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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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niemals! Mit mir nicht! Er würde Nuriye nicht entlassen, selbstverständlich nicht. Sie war eine freundliche, engagierte Verkäuferin, und er respektierte ihre Religion. Er hatte nicht viel Ahnung vom Islam und er fand es merkwürdig, dass die Frauen Kopftücher tragen und einen Meter hinter dem Mann herlaufen und die Wasserkästen selber schleppen mussten, was er schon oft im Westend beobachtet hatte. Aber was ging ihn das an, das war deren Sache. Seine Sache war, die Mitarbeiter zu motivieren und ein Arbeitsklima zu ermöglichen, das sich direkt auf die Kunden auswirkte und diese animierte zu kaufen. Und bei Nuriye kauften sie gerne ein, das hörte er ständig, sie sprach gut Deutsch, sie war geduldig und geschickt, sie war nicht aufdringlich, sie hörte zu und beriet die Kunden, ohne sie zu bevormunden. Dass man in einer anderen Filiale Schwierigkeiten mit ihr gehabt hatte, verstand er nicht, und die Gerüchte, man habe ihr nahe gelegt zu kündigen, weil sich einige Leute über ihr Kopftuch beschwert hätten, glaubte er nicht. Er glaubte, sie war einfach mit seinem Kollegen Schneider nicht klargekommen, der die Angewohnheit hatte, neue junge Verkäuferinnen so lange anzubaggern, bis sie mit ihm ins Bett oder zumindest zum Essen gingen. Bei Nuriye hatte er da verständlicherweise keine Chance gehabt.
    Zischler beschloss die Polizei anzurufen und zu erklären, er könne sich erst jetzt wieder an Einzelheiten erinnern und sei in der Lage, die Beschreibung für ein Phantombild zu geben. Außerdem nahm er sich vor, der Konzernleitung ein Fax zu schicken, den Überfall zu schildern und zu betonen, dass er unter keinen Umständen nachgeben werde. Schade, dass Ellen nicht mehr da ist, dachte er. Das Telefon klingelte.
    Er stand auf. Er kniff die Augen zusammen. Es war ihm unmöglich zu unterscheiden, ob der Schmerz, der sich wie ein Stacheldraht durch seinen Kopf zog, von den Zähnen oder der genähten Backe herrührte. Hoffentlich hatte er noch Dolomo im Haus. Beim Gehen stützte er den Kopf in die Hand in der verwegenen Vorstellung, auf diese Weise weniger zu spüren.
    »Hallo?«
    »Ist das Herr Zischler?«
    »Ja.«
    Eine Männerstimme sagte: »Hier Aktion D. Sie hatten heute Besuch von uns. Befolgen Sie unseren Befehl, sonst besuchen wir Sie wieder, und das ist nicht gesund für Sie. Verstehen Sie das?«
    Zischler starrte das Telefon an. Seine Hand zitterte wie die eines Parkinson-Patienten.
    »Herr Zischler?«
    »Ja«, sagte er heiser.
    »Haben Sie verstanden?«
    »Ja«, sagte er und hielt das Telefon vor seine Augen wie ein schwarzes unfassbares Ding, das er gerade gefunden hatte. Es tutete, die Verbindung war unterbrochen. Aus dem geschundenen, schmerzgemarterten Gesicht des neununddreißigjährigen Mannes verschwanden ein für alle Mal die letzten Spuren seiner Jugend.
    »Du siehst aus wie höchstens dreißig«, sagte er und lehnte sich an den Türrahmen und sah ihr dabei zu, wie sie mit einem Lederlappen das Fensterbrett abrieb. Sie trug einen geblümten Kittel und hatte die Haare mit einer Klammer hoch gesteckt, damit sie ihr nicht ins Gesicht fielen. Sie lief barfuß durch die Wohnung und jedes Mal, wenn sie an ihm vorbei musste, betrachtete er ihre rot lackierten Zehennägel.
    »Hör jetzt auf!«, sagte Josef Rossi.
    »Gleich«, sagte Helga Ries, »wenn ich gewusst hätte, dass du kommst, hätt ich früher angefangen.«
    Akribisch wischte sie mit einem Geschirrtuch den Fensterrahmen ab, auf dem sie restliche Wasserspritzer bemerkt hatte. Dann stellte sie die leeren Vasen und das Veilchen zurück auf die Marmorplatte und staubte, obwohl sie das erst vor zwei Tagen getan hatte, den Fernseher ab.
    »Ich mag das nicht, wenns so komisch knistert, wenn man hinlangt.«
    »Dann lang halt nicht hin.« Er umfasste sie von hinten, griff ihr unter den Kittel und fuhr ihr mit der Hand über die Brüste. Außer ihrem Slip hatte sie drunter nichts an.
    »Ich muss mir erst die Hände waschen und eincremen«, sagte sie. Ihr fiel ein, dass es an der Zeit war, mal wieder die Küchenschränke auszuräumen und ordentlich auszuwischen. Wenn es so heiß wurde wie jetzt, hatte sie dauernd Angst, irgendein winziges Getier könnte sich dort einnisten und in die Reistüten und Müslipackungen kriechen. Außerdem brauchte sie ein neues WC-Frisch. Vor lauter Arbeit hatte sie das heute wieder vergessen einzukaufen. Ich muss mir eine Liste machen, und unter dem Bett muss ich auch mal wieder rauswischen, nur Staub saugen reicht einfach

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