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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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fragen«, sagte Fischer.
    »Ja«, sagte Lucy, »ich stell schon nichts an, ich schwörs.«
    Zusammen mit zwei Kolleginnen saß Dr. Elisabeth Kurtz in ihrem Büro. Sie schauten einen Bericht im Fernsehen an. Lucy klopfte, trat ein und hielt inne. Was sie sah und hörte, ließ sie augenblicklich ihren Plan vergessen.
    Sie machte ein paar Schritte ins Zimmer, mit offenem Mund. Dann wandte sie sich zu Fischer um. Der Anwalt sah ebenfalls auf den Bildschirm und hörte gleichzeitig die Mailbox seines Handys ab. Und beides, der Bericht im Fernsehen und das, was er am Telefon hörte, raubte ihm die Sprache. Wie benommen stand er da, ungläubig staunend, und je länger er staunte, desto tiefer und schwärzer wurde der Abgrund, in den er sich stürzen sah.
    »Ihr Problem war, dass sie die Männer zu sehr mochte«, sagte Hella gerade zu Tabor Süden, als das Telefon klingelte. »Sex war für sie immer ein totaler Genuss, so was ist gefährlich in unserem Job. Und ich mein jetzt nicht wegen Aids, wir machens ja nur mit Gummi, sondern weil Sie eine Distanz brauchen, damit die Männer Sie nicht wie einen Putzlumpen behandeln… Hallo?«
    Die vierundfünfzigjährige Prostituierte aus dem Etablissement Rising Sun kam mit dem Telefon zu Süden.
    »Für Sie. Möchten Sie noch einen Schluck Champagner?« Süden nickte. »Ja?«, sagte er. Dann hörte er schweigend zu und legte auf. »Ich muss sofort weg.«
    »Habt ihr keine Handys bei der Polizei?«, rief Hella ihm hinterher.
    Im Besprechungsraum des Dezernats 11 gab es keinen freien Stuhl mehr, keinen Platz an der Wand, wo man sich noch hätte anlehnen können. Fast fünfzig Beamte waren zusammengekommen, um sich die Aufzeichnung des TV- Magazins »Vor Ort« anzusehen und immer wieder den Brief zu lesen, den Rechtsanwalt Fischer mitgebracht hatte und der inzwischen mehrfach kopiert worden war. Das gleiche Schreiben hatte auch die Reporterin Nicole Sorek erhalten. Während sie am Bildschirm den Text vorlas, wurden Fotos von Lucy und Christoph Arano sowie von Natalia Horn eingeblendet.

6
 
14. August
    A ufruf der Aktion D an die zuständigen Behörden, die deutsche Interessen zu vertreten haben. Wir wollen nicht länger hinnehmen, dass eine junge schwarzhäutige Schwerkriminelle die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und Polizei und Justiz offenbar unter dem Druck der Meinungsindustrie nicht fähig sind, mit allen Mitteln durchzugreifen. Daher hat sich die Aktion D im Namen aller aufrechten Deutschen entschlossen zu handeln. Entweder die zuständigen Behörden, im Speziellen das Kreisverwaltungsreferat München, verweisen Lucy Arano umgehend des Landes oder Natalia Horn stirbt. Wir haben sie in unserer Gewalt. Es liegt im Interesse Deutschlands, solche strafunmündigen Kinder mit ihren Eltern auszuweisen, und deshalb verlangen wir, dass auch der Vater von Lucy Arano, Christoph Arano, das Land verlassen muss. Andernfalls kehrt Natalia Horn nicht lebend zu ihrer Familie zurück. Lucy Arano ist ein Extremfall von Brutalität und Gewaltbereitschaft, ihr Vater hat bei der Erziehung kläglich versagt und so haben beide jedes Recht verloren, in diesem Land zu leben. Solange diese Schwerkriminelle hier lebt, sind die anständigen Bürger tagtäglich von Terror bedroht, denn Lucy Arano ist ohne weiteres ein Mord zuzutrauen. Wenn sie und ihr Vater nicht innerhalb von zehn Tagen Deutschland verlassen haben, werden wir Natalia Horn töten. Es gibt keinen anderen Weg im Sinne des Rechts und der Freiheit unseres Volkes.
    Karl Funkel schaltete den Fernseher ab.
    »LKA und BKA sind informiert, auch der Verfassungsschutz«, sagte er. »Wir werden dieser Form der Erpressung niemals nachgeben. Wir werden die Täter finden und Natalia Horn befreien. Und ich möchte, dass jeder von Ihnen, wann immer er dazu aufgefordert wird oder glaubt, seine Meinung sagen zu müssen, dass jeder von Ihnen dieses Verbrechen laut und deutlich verurteilt und sich gedanklich nicht einen Millimeter in die Nähe dieser Nazis begibt. Habe ich mich klar ausgedrückt? Wir haben es hier mit abscheulichen und brutalen Leuten zu tun. Hier geht es nicht um eine politische Meinung, die jemand hat, hier geht es um unsere Solidarität und unser Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat, entschuldigen Sie meine staatstragenden Formulierungen. Sind wir uns einig?«
    Niemand widersprach.
    »Hoffentlich kriegen wir die Typen rechtzeitig«, sagte jemand hinter Tabor Süden, der wie immer bei solchen Versammlungen nah bei der Tür

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