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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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die Wände holzverschalt, ein Holztisch, ein Holzstuhl, und das Bett. Das Bett mit dem Messinggestell. Die Fensterläden waren geschlossen. Durch schmale Ritze drang Tageslicht herein. Und der Geruch von Sommerregen. In einer anderen Welt ist es ungeniert Sommer, dachte Natalia, das ist gut, dass die Natur sich nicht um uns schert, gut ist das und richtig.
    Mit gekrümmtem Rücken tapste sie hinter Rossi her. Seine Kleidung roch nach Wirtshaus. Ihr zerrissenes gelbes Sommerkleid flatterte um ihre Beine wie ein Schwarm stacheliger Schmetterlinge. Ihre nackten Füße patschten auf dem kalten Boden der Küche, wo ein Tisch voller Bierflaschen, Gläser und Teller stand.
    In einem Zimmer dahinter drehte sich Rossi vor einem gebeizten Holzschrank zu ihr um.
    »Ausziehen!«, befahl er.
    Hol dir einen runter!, dachte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Sie redete nicht und sie hatte nicht vor, je wieder damit anzufangen. Jedenfalls nicht hier. Jedenfalls nicht mit euch, ihr Wichser!
    Umringt von drei Männern und einer Frau fühlte Lucy sich ganz bei sich. Sie hatten ihr sogar eine Cola spendiert, und sie hatte das Glas ausgetrunken. Ich hätt auch die Dose genommen, ihr Superhirnis. Sie hatte es satt, hier zu sitzen, sie hatte es satt, angeglotzt und angetextet zu werden. Was wollen die alle von mir? Glaubt ihr im Ernst, ihr kriegt mich weich, ihr Windelträger?
    »Wenn du nicht mit uns sprichst, besteht die Gefahr, dass du in eine geschlossene Abteilung kommst«, sagte Hermann Gieseke, »und zwar nicht hier, sondern in der Psychiatrie. Das muss doch nicht sein, Lucy.«
    Sie wusste selber, wie sie hieß. Sie warf dem Anstaltsleiter einen abgenutzten Blick vor die Füße.
    »Sei vernünftig, Lucy!«, sagte Sebastian Fischer. Bin ich, Meister, bin ich total. Sie schenkte ihrem Anwalt ein potemkinsches Lächeln.
    »Ich sags dir jetzt noch einmal«, sagte Niklas Ronfeld, »ich bin hier, weil es ein Grundrecht auf rechtliches Gehör gibt, und das besagt, dass du dich zur Nichtverlängerung deiner Aufenthaltserlaubnis äußern darfst. Und deine Aufenthaltserlaubnis wird nicht verlängert werden, das habe ich dir schon gesagt, dein Verhalten in den vergangenen Jahren und den letzten Monaten lässt keine andere Entscheidung zu. Bitte sag was dazu, erkläre dich! Es besteht nämlich die Möglichkeit der Versagung einer Aufenthaltserlaubnis, das heißt, du dürftest bei bestimmten Anlässen wieder nach Deutschland einreisen, müsstest anschließend das Land aber wieder verlassen. Wenn du ausgewiesen wirst, darfst du nie wieder einreisen. Begreifst du den Unterschied? Du hast Einfluss auf diese Entscheidung, nach wie vor, trotz allem, was du getan hast. Wir wollen dir alle helfen, merkst du das nicht?«
    Klar merk ich das, danke für die Cola. Diesem Staatsanwalt könnte sie jahrelang zuhören, das geht da rein und da wieder raus, nur weiter, Herr Doktor!
    »Möchtest du mit deinem Vater sprechen?«, fragte Elisabeth Kurtz, die Psychologin. Lucy sah sie nicht an, sie klopfte die Sohlen ihrer Turnschuhe aneinander und wippte mit dem Oberkörper vor und zurück. In ihr tuschelten Kobolde und redeten ihr das ein und jenes, und sie war schon ganz irre davon.
    »Okay«, sagte sie und presste die Lippen zusammen.
    »Sie redet wieder!«, sagte Gieseke.
    »So ein Gespräch kann nur unter Aufsicht stattfinden«, sagte Ronfeld.
    »Dann vergiss es, du Blödmann!«, schrie Lucy und trat mit dem Fuß gegen einen leeren Stuhl, der gegen die Wand krachte.
    »Versuchen wir es«, sagte Elisabeth Kurtz. »Wo hält sich Herr Arano im Moment auf?«
    Niemand konnte ihr eine Antwort geben.
    »Dann ruf ich Herrn Süden an«, sagte sie. Bei der Erwähnung dieses Namens blickte Lucy auf. Sie verspürte das eigenartige Bedürfnis, diesen Kommissar sofort sehen zu wollen. Vielleicht war es auch nur seine Narbe am Hals, bei deren Anblick sie an den Mann denken musste, den sie bloß aus Erzählungen kannte und der ihrer Mutter das Leben gerettet hatte.
    Dann verscheuchten die Kobolde das Bild und Lucy versank in einem Strudel von unaufhörlichem, unerträglichem Fauchen.
    »Liebe Lucy, erinnerst du dich an Mamas Freude an Spinnen? Sie redete sogar mit ihnen, sie ließ sie über ihre Hand krabbeln und erzählte ihnen Geschichten aus ihrer Heimat. Ich weiß noch, einmal hast du dich heimlich ins Zimmer geschlichen und zugehört und Linda hat nicht gemerkt, dass du da warst. Sie hat der Spinne die Geschichte von der Antilope Ngomi erzählt, die schlauer

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