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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Besprechung teilgenommen – das tat er nie –, doch Scholze hatte mit ihm telefoniert und sein Einverständnis für die Durchführung einer Abstimmung erhalten. Die Bedenken, die der Bäckermeister Gustav Heffner vorbrachte, sein Name könne im Zusammenhang mit dem neuen Projekt in der Öffentlichkeit auftauchen, zerstreute Scholze. »Niemand erfährt, wer dahinter steckt.« Reiner Wicke, der kurz vor den Prüfungen zum Malermeister stand, atmete auf. »Unsere Namen kennt niemand, die Kameraden an der Front werden speziell ausgewählt, sie sind unbescholtene Bürger.« Auf die Frage des Versicherungsangestellten Vaclav Capek, ob das Ansehen der Deutschen Republikaner nicht eventuell durch die geplanten Aktionen geschädigt werde, sagte Scholze:
    »Kameraden in Stralsund haben am letzten Wochenende eine Aktion auf offener Straße gestartet, es ging um zwei Vietnamesen, die da am Hafen in einem Lokal als Kellner arbeiteten. Die Kameraden haben erst mit dem Wirt geredet und die beiden dann sofort mitgenommen. Die Leute haben zugesehen und geklatscht. Die Wasserschutzpolizei hat die beiden dann aus dem Kanal gezogen, der eine ist inzwischen leider verstorben, er hatte ein Herzleiden, ein Geburtsfehler. Nach der Aktion am Hafen haben die Kameraden Material unserer Partei verteilt, da blieb nichts übrig. Was wir tun, ist richtig, und das wissen die Leute.«
    »Aber Bayern ist nicht McPomm«, sagte Waltraud Mayer und knubbelte Ronnys Ohr.
    »Noch nicht«, sagte Scholze und alle lachten und Roberto, der Wirt, brachte eine Runde Grappa.
    Und nun, einen Tag später, wartete Scholze vor dem Kaufhaus beim Stachus auf Giesings bekanntestes Liebespaar und auf Franz Lechner, einen Kfz-Mechaniker, der im Moment viel Zeit hatte und ein zuverlässiges Mitglied der Deutschen Republikaner war.
    Für den Notfall hatte Scholze sein Taxi in der Nähe des Kaufhauses geparkt.
    Doch an einen Notfall wollte er nicht denken. Keine Störung, keine Panne, alles ruhig, alles überlegt – es war sein persönlicher Ehrgeiz dafür zu sorgen, dass die Geburtsstunde der Aktion D reibungslos verlief. Er trug die Verantwortung, er war der Kopf. Ich bin die Kraft, die die Faust ballt. Das hatte er heute Morgen zu seiner Frau gesagt, als sie noch im Bett lagen und er ihre Hand zu seinem Bauch dirigierte. »Ja, mein Philosoph«, hatte Senta erwidert und ihre Finger spielen lassen.
    Ich bin kein Philosoph, dachte er jetzt, ich bin ein Taxifahrer, der sich was traut. Auf der Rolltreppe aus dem Stachus-Untergeschoss kamen Waltraud Mayer und ihr Freund Ronny nach oben gefahren und küssten sich. Scholze schüttelte den Kopf. Im Vorbeigehen trat Ronny einem der beiden Bettler, die vor dem Eingang des Kaufhauses hockten, gegen das Schienbein. Der Mann gab keinen Laut von sich und hob nur erschrocken den Kopf.
    »Lauter Grattler.« Ronny streckte Scholze die Hand hin.
    »Hallo!«, sagte Waltraud.
    »Ihr seid zu spät«, sagte Scholze.
    »Scheiß-U-Bahn«, sagte Ronny und zündete sich eine Zigarette an.
    »Wo ist Franz?«, fragte Waltraud.
    »Schon drin«, sagte Scholze. Er hatte ihn vorausgeschickt, damit er mit der Frau, um die es ging, schon mal ein paar Worte wechselte und die Lage sondierte.
    Dann warteten sie, bis Ronny seine Zigarette geraucht hatte, und gingen hinein, das Giesinger Traumpaar voraus, Scholze hinterher. Er war nur da, um aufzupassen. Er gehörte überhaupt nicht dazu, er würde ein zufälliger Kunde sein, einer, der hinzukam und den Zeugen machte. Er hielt Ausschau nach weißen Unterhosen, Größe acht.
    »Die gibts da drüben«, sagte die Verkäuferin mit der goldumrandeten Brille und zeigte auf einen Tisch voller durchsichtiger Schachteln. Er ging hin, nahm eine Packung heraus, ließ seinen Blick schweifen und wandte sich noch einmal an die Verkäuferin.
    »Wegen Hemden frag ich Ihren Kollegen dort hinten?« Sie schaute in die Richtung, in die er mit dem Kinn gedeutet hatte.
    »Das ist kein Kollege«, sagte sie. »Die Frau mit dem Kopftuch ist eine Kollegin, der Herr ist ein Kunde.«
    »Warum trägt die Frau ein Kopftuch?«
    Sie sah ihn an. Sie trug ein goldenes Kettchen um den Hals und runde, glänzende Ohrringe. Scholze fand, sie hatte sich ganz schön herausgeputzt für ihren Job.
    »Nuriye ist Türkin«, sagte sie und senkte ihre Stimme.
    »Sie muss das Tuch wegen ihrer Religion tragen, hat sie gesagt. Ich hab da nichts dagegen, aber die meisten Kunden mögen das nicht. Die halten das für eine Belästigung, entschuldigen Sie, es

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