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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Maheu waren außer sich.
    »Herrgott!« schrie der Vater. »Wenn es Verräter gibt, werden wir mit ihnen abrechnen.«
    Fortgerissen von Zorn und Kummer schrie er:
    »Morgen abend Zusammenkunft im Walde! Man hindert uns, beim ›Gemütlichen‹ uns zu versammeln; wir werden also im Walde zu Hause sein.«
    Dieser Schrei hatte den alten Bonnemort erweckt, der, nachdem er die kalten Kartoffeln hinuntergewürgt, eingeschlummert war. Es war der alte Ruf zur Vereinigung, das Stelldichein der Grubenarbeiter von ehemals, wenn sie über den Widerstand gegen die Soldaten des Königs berieten.
    »Ja, ja, nach Vandame! Ich bin dabei, wenn man hingeht«, brummte er.
    Die Maheu machte eine energische Gebärde und fügte hinzu:
    »Wir alle gehen. Es muß ein Ende haben mit den Ungerechtigkeiten und Verrätereien.«
    Etienne bestimmte, die Versammlung solle in sämtlichen Arbeiterdörfern für morgen abend angesagt werden. Das Feuer war inzwischen erloschen wie bei der Levaque, und auch die Kerze ging plötzlich aus. Es war weder Kohle noch Petroleum da; man suchte tastend sein Nachtlager auf in der großen Kälte, die einem die Haut kniff. Die Kleinen weinten.
     

Sechstes Kapitel
    Johannes war geheilt und konnte wieder gehen; doch waren seine Beine so schlecht zusammengewachsen, daß er mit beiden hinkte, und man mußte ihn sehen, wie er mit seinem wackeligen Entengang ebenso schnell wie früher mit der Geschicklichkeit eines bösartigen, diebischen Tieres dahineilte.
    Diesen Abend stand bei Anbruch der Dämmerung Johannes auf der Straße nach Réquillart auf der Lauer, begleitet von seinen unzertrennlichen Genossen Bebert und Lydia. Auf einem wüsten Felde hatte er sich hinter einem Pfahlzaun verborgen, einer kleinen Gewürzkrämerei gegenüber, die an der Krümmung eines Pfades stand. Eine alte, fast blinde Frau hatte hier einige Säcke Linsen und Erbsen, ganz schwarz vom Staube, zum Verkauf ausgestellt. Johannes schielte mit seinen kleinen Äuglein nach einem alten geräucherten Stockfisch, der über und über mit Fliegenschmutz bedeckt, vor der Tür hing. Zweimal schon hatte er Bebert ausgesandt, daß er den Fisch herunterhole; aber jedesmal zeigten sich Leute an der Wegkrümmung. Es sei doch ärgerlich, meinte er, daß man in seinen Geschäften dermaßen gestört werde.
    Jetzt erschien ein Herr zu Pferde bei der Wegkrümmung, und die Kinder warfen sich neben dem Zaun platt auf die Erde, als sie Herrn Hennebeau erkannten. Seit dem Streik konnte man ihn oft so auf den Straßen einsam durch die aufrührerischen Dörfer streifend und ruhigen Mutes sich von den in der Gegend herrschenden Zuständen überzeugen sehen. Niemals flog ein Stein an seinen Ohren vorbei; er begegnete nur schweigsamen Leuten, die langsam den Hut zogen; am häufigsten stieß er auf Liebespärchen, die unbekümmert um die Politik sich in den Winkeln gütlich taten. Im Trab ritt er vorüber, das Haupt emporgerichtet, um niemandem zu stören, während er beim Anblick der Lüsternheit dieser Liebschaften im Freien sein Herz von einem unbefriedigten Bedürfnisse schwellen fühlte. Er sah sehr wohl die drei Kinder in einem Haufen beisammen, die Jungen auf dem Mädchen liegend. Selbst die Kinder suchten sich schon dieses elende Leben zu erheitern! Mit Tränen in den Augen verschwand er steif im Sattel, den Rock militärisch zugeknöpft tragend.
    »Verdammt! Wird das heute kein Ende nehmen?« fluchte Johannes... »Geh, Bebert, zerre den Fisch am Schwanze.«
    Doch jetzt kamen wieder zwei Männer, und der Kleine unterdrückte einen Fluch, als er die Stimme seines Bruders Zacharias erkannte, der Mouquet erzählte, wie er ein Vierzigsousstück in einem Rock seines Weibes eingenäht gefunden hatte. Beide lachten vor Vergnügen und schlugen sich gegenseitig auf die Schultern. Mouquet schlug für den nächsten Tag eine große Kolbenspielpartie vor; man solle um zwei Uhr von Rasseneurs Schenke aufbrechen und nach Montoire bei Marchiennes gehen. Zacharias nahm den Vorschlag an. Man solle sie mit dem Streik in Frieden lassen, sagten sie; wenn man nicht arbeite, wolle man sich wenigstens ein Vergnügen gönnen. Damit bogen sie in die Wegkrümmung ein, als Etienne, der vom Kanal her kam, sie anhielt, um mit ihnen zu sprechen.
    »Wollen denn die Kerle hier übernachten?« sagte Johannes außer sich. »Es wird schon dunkel, und die Alte wird die Bude zumachen.«
    Jetzt kam noch ein Grubenarbeiter in der Richtung nach Réquillart. Etienne entfernte sich mit ihm; als sie bei dem

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