German Angst
der Straße blieb Zischler stehen und drehte sich zu den beiden Polizisten um, die ihm gefolgt waren.
»Wo läufst du denn hin?«, rief Ellen ihm hinterher.
»Bitte warten Sie einen Moment!«, sagte Polizeihauptmeister Klaus Ring, ein untersetzter Mann Mitte vierzig, der ein Diktaphon in der Hand hielt und von Polizeiobermeister Georg Siebert begleitet wurde. »Sie müssen uns noch ein paar Fragen beantworten.«
»Ich hab alles gesagt.« Zischlers Stimme klang rau und müde. Er legte den Kopf in den Nacken und schaute in die Sonne. Ellen nahm seine Hand.
»Lass uns zu dir fahren«, sagte sie. Ihr schwarzes Golf Cabrio stand direkt vor dem Krankenhaus.
»Sie haben uns die zweite Person noch nicht beschrieben«, sagte Siebert.
»Ja«, sagte Zischler.
»Für mich keinen Kaffee«, sagte Klaus Ring, als sie in Zischlers Wohnzimmer saßen und Ellen sie bediente. Die Wohnung lag in der Neureutherstraße, schräg gegenüber dem Isabella, einem Programmkino.
Das Zimmer war klein und hell. In der Ecke, neben der Compact-Stereoanlage, stand in einem Christbaumständer ein Metallpfosten, an dessen oberem Ende ein blaues Schild mit weißer Schrift angeschraubt war: EINBAHNSTRASSE. Auf dem runden Glastisch beim Fenster stapelten sich Reisemagazine. Auf dem riesigen Fernseher thronte ein gläserner Maßkrug, aus dem ein Stoffdackel mit einer Polizeimütze herausschaute.
»Tschuldigung«, sagte Zischler, als er Rings Blick zum Fernseher bemerkte.
»Sieht doch spaßig aus«, sagte Ring. Er stellte das Diktaphon auf den Tisch, sah Zischler an, der auf der Couch saß, zurückgelehnt, breitbeinig, zerstreut, und nahm das Gerät wieder in die Hand. »Bitte sprechen Sie so deutlich wie möglich, mein Kollege macht sich Notizen, aber ich muss das hier später abtippen. Also, Herr Zischler, wer war die zweite Person, was können Sie uns über sie sagen?«
Ellen saß auf einem Hocker, den sie aus der Küche geholt hatte, und rührte in ihrer Kaffeetasse. Es klirrte, und als sie das Geräusch wahrnahm, hörte sie damit auf.
»Sie war auch maskiert, die Person«, sagte Siebert. Der Stuhl, auf dem er saß, war ihm zu niedrig, also streckte er den Rücken, was das Schreiben nicht gerade einfacher für ihn machte. Er sank wieder in sich zusammen und legte den Block auf die Knie.
Plötzlich musste Zischler heftig schlucken und sein Blick irrte durchs Zimmer.
Sie wussten alle, warum. Stockend und unter starken Zahnschmerzen hatte er ihnen berichtet, wie der Fremde ihn traktiert hatte.
»Sie kamen in mein Büro«, begann er und Ring hielt ihm das Diktaphon vor den Mund. »Und der eine schlug mich nieder und der andere stand bloß an der Tür.«
»Wie groß war der, was hatte er an?«, fragte Ring schnell.
»So groß wie der andere.« Zischler machte eine lange Pause. Ellen stellte die Tasse auf den Tisch und griff nach der Hand ihres Freundes. »Siehst du?«, sagte sie lächelnd.
»Du kannst dich wieder erinnern.«
»Mantel, er hatte einen Mantel an. Glaub ich. Mantel und Mütze. Schwarze Mütze.« Er fühlte sich müde, er hatte keine Schmerzen, das war angenehm, der Verband drückte nicht mehr, er konnte ihn sehen, wenn er schräg nach unten blickte, ein riesiger weißer Fladen in seinem Gesicht.
»Hat der zweite Mann etwas gesagt?« Ring nahm das Aufnahmegerät in die andere Hand. Zischler schüttelte den Kopf.
»Ich wiederhole noch einmal, was Sie im Kaufhaus und dann im Krankenhaus ausgesagt haben«, sagte Ring, »zur Kontrolle. Bitte hören Sie mir gut zu, korrigieren Sie mich, wenn ich etwas Falsches sage. Die beiden drangen in Ihr Büro ein und der eine Täter ging sofort auf Sie los und schlug Sie nieder. Dann fragte er Sie etwas, was Sie nicht verstanden haben, ist das korrekt? Stimmt das, was ich sage?«
»Ja«, sagte Zischler. Den Maßkrug hatte er auf dem letzten Oktoberfest geklaut und kein Wachmann hatte etwas gemerkt.
»Hatten Sie den Eindruck, dass die beiden eine private Rechnung begleichen wollten oder glauben Sie, der Überfall hat etwas mit Ihrer Firma zu tun?«
»Weiß ich nicht«, sagte Zischler tonlos. »Ich hab nichts verstanden. Er hat dreimal auf mich eingeschlagen. Mit einem Schlagring.«
»Das haben Sie schon gesagt.« Siebert spielte mit dem Kugelschreiber. Er fand, sein Kollege war zu nachsichtig mit dem Mann, der wusste mehr, als er sagte, er musste einfach mehr wissen. Die Täter haben nichts gestohlen, sie kamen gezielt ins Büro des zweiten Geschäftsführers und verprügelten ihn. Er
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