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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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mit rechtslastigem Denken zu tun.«
    »Staatsanwalt Ronfeld hat mit dem Mädchen über eine mögliche Versagung der AE gesprochen, aber anscheinend bleibt sie bei ihrer störrischen Haltung.«
    »Unter uns«, sagte Zehntner, »ich bin froh, wenn wieder Ruhe herrscht, dieses Mädchen ist schlimmer als tausend besoffene Australier auf der Wiesn.« Er erhob sich und stützte die Hände auf dem Schreibtisch ab. »Der Anwalt wird vor Gericht gehen und wir warten gelassen ab, das wäre der normale Fall. Doch im Augenblick haben wir einen Ausnahmezustand. Lass die Kripo die Entscheidung deiner Behörde wissen und gib ihnen den Rat, die Ausreise rasch zu vollziehen. Die rechtlichen Grundlagen sind vorbereitet, niemand kann uns unterstellen, wir würden überhastet handeln. Wir handeln, das ist unsere Aufgabe.«
    Da Grote nichts erwiderte, stutzte Zehntner. »Was ist? Ich bin in Eile…«
    »Es wird heißen, die Stadt geht vor den Entführern in die Knie.«
    »Bitte?« Zehntner setzte die Brille auf und kam um den Schreibtisch herum. »Wir gehen vor niemand in die Knie, wir halten uns an die Gesetze. Ich lass mich doch nicht einen Feigling nennen, nur weil ich anerkenne, was ist. Wir sind eine liberale Stadt und das bleiben wir auch.«
    »Bravo, Herr Oberbürgermeister!«, sagte Grote und zog seinen Mantel an. »Vor zwanzig Jahren hätten wir in der Partei die Ausweisung eines Kindes nicht so einfach hingenommen.«
    »Das tu ich auch heute noch nicht«, sagte Zehntner, »nur hab ich heute mehr Verantwortung als vor zwanzig Jahren. Übrigens hab ich vor einer Stunde mit Hauser, dem Staatssekretär im Innenministerium, gesprochen, der Minister unterstützt unsere Linie genauso wie der Ministerpräsident.«
    »Freut mich«, sagte Grote und gab seinem Freund die Hand. Diesen Tag, dachte der Kreisverwaltungsreferent, muss ich mir dick im Kalender anstreichen, wenn die CSU ausnahmsweise mit einer Entscheidung aus dem roten Rathaus übereinstimmt.
    Sie nahm seine Hand und drückte sie fest. Sie war einverstanden. Sie hatte den Brief gelesen und sofort gewusst, dass ihr Vater Recht hatte. Was sollten sie noch hier? Im Land der Obinnas? Sie zog ihn zu sich herunter, denn er war stehen geblieben, während sie las, und er setzte sich neben sie. Zehn Minuten hatte ihnen der Anstaltsleiter erlaubt allein miteinander zu sprechen. Aber bis jetzt hatte Lucy noch kein Wort gesagt. Sie lehnte sich an ihren Vater, den Brief in der Hand, und strich mit den nackten Füßen über den Boden.
    »Du wirst dich erkälten«, sagte Arano. Er stimmte in ihr Schweigen ein und sie strichen beide mit den Füßen über den Boden, Arano trug schwarze Schuhe, die grau von Staub waren.
    Nach einiger Zeit, während sie dem Singen der Vögel draußen auf den regennassen Zweigen zuhörten, sagte Arano: »Wir fliegen noch heute Abend, ich hab dem Kommissar gesagt, die Entscheidung ist unwiderruflich. Entschuldige, dass ich über deinen Kopf hinweg gehandelt hab. Ich wollte keine Zeit verlieren. Aber wenn du sagst, du kannst nicht, du bist dagegen oder du hältst das für eine dumme Idee, dann…«
    »Ich komm mit«, sagte sie leise. Er hätte ihre Stimme liebkosen können.
    »Die Entführer werden Natalia freilassen«, sagte er und streichelte ihre schwarzen Zöpfe, »und dann werden wir weitersehen. Erst einmal bleiben wir in Lagos und machen Urlaub. Stell dir vor, ich muss meine eigene Sprache wieder lernen…«
    »Aber du kannst doch Englisch!«
    »Ja, aber das ist nicht dasselbe. Eine Stiefmutter kann nie deine richtige Mutter ersetzen…«
    Er verstummte. Vielleicht hätte er das nicht sagen sollen, das war ein heikles Thema und es gehörte nicht hierher. Wieso hatte er diese Bemerkung gemacht, er hätte sich…
    »Manchmal schon«, sagte Lucy. Sorgfältig, als handelte es sich um ein altes Schriftstück, faltete sie den Brief zusammen, küsste ihn, was Aranos Herz berührte, und steckte ihn in die Gesäßtasche ihrer Jeans. Dann zog sie aus der anderen Tasche einen Zettel hervor.
    »Ich hab ein Gedicht geschrieben«, sagte sie. Arano war verblüfft. »Ein Gedicht? Hast du schon öfter Gedichte geschrieben?«
    »Nein, das ist mein erstes.«
    »Und…« Die Überraschung ließ Arano für ein paar Sekunden alle Furcht vergessen. »Und wo hast du denn einen Stift und das Papier her? Hier ist doch alles leer.«
    »Hab ich der Psychotante vom Schreibtisch geklaut«, sagte Lucy, »als sie mal wieder geheult hat. Willst du das Gedicht hören?«
    »Natürlich«, sagte

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