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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Gefühl, sein Gesicht würde in Flammen stehen, so stark war dieses Brennen, das ihn endlich aus der Erstarrung riss. Laut brüllend trommelte er gegen die Tür und weil lange niemand reagierte, schlug er mit dem Kopf dagegen und sein Blut spritzte an die Wand. Als der Angestellte vom Schlüssel und Schuhservice die Tür öffnete, nachdem niemand einen Ersatzschlüssel aufgetrieben hatte, lag Jens Zischler vor seinem Schreibtisch und klammerte sich an einen Stuhl wie an ein Stück Holz im offenen Meer.
    »Wieso hat das so lang gedauert?«
    Scholze hatte sich mit Ronny und Waltraud in seinem Stammlokal verabredet. Die beiden waren eine halbe Stunde vor ihm da gewesen, weil er zuvor noch Franz Lechner neue Anweisungen geben musste.
    »Der Typ hat net kapiert, um was es geht«, sagte Ronny, trank Bier und rauchte. Neben ihm saß Waltraud und aß einen Salat. Sie wäre lieber zuerst nach Hause gefahren, um zu duschen. Und vielleicht mit Ronny einen Quickie hinzulegen. Aber er hatte darauf bestanden, sofort in die verabredete Gaststätte zu fahren. Er war aufgedreht. Und er trank schon wieder, was Waltraud ärgerte.
    »Du hast dich nicht an die Abmachung gehalten.« Scholze trank Mineralwasser. In einer Viertelstunde fing sein Taxidienst an. Er wartete auf eine Reaktion. Ronny kippte sein Bier hinunter und winkte der Bedienung.
    »Hey, Clara, Nachschub!« Er stellte das leere Glas auf den Tisch und hob den Kopf.
    »Is was? Ich hab dem Mann gsagt, was Sache is. Die Türkin fliegt raus, des schwör ich dir. Der Typ hat gheult wie ein Baby.«
    »Wenn er die Türkin nicht entlässt, fliegst du raus«, sagte Scholze. Er hatte gleich gespürt, dass es ein Fehler war, Ronny zu engagieren. Er wollte Traudi mit dabei haben, sie war eine gradlinige Frau, sie war die Richtige für so eine schwierige Aufgabe, und er hatte sich von ihr überreden lassen, ihr neues Spielzeug mitzunehmen. Wenn er ihn jetzt anschaute, diesen Hänfling mit dem blassen Gesicht und der abgerissenen Lederjacke, dann konnte er nicht fassen, was er getan hatte. Was hab ich mir bloß von dem versprochen? Wieso bin ich auf seine Sprüche reingefallen? Und auf die von Traudi? Die haben mich den ganzen Abend zugelabert und ich hab mich weich kochen lassen.
    »Einen Kaffee bitte!«, rief Scholze zum Tresen, wo Clara Bier zapfte. Ja, Ronny war ein unerschrockener, mutiger Kerl, er fragte nicht lange, er handelte, er nahm die Dinge in die Hand, das war eindeutig. Man konnte ihn gebrauchen. Aber er, Scholze, kannte ihn erst seit ein paar Wochen und da auch nur von Abenden, an denen er sich die Hucke voll soff und davon redete, was er für dieses Land alles tun könne, wenn man ihn ranließe. Einiges von dem, was er so daherredete, fand Scholze ganz brauchbar, zum Beispiel seine Idee von der negerfreien Zone. Im Grunde war es nicht seine Idee, sondern die der Kameraden aus Ostdeutschland. Dort gab es Orte, deren Marktplätze für Ausländer gesperrt waren, einfach deshalb, weil ein paar Jungs die Gegend sauber hielten. Die Anwohner waren erleichtert und wenn die linken Reporter kamen, sagten sie ihnen, dass sie sich jetzt sicherer fühlten und es im Ort noch hundert andere Plätze gebe, an denen die Neger sich treffen und tanzen könnten. Dabei dachte Scholze die ganze Zeit an seinen Angestellten Herbert, für den er bei der Polizei eine falsche Aussage gemacht hatte. Raste der Trottel diesem Mädchen hinterher! Im Taxi! Am hellen Tag! Natürlich musste er Sick schützen, er war Parteimitglied und absolut zuverlässig, er war ein ordentlicher Fahrer, der ihn noch nie übers Ohr gehauen hatte wie viele andere, die schon für ihn gefahren waren. Auf Herbert war Verlass. Ihn hatte Scholze für den ersten Einsatz der Aktion D haben wollen, ihm hätte er die Ehre gegönnt, dabei zu sein in der Stunde null. Und dann hatte Herbert ihm abgesagt, angeblich hatte er sich den Magen verdorben, den Magen! Schnaps hatte er wieder getrunken, obwohl der Arzt ihm das verboten hatte. Er war erst zweiunddreißig, hatte aber anscheinend schon irgendwas an der Leber, wie sie ihm im Krankenhaus erklärt hatten. Und warum soff er Schnaps? Scholze wusste es: Weil Herbert mit seiner Alten nicht klarkam, die hackte auf ihm rum, die brauchte dauernd Geld und hatte was dagegen, dass er zu den Parteiversammlungen ging und sich engagierte. Immer wieder trichterte ihm Scholze ein, eine Frau, die den Weg des Mannes nicht teilt, ist die falsche, aber Herbert hörte nicht auf ihn. Er blieb bei ihr, und

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