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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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respektiert wurde. Und offenbar schaffte es die Anstaltsleitung nicht, entsprechend durchzugreifen.
    Andererseits verlief die Unterhaltung besser, als er erwartet hatte, viel besser, beinah harmonisch. Er hatte schon damit gerechnet, wie an den vergangenen Tagen wieder unverrichteter Dinge abziehen zu müssen, als Lucy ihn nicht sehen wollte, wie sie überhaupt mit niemandem kommunizieren wollte, auch nicht mit ihrer Zellenmitbewohnerin Maria, mit der sie sich anfangs gut verstanden hatte.
    »Das muss nichts heißen«, sagte Dr. Elisabeth Kurtz, die Psychologin im Jugendgefängnis am Neudeck, zu Fischer.
    »Viele Jugendliche sind zuerst aufgekratzt, da finden sie die Atmosphäre hier besonders cool. Aber nach ein paar Tagen sind sie ernüchtert und manchmal deprimiert. Wir haben ein Auge auf Lucy, keine Sorge!«
    Also hatte er nicht mit ihr gesprochen und gehofft, ihr Verhalten habe nichts damit zu tun, dass sie nach zwei Wochen immer noch eingesperrt war. Heute dagegen hatte sie ihn geradezu freudig empfangen und ihm ein Glas Cola serviert. Er hasste Cola, aber ihr zuliebe trank er das Glas aus.
    »Die haben halt viel zu tun«, sagte er. »Ich hab gestern Abend wieder mit dem Richter telefoniert und er hat versprochen, dass er die Haftbeschwerde innerhalb der nächsten fünf Tage prüfen wird. Tut mir Leid, dass das so lange dauert…«
    »Alles okay«, sagte sie. Statt ihres üblichen schwarzen T-Shirts trug sie ein weißes, darüber einen grauen Pullover und viel zu große Bluejeans. Fischer fiel auf, dass ihre Fingernägel nicht mehr lackiert waren, ihr Gesicht war ungeschminkt und ihr krauses Haar wirkte ungepflegt.
    »Das Einzige, was ich will, sind meine Ringe und die Ketten wieder«, sagte sie. »Die haben wahrscheinlich gedacht, ich häng mich damit auf, die Schwachköpfe. Das sind alles Talismane, Mann. Sie müssen sie denen wegnehmen!«
    »Ich rede mit Dr. Kurtz.«
    »Und sagen Sie der Tussi, sie soll mal ein anderes Parfüm benutzen, das ist ja nicht auszuhalten!«
    »Kommst du zurecht, Lucy?«
    »Klar. Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut hab, ich muss da jetzt durch…«
    So etwas hatte sie noch nie gesagt und Fischer sah endlich eine Chance, mit dem Richter und vor allem mit seinem Freund Ronfeld ins Gespräch zu kommen. Seinem Freund! Mehr und mehr ging Fischer davon aus, dass sie nach Abschluss dieses Falls keine Freunde mehr sein würden, nur noch Bekannte, die vielleicht gelegentlich Tischtennis zusammen spielten, wenn es sich ergab, allerdings ohne persönliches Engagement, nur aus simplen sportlichen Gründen. Aber vielleicht würde er, Fischer, auch dazu keine Lust mehr haben. Der Kampf, den Ronfeld begonnen hatte, war nicht rückgängig zu machen, und Fischer nahm die Herausforderung an. Dies war ein großer, spektakulärer Fall, bei dem er sich mehr profilieren konnte als bei allen seinen Fällen bisher.
    Und ich werd gewinnen, ich schlag dich aus dem Feld, Niklas, das ist hier kein Tischtennismatch.
    »Ich hab mit Jimmy Fuchs geredet«, sagte er und schob seine Brille von der Nase hoch. »Er hat zugegeben, dass er an dem Überfall im Kunstpark beteiligt war und auch kräftig zugeschlagen hat, er wird das vor Gericht aussagen. Falls es überhaupt zu einer Verhandlung kommt.«
    »Es ist ganz gut, dass ich jetzt hier bin«, sagte Lucy, »da kann ich wenigstens nichts anstellen. Möchten Sie noch eine Cola?«
    Er verneinte. Dann redeten sie noch eine Weile über die Haftbedingungen, über die anderen Jugendlichen, die sich immer ums Fernsehprogramm stritten, und über Natalia, von der niemand wusste, wo sie steckte. Lucy war besorgt um sie und Fischer versprach ihr, sofort Bescheid zu sagen, wenn sie wieder auftauchte.
    Bevor er ging, holte sie in der Zelle ihre Bomberjacke, die sie ihr nicht abgenommen hatten, und aß einen Schokoriegel.
    »Haust du ab?«, fragte Maria und entblößte beim Grinsen ihre Zahnlücken.
    »Aber ohne dich«, sagte Lucy. Wenn sie Fischer zu seinem Auto begleitete, würde einer der Wächter mitkommen, und das war ihr egal. So schnell, wie sie weg sein würde, konnte der nicht schauen, zumal sie auch ohne ihre Schuhe mit den Stahlkappen genau ins Ziel treffen würde. Und bis er sich aufgerappelt hatte und wieder Luft kriegte, war sie längst unsichtbar. Habt ihr gedacht, ihr könnt mich einsperren wie ein Versuchskaninchen? Mich sperrt niemand ein, ihr Wichser, ich hab mich bloß ausgeruht, aber jetzt bin ich wieder voll fit, klar?
    »Wir müssen die Chefin um Erlaubnis

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