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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Arm kam, er war eher ein schmächtiger Typ, nach außen hin, und als Traudi ihn das erste Mal Grischberl genannnt hatte, hatte er ihr eine verpasst, mehr aus Versehen, wie er ihr hinterher sagte: »Des war ein Reflex, so bin ich eben.« Es passierte immer wieder, dass einer ihn unterschätzte, und das setzte dann Reflexe frei.
    »Des is ein psychischer Vorgang, da kann ma nix machen, da bist ausgeliefert, da gehts durch mit dir.«
    Beim zweiten Geschäftsführer des Kaufhauses in der Nähe des Stachus war es wieder so weit. Nach dem ersten Schlag, den sein Boss Scholze ausdrücklich erlaubt hatte, verspürte Ronny ein extrem starkes Wummern im Bizeps. Er holte gleich noch mal aus und diesmal kippte der Krawattenträger wortlos vom Stuhl. Ronny zerrte ihn an der Krawatte um den Schreibtisch herum und ließ ihn direkt vor Traudis Beinen los. Waltraud Mayer stand an der Tür, die sie abgesperrt hatte. Durch das Fenster fiel Sonnenlicht und es wurde heiß im Büro. Dauernd klingelte das Telefon. Rechts an der Wand stand ein Kleiderständer aus Chrom, an dem ein dunkles Sacko hing. Das weiße Hemd, das Jens Zischler trug, war blutverschmiert und hing ihm aus der Hose. Um den Schreibtisch führte eine rote Schleifspur, die von der blutgetränkten Krawatte stammte, bis zur Tür.
    »Warum?«, wiederholte Ronny.
    »Beeil dich!«, flüsterte Traudi. Scholze hatte ihnen befohlen, den Einsatz in drei Minuten zu erledigen, nun waren bereits mindestens fünf vergangen. Traudi kam es vor, als wären sie schon eine Viertelstunde in diesem stickigen Raum. Wie Ronny hatte sie eine schwarze Mütze über den Kopf gezogen, mit drei Schlitzen für die Augen und den Mund. Unter der Aufsicht und begleitet von schlauen Kommentaren ihres Geliebten hatte sie heute Nacht die Löcher in die Mützen geschnitten, erst mit einer normalen Schere, dann mit einer Nagelschere und schließlich hatte sie die heraushängenden Fäden vernäht, damit die Wolle sich nicht auftrennte, während sie im Einsatz waren.
    »Was tust du mit der Frau?«, fragte Ronny und presste Zischlers Kopf zwischen seine Knie. Dem Geschäftsführer rannen die Tränen über die Wangen, seine Augen waren so rot wie sein ganzes Gesicht, das Ronny mit den Beinen zusammenquetschte. Die Backen blähten sich auf und die Lippen traten wulstig hervor.
    »Ha?« Vorhin, als er nicht gleich antwortete, hatte Ronny ihm noch eine mit dem Schlagring verpasst und jetzt holte er wieder aus.
    »Nicht!«, stieß Traudi hervor. Sie schwitzte am ganzen Körper. Sie hatte einen grauen langen Mantel angezogen, der sie beim Gehen irritierte.
    In Panik klopfte Zischler mit der flachen Hand auf den Boden. Der plötzliche Besuch dieser beiden Maskierten erschien ihm wie eine Heimsuchung, zunächst hatte er überhaupt nicht verstanden, was sie von ihm wollten.
    »Red!«, schrie Ronny.
    »Leise!«, sagte Traudi.
    »Ich… ich…«, Jens Zischler brachte kaum ein Wort heraus, weil Ronny, der vor ihm stand, sein Gesicht zwischen den Knien malträtierte. »Die Frau… die ent… entlass ich… oo… okay?«
    »Wann?« Ronny packte ihn an den Haaren und zerrte ihn in die Höhe. Zischler röchelte, riss die Augen auf, atmete mit weit aufgerissenem Mund.
    »H-h-h-heut noch…« Angstvoll blinzelte er den maskierten jungen Mann an. Sein Hemd und seine Hose waren nass von Schweiß und jetzt bemerkte er das Blut, das überall klebte, auf seiner Haut, auf dem Teppich, auf seinen Schuhen, auf…
    »Wenn net, bring ich dich um!«
    Ronny ließ ihn los. Zischler schwankte. Er wollte noch etwas sagen, etwas fragen, was genau, wusste er nicht, aber er wollte, dass sie ihm irgendeine Erklärung gaben, irgendeinen Grund nannten, warum sie das taten, warum sie ausgerechnet ihn ausgesucht hatten, und was die junge Türkin, die seit einem Monat bei ihm arbeitete, damit zu tun hatte. Zischler streckte die Hand aus, sein Arm zitterte, aber er konnte nicht anders. Er sah, dass Blut auf seinen Arm tropfte, auf den Ärmel seines weißen Hemdes, woher kam das? Verwirrt schaute er zur Tür, die jetzt von außen geschlossen und abgesperrt wurde. Ich bin eingesperrt, dachte er vage, ich komm hier nicht mehr raus.
    Minutenlang stand er mit ausgestrecktem Arm in seinem Büro, in dem es inzwischen fünfundzwanzig Grad hatte, erfüllt von Entsetzen und dieser Stimme, die in seinem Kopf widerhallte und ihm ein einziges unfassbares Rätsel war. Von seiner Wange, wo die Schläge ihn getroffen hatten, floss unaufhörlich Blut. Er hatte das

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