German Angst
nicht!
»Was denkst du?«, fragte Rossi.
»Ich komm zu nichts«, sagte sie.
Mit dem Daumennagel kratzte er über ihre Brustwarze und das erregte sie.
»Ich geh schnell ins Bad.«
»Nein!«, sagte er, drehte sie zu sich herum, knöpfte ihr, ehe sie reagieren konnte, den Kittel auf, ließ ihn auf den Teppich fallen und schob sie zur Tür.
»Dreh dich um!«, sagte er.
Sie drehte sich um und stützte sich an der Wand ab. Er zog ihr den Slip aus, stellte sich hinter sie und öffnete den Reißverschluss seiner Hose.
»Beug dich weiter nach vorn!«
»Ich bin ganz verschwitzt«, sagte sie. Aber dann schrie sie kurz auf, spreizte die Beine, so weit sie konnte, und bemühte sich, seinem Tempo gerecht zu werden.
»Ruf mich das nächste Mal vom Flughafen an!«, sagte sie später im Flur. Sie zupfte Fusseln von seinem braunen Sakko, das er über der Schulter trug. Rasch hatte sie sich den Kittel halb zugeknöpft, während er den Reißverschluss hochzog, sich kämmte, sich schnäuzte und zur Tür eilte. Sie küsste ihn auf die Wange. Ungerührt ließ er es geschehen.
»Gehen wir am Wochenende aus?«, fragte sie.
»Keine Zeit«, sagte er.
»Mit wem hast du vorhin so heimlich telefoniert?«
»Beruflich«, sagte er.
Er machte die Tür auf und drehte sich noch einmal zu ihr um.
»Rasier dich mal wieder!«, sagte er und ging weg. Sie schloss die Tür und kratzte sich zwischen den Beinen. Im Grunde mochte sie ihn nicht besonders, es war nicht das erste Mal, dass sie sich fragte, warum sie sich von ihm behandeln ließ wie eine Vorstadtmatratze. Der platzt hier rein, redet ein bisschen rum aus lauter Höflichkeit und wartet bloß darauf, dass er endlich losnageln kann, und ich find das auch noch aufregend.
Nur weil er sie alle vier Wochen zum Essen einlud und sie in ein paar Bars schleppte, wo er Champagner bestellte und so tat, als wäre er nicht nur ein Schrankverkäufer, sondern der Herr Krügel persönlich, brauchte sie ihm noch lange nicht ihren Hintern hinzuhalten, wenn ihm danach war. Obwohl sie ihm schon mehrmals gesagt hatte, dass sie es nicht mochte, wenn er unangemeldet bei ihr auftauchte, war er heute wieder vor der Tür gestanden, ohne ihr vorher Bescheid zu sagen.
Heute war ihr Putztag, Mittwoch war immer ihr Putztag, er wusste das, jedenfalls hatte sie es ihm gesagt und nicht nur einmal, und da konnte sie niemanden gebrauchen. Er nahm einfach keine Rücksicht auf sie, er behandelte sie wie sein Eigentum, und dabei kannten sie sich nicht einmal gut. Dann dachte sie an Netty und ihr Studio und daran, was Netty ihr über seinen Besuch erzählt hatte. Wie gut sie sich die Situation vorstellen konnte! Ganz gleich, ob er die Person schon einmal gesehen hatte oder ob sie ihm völlig fremd war, Rossi nahm sie sofort in Beschlag und schaffte es innerhalb von Minuten, dass der andere sich auf ihn einstellte, sich herumscheuchen und beeinflussen ließ. Manchmal nannte sie Rossi einen Manipulator und es irritierte sie, dass sie nach wie vor nicht einschätzen konnte, ob er absichtlich so auftrat oder einfach gnadenlos von sich überzeugt war und gar nicht auf die Idee kam, sein Gegenüber mit seiner Art zu kränken. Oder benahm er sich nur bei Frauen so?
Wer weiß, was der alles treibt auf seinen Tagungen, dachte Helga, während sie sich duschte und hinterher am ganzen Körper eincremte. Das Einzige, was sie sicher wusste, war, dass er ledig war, so stand es in den Formularen, die er bei ihr auf der Bank ausgefüllt hatte. Aber was bedeutete das schon?
»Hallo? Wer ist da?«
Am anderen Ende war Stille.
»Hallo? Ich suche Frau Folgmann«, sagte Helga ins Telefon. Der Name war ihr so eingefallen, nachdem sie eine Zeit lang unschlüssig den Apparat betrachtet hatte. Und dann hatte sie die Taste für die Wahlwiederholung gedrückt.
»Wen?« Die Stimme am anderen Ende klang heiser, wie die eines Kranken. »Hier gibts niemand, der Folgmann heißt.«
»Wer sind Sie denn?« Das ist ja lächerlich, dachte sie, wieso hab ich das getan?
»Und Sie?«
»Ries«, sagte sie. »Wahrscheinlich hab ich mich verwählt. Hallo?«
Wieder war es still, als würde jemand den Hörer zuhalten.
»Hier ist Zischler«, sagte der Mann.
»Entschuldigung«, sagte Helga und legte schnell auf. Solange die Sonne noch so schön schien, wollte sie die vielen Blätter und den Schmutz vom Balkon fegen, die Brüstung endlich mal wieder abschrubben und anschließend die beiden Thujen umtopfen, die dringend frische Erde brauchten. Sofort streifte
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