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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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sie machte ihn fertig. Und dann fing er an, Schnaps zu saufen. Auch im Dienst. Und das war geschäftsschädigend. Scholze gab Senta Recht, wenn sie sagte, der Herbi ist ein Pfundskerl, aber er hängt am Rockzipfel von dieser Frau und so was ist auf die Dauer peinlich für einen Mann. Scholze hatte noch etwas gut bei ihm und je länger Herbert sich nicht erkenntlich zeigte, desto schwieriger würde es für ihn werden sich zu revanchieren. Natürlich konnte er ihn nicht zwingen, schon gar nicht in diesem Fall, bei dem es mehr auf Kaltschnäuzigkeit als auf brave Gefolgschaft ankam. Insofern war Ronny vielleicht doch nicht die schlechteste Wahl gewesen. Vielleicht, überlegte Scholze und sah auf die Uhr.
    »Ja endlich!«, sagte Ronny laut, als Clara das Bier brachte.
    »Schläfst du noch oder was? Bist wieda mitm Nageln net fertig gworden heut früh!«
    »Sauf net so viel«, sagte Clara, »dann redst weniger Blödsinn.«
    Sie stellte den Kaffee vor Scholze hin. Da schnellte Ronny in die Höhe und schlug Clara, die sich noch über den Tisch beugte, mitten ins Gesicht. Dann setzte er sich wieder und trank einen Schluck Bier.
    Clara stand reglos da. Der Wirt hatte das klatschende Geräusch gehört und kam hinter dem Tresen hervor. Waltraud wischte sich den Mund ab und blickte zu Boden.
    »Hau ab, Ronny!«, sagte Clara und hielt die Hand an die Wange. »Du hast hier Hausverbot, und zwar für immer.«
    »Er geht gleich«, sagte Scholze zu ihr. Sie verschwand in der Küche.
    Ronny zündete sich eine Zigarette an und sog den Rauch vollständig ein.
    »Du bist raus«, sagte Scholze. »Du kannst in der Partei mitmachen, wenn du willst, aber ansonsten will ich dich nicht mehr sehen. Und halt ja dein Maul über das, was heut passiert ist! Pass auf ihn auf, Traudi!«
    Waltraud nickte und legte ihre Hand auf Ronnys Bein. Scholze war wütend über sich. In Zukunft würde er sich jeden Bewerber zehnmal anschauen, bevor er sich entschied. Saufende Hooligans brauchte er nicht, was er brauchte, waren Männer und Frauen mit Verstand, die wussten, wofür sie sich einsetzten und Gefahren in Kauf nahmen. Scholze plante kein Sammelbecken für tumbe Schläger, die Spaß am Zertrümmern hatten. Was ich mir vorstelle, ist ein nationales Sicherheitskorps, eine freiwillige Einsatztruppe, die deutsche Interessen vertritt, wenn der Staat versagt. Wir handeln im Dienste des Landes, seiner Menschen und deren Zukunft. Einen Mann wie Ronny Schmid hielt Scholze für einen Dummkopf, der den Zielen der Aktion D nicht nur schadete, sondern sie geradezu torpedierte. Er war heilfroh, ihn los zu sein.
    Die Wunde im Gesicht musste genäht werden, ein Zahn wurde ihm gezogen und er bekam eine Valiumtablette. Mehrmals war er von seinem Platz aufgesprungen, hatte die Arme hoch gerissen und sich auf den Boden fallen lassen, was wegen der frisch genähten Wunde besonders gefährlich war. Seine Freundin Ellen und eine Krankenschwester versuchten vergeblich ihn zu beruhigen.
    Er hockte im Erdgeschoss des Schwabinger Krankenhauses auf einem Plastikstuhl und stierte vor sich hin. Sein Gesicht war zur Hälfte eingebunden und auf seinen Händen klebten Pflaster. Patienten und Besucher, die an ihm vorübergingen, grüßten ihn, weil er sie anschaute. Aber er reagierte nicht. Am Eingang warteten zwei unifomierte Polizisten darauf, mit ihm sprechen zu können.
    »Gehts besser?«, fragte Ellen. Die Polizei hatte sie in der Kanzlei angerufen, wo sie als Sekretärin arbeitete, und sie war sofort losgefahren. Unterwegs kaufte sie für ihren Freund zwei T-Shirts und einen Trainingsanzug, denn die Polizistin am Telefon hatte sie gebeten, etwas zum Anziehen mitzubringen. Als sie ihn auf der Bahre liegen sah, erschrak sie. Sie streichelte seinen Arm und Jens Zischler schloss die Augen.
    »Wir können noch hier bleiben, ich habs nicht eilig«, sagte sie. Er schwieg.
    »Oder möchtest du lieber in den Garten raus?«
    Sie strich ihm über den Rücken, lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Dann bemerkte sie, dass er ihre Beine anschaute, und das freute sie.
    »Das wirkt also noch«, sagte sie.
    Abrupt stand er auf und ging, den Blick stur nach vorn gerichtet, auf die Eingangstür zu. Sie nahm die Papiertüte mit seiner blutverschmierten Kleidung und folgte ihm. Er stieß die Tür auf und trat ins Sonnenlicht hinaus. Unter seinen schwarzen, glänzenden Halbschuhen knirschte der Kies. Ellen hatte die Schuhe vom Blut gereinigt und sie mit einer Zeitungsseite abgerieben. An

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