche Leute nicht. Und nun bitte ich Sie, kehren wir zur Sachlichkeit zurück, lassen Sie uns rausfinden, wie wir unsere Effektivität gegenseitig nutzen können, wenn Sie möchten.«
    Er sah Funkel an, dessen Gesicht wächsern und alt wirkte, als er sagte: »Vielleicht machen wir mit den Ergebnissen der Analysen des Briefpapiers und der Schrift weiter?«
    Im Blitzlicht der Fotografen und im Schein der Kameralampen kam er sich vor wie verhöhnt von tausend Augen. Während er weiterredete, hörte er seine Stimme wie die eines Kranken, der mürrisch zu sich selber spricht.
    »Sie plädieren«, sagte Funkel in seinem Büro, »für die Abschiebung dieses Mädchens.«
    »Selbstverständlich«, sagte Niklas Ronfeld. Vor einer Viertelstunde war die Pressekonferenz zu Ende gegangen und noch immer standen Reporterteams in den schmalen Gängen und versuchten, jeden Polizisten, der vorüberkam, in ein Gespräch zu verwickeln. Gemeinsam mit dem Staatsanwalt, Thon und Tabor Süden, den Funkel gegen Thons Willen mitnahm, hatte sich der Dezernatsleiter in sein Büro zurückgezogen. Er befahl Veronika Bautz, niemanden hereinzulassen und kein Telefongespräch durchzustellen, auch wenn der Bundeskanzler persönlich anrufen sollte.
    »Damit begeben Sie sich auf dieselbe Stufe wie die Entführer«, sagte Funkel. Alle standen, der Staatsanwalt mit seiner grauen, glänzenden Aktentasche halb zur Tür gedreht, was aussah, als wolle er jeden Moment hinausgehen. Funkel war klar, dass Ronfeld kein Interesse an einer Diskussion hatte, schon gar nicht über Kompetenzen.
    »Verehrter Funkel«, sagte Ronfeld mit dem Gesichtsausdruck von jemandem, der seinem Gegenüber die Gnade der Geduld deutlich spüren ließ, »gegen die Medien lässt sich keine Politik machen, das ist sogar hier in Bayern so. Ich habe Respekt vor der öffentlichen Meinung, auch wenn sie polemisch und manchmal brüllend daherkommt. Was die Zeitungen schreiben und was das Fernsehen in seinen Nachrichten sendet, das hat uns verdammt noch mal zu interessieren, wir sind Teil davon. Und wir benutzen die Medien, wann immer wir sie brauchen. Also lassen wir das! Eine Frau ist entführt worden, rechtsradikale Fanatiker versuchen, die Stimmung in dieser Stadt und nicht nur hier für ihre Zwecke zu nutzen, und was die tun, ist pervers. Glauben Sie, ich befürworte

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