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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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und schneller war als jeder Löwe und jeden Morgen am Horizont auftauchte und die Sonne begrüßte, voller Stolz und Schönheit. Erinnerst du dich an Ngomi? Ich musste dauernd an sie denken, die ganze Zeit, jetzt, da ich wieder auf der Flucht bin…«
    Während der Fahrt las Christoph Arano immer wieder den Brief, den er seiner Tochter in Tabor Südens Wohnung geschrieben hatte, den Brief, den er den wütenden Bildern in sich abgetrotzt hatte in der Stille dieses eigentümlich riechenden Zimmers. Wenn er nicht geschrieben hätte, hätte er mit den Fäusten das Fenster zertrümmert und das Glas zwischen den Händen zerrieben. Beim Schreiben aber kehrte ein Teil seiner Sanftmut zurück, die Natalia so mochte und manchmal auch zornig machte, genauso wie früher Linda…
    »… Ich fühle mich nicht mehr stolz und schön, schon lange nicht mehr, und ich weiß, wie du dich fühlst. Alle Leute denken, du bist stolz auf das, was du anstellst. Ich weiß, dass du es nicht bist, ich weiß, dass du ein ratloses Mädchen bist und ich bin kein Gefäß für deine Wut. Ich habe versagt, da haben die Leute und die Zeitungen Recht, sie verachten mich für mein Versagen, aber sie haben keine Vorstellung davon, wie sehr ich mich selbst verachte. Ich fühle sie über mir kreisen wie lauter gierige Menschenfleisch fressende Obinnas. Ich will nicht ihr Opfer sein, und ich werde auch nicht zulassen, dass sie dich fressen, obwohl sie das zum Teil schon getan haben. Gut, dass du keine Zeitungen liest, diesen Journalisten möge die Zunge abfaulen, die diese Sachen über dich verbreiten. Und es sind nicht nur feige und dumme Leute, die solche Ansichten haben, es sind normale Leute, die laut aufschreien, wenn sie deinen Namen hören, und die dich in das finsterste Verlies stecken, das sie zur Verfügung haben, das Verlies ihres Hasses. Manche geben das nicht zu, sie tun freundlich, sie bluffen, aber sie sind schlechte Bluffer, ihre Augen bluffen niemals, und daran erkennen wir sie, nicht wahr? Du durchschaust die Menschen, das hast du von deiner Mama geerbt, der konnte niemand etwas vormachen, sogar wenn einer schwieg, hörte sie die Worte dahinter. Sie war eine gnadenlose Zuhörerin und Beobachterin und musste so jämmerlich sterben…«
    Sie starb in einem Feuer, das widerloderte in seinem Kopf, jetzt, auf der Fahrt durch den Regen zum Gefängnis Am Neudeck, und vorhin im seltsam riechenden Zimmer, er sah ihr schwarzes Gesicht, das nicht schwarz war, weil sie aus Kenia stammte, sondern weil das Feuer es verunstaltet hatte, minutenlang wie aus Neid…
    »… Sogar das Feuer ist neidisch gewesen auf die Schönheit deiner Mama. Wegen dieser Schönheit war ihr Exmann auch so eifersüchtig auf mich und ich wäre es auch gewesen. Liebe Lucy, als ich Natalia kennen lernte, wollte ich nicht, dass du denkst, ich liebe deine Mama nicht mehr. Ich werde sie lieben, solange ich lebe, aber ich möchte nicht alleine leben, das ist unnatürlich, auch wenn viele Leute, vor allem die jungen, das anders sehen, ich nicht. Ich bin nicht als Einsiedlerkrebs auf die Welt gekommen, ich bin ein Mensch und Menschen müssen zusammen sein, und wenn es nur zwei sind, Mann und Frau. Wir sind zu dritt. Und deshalb muss ich alles tun, damit Natalia freigelassen wird und wir zusammen sein können. So habe ich eine Entscheidung getroffen, die auch dich angeht. Es fällt mir leichter zu schreiben als zu sprechen, deshalb bekommst du jetzt diesen Brief von mir. Du liest ihn und dann sagst du mir, was du dazu meinst. Ich hoffe, du sprichst mit mir, ich habe gehört, du bist verstummt. So wie ich nach Lindas Tod, erinnerst du dich? Ich habe damals gedacht, ich habe die Worte alle vergessen, oder sie haben mich verlassen, weil ich ihrer nicht mehr würdig war. Höre, Lucy, was ich dir zu sagen habe…«
    Er war einverstanden und erklärte, er werde sich nicht scheuen, seine Meinung auch öffentlich zu sagen, schon morgen, wenn es sein müsse.
    »Viele werden dich ins rechte Lager stellen«, sagte Kreisverwaltungsreferent Roland Grote. In den vergangenen Tagen hatte er oft mit Oberbürgermeister Ludwig Zehntner über den Fall gesprochen und am Ende landeten sie jedes Mal bei den Realitäten.
    »Ich lass mich von der allgemeinen Hysterie nicht ins Abseits drängen«, sagte Zehntner, den seine SPD- Kollegen auch als Linksaußen beim Fußball sehr schätzten. »Die Aufenthaltsgenehmigung läuft ab, eine Verlängerung ist aus den gegebenen Gründen nicht zu verantworten. Das hat nichts

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