Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Germania: Roman (German Edition)

Germania: Roman (German Edition)

Titel: Germania: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Gilbers
Vom Netzwerk:
unkontrollierbare Unruhe ergriff Oppenheimer, so dass er sich vom Stuhl erheben musste und in dem kleinen Keller auf und ab ging. »Schön, wir bekommen immer mehr Informationen über den Mörder, doch langsam sollten es auch so viele sein, dass wir ihn fassen können. Es hilft alles nichts, Sie müssen Ihre Männer zu den Meldeämtern schicken.«
    Vogler blickte ihn aufmerksam an, offenbar bemüht, die Gedankengänge des ehemaligen Kommissars nachzuvollziehen. »Wir sollen also untersuchen, wer von den Verdächtigen zur fraglichen Zeit in Köpenick wohnte«, murmelte er.
    »Exakt. Eine ziemliche Plackerei, da wir momentan niemanden konkret verdächtigen. Alle Herren, auf die wir im Laufe der Untersuchung gestoßen sind, müssen durchleuchtet werden. Wir müssen herauskriegen, wer von ihnen die Möglichkeit hatte, das Treiben von Frau Herrmann zu beobachten. Ich erstelle gleich eine Liste. Die Personen, die am ehesten unserer vorläufigen Täterbeschreibung ähneln, werde ich gesondert markieren. Ihr Aufenthalt muss als Erstes geklärt werden.«
    »Wird sofort gemacht«, sagte Vogler und setzte sich ans Funkgerät. Dann hielt er inne. »Gruppenleiter Herrmann müssten wir auch noch mal vernehmen, um zu klären, mit wem seine Frau in den letzten Jahren Kontakt hatte.«
    Oppenheimer nickte. »Ich befürchte, das wird nicht viel bringen, doch wir sollten es versuchen.«
    »Das übernehme ich selbst«, sagte Vogler. »Ich schlage vor, dass Sie derweil nochmals die Akten überprüfen, ob es bei den anderen Mordfällen ebenfalls Verbindungen nach Köpenick gibt.« Dann gab er dem Funker den Befehl, eine Verbindung herzustellen. Auch er schien froh zu sein, endlich wieder etwas Konstruktives unternehmen zu können.

    Noch während des Alarms hatte Oppenheimer den Keller des Zehlendorfer Hauses verlassen und notierte im Wohnzimmer die Namen, die sich auf den Zetteln seines Schaubildes befanden. Danach studierte er die Akten, verbissen nach einer weiteren Verbindung nach Köpenick suchend, bis der Funker aus dem Keller des Hauses heraufkam, um die Fenster zu verdunkeln. Jetzt erst merkte Oppenheimer, dass es draußen bereits dämmerte und schon zu spät war, um Billhardt noch einen Besuch abzustatten.
    Als er sich von Hoffmann nach Hause kutschieren ließ, wurde ihm bewusst, dass er sich sowieso einen neuen Trick einfallen lassen musste, um seine Verfolger abzuschütteln, wenn er seinen alten Kollegen besuchte. Er hatte keine Lust, Vogler darauf aufmerksam zu machen, dass er einen Spitzel bei der Kripo besaß.
    Als Oppenheimer die Tür zur Küche öffnete, bereitete Lisa gerade Abendessen zu. Doch sie war nicht allein. Die alte Schlesinger saß am Küchentisch und plapperte. Lisa hatte ihr den Rücken zugedreht, um sie nicht zu ermuntern, doch offensichtlich ohne großen Erfolg. Als Frau Schlesinger sah, dass Oppenheimer gekommen war, riss sie erfreut ihre Augen auf. Jetzt hatte sie ein neues Opfer.
    »Ah, Herr Oppenheimer«, rief sie. »Ein Glück, dass Sie gerade gekommen sind. Ich habe es bereits Ihrer Gattin erzählt. Die Toilette in Ihrer Etage ist leider defekt. Mein Mann kümmert sich gerade darum, aber ich weiß nicht, wie lange es dauern wird. Sie wissen ja, wie schwer es ist, einen Handwerker zu finden, der bereit ist, in einem Judenhaus zu arbeiten. Da sagte mein Mann ›Diesmal versuch ich es gar nicht‹ und hat selbst die Sache in die Hand genommen.«
    Oppenheimer dachte daran, dass Frau Schlesinger und ihr Mann die idealen Mitarbeiter für den Sicherheitsdienst gewesen wären. Ständig mussten sie ihre Nase in die Angelegenheiten fremder Leute stecken. Während ihr Mann jedoch dabei ein recht schroffes Benehmen an den Tag legte, war sie das genaue Gegenteil. Stets war sie geradezu manisch fröhlich. Egal, worum es ging, immer war auf ihrem Gesicht ein Lächeln eingebrannt. Oppenheimer war sich nicht sicher, ob es ein Zeichen von Ahnungslosigkeit oder von geistiger Einfalt war. Wahrscheinlich beides.
    »Nun, das ist dann wohl das Vernünftigste«, antwortete Oppenheimer. Dann zog er Hut und Mantel aus und hängte sie an den Haken. Als ihn Frau Schlesinger musterte, wurde ihr fröhlicher Blick plötzlich vorwurfsvoll.
    »Aber Herr Oppenheimer!«
    Überrascht wandte er sich ihr zu. »Bitte?«
    »Aber – Ihr Stern! Na sagen Sie, wo haben Sie nur Ihren Stern gelassen?«
    Oppenheimer wusste zunächst nicht, was sie meinte. Als er ihrem Blick folgte, entdeckte er, dass an seinem Mantel der Davidstern fehlte. Er

Weitere Kostenlose Bücher