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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Pfahlzaun vorüberkamen, hörte der Knabe sie von der Versammlung im Walde sprechen. Man hatte die Zusammenkunft auf den nächsten Tag verschieben müssen aus Furcht, in einem Tage nicht alle Arbeiterdörfer verständigen zu können.
    »Die große Geschichte wird morgen angehen«, flüsterte Johannes seinen Kameraden zu. »Wir müssen dabei sein. Nachmittags wollen wir uns auf die Strümpfe machen.«
    Als die Straße endlich frei war, schickte er Bebert wieder aus.
    »Zerre nur keck an dem Schwänze!... Aber nimm dich in acht, denn die Alte hat einen Besen.«
    Glücklicherweise war schon finstere Nacht, Bebert machte einen Satz in die Höhe und riß den Fisch herunter. Er rannte davon, seine Beute schwingend wie einen fliegenden Drachen; seine Genossen liefen hinterdrein. Die Krämerin kam erstaunt aus ihrer Bude hervor; sie begriff nicht, was geschehen war, und sah die Davoneilenden nicht, die sich im Dunkel der Nacht verloren.
    Diese Taugenichtse wurden nachgerade der Schrecken der ganzen Gegend. Sie hatten nach und nach von dem Lande Besitz ergriffen wie eine wilde Horde. Zuerst halten sie sich mit dem Werkhof des Voreuxschachtes begnügt und sich im Kohlenlager herumgewälzt, von wo sie schwarz hervorkamen wie die Neger. Dann spielten sie Versteck zwischen den Holzstößen, wo sie sich verloren wie in einem Urwalde. Dann hatten sie von dem Hügel Besitz ergriffen; sie glitten auf dem Hintern die kahlen Stellen hinab, die noch heiß waren von Erdbränden. Sie schlüpften in das Gestrüpp, das die ehemaligen Gruben überwucherte, blieben da ganze Tage verborgen und gaben sich ruhig ihren Spielen übermütiger Mäuschen hin. Allmählich dehnten sie ihre Eroberungen immer weiter aus, prügelten sich blutig zwischen den Kohlenziegelhaufen und rannten in den Feldern herum, wo sie allerlei Pflanzen ohne Brot aßen; sie durchsuchten die Uferböschungen des Kanals, um Sumpffische zu fangen, die sie roh verschlangen; sie wagten sich kilometerweit fort und drangen bis zu dem Walde Vandame vor, wo sie im Frühjahr mit Erdbeeren, im Sommer mit Haselnüssen und Heidelbeeren sich vollstopften. Bald gehörte ihnen die ganze ungeheure Ebene.
    Doch was sie unaufhörlich auf den Straßen zwischen Montsou und Marchiennes herumtrieb, war ein wachsendes Bedürfnis zu stehlen, dem sie mit den gierigen Augen junger Wölfe nachgingen. Johannes blieb der Führer dieser Expeditionen, jagte seine Truppe auf jede Beute los, plünderte die Zwiebelfelder, die Weingärten, die Schaufenster der Kaufläden. Für alle diese Missetaten beschuldigte man in der Gegend die streikenden Grubenarbeiter; man sprach von einer großen, organisierten Räuberbande. Eines Tages zwang er sogar Lydia, ihre Mutter zu bestehlen; er hatte sich von ihr zwei Dutzend Gerstenzucker bringen lassen, den Frau Pierron in einem gläsernen Pokal auf einem Fensterbrettchen hielt; die Kleine, die dafür halbtot geprügelt ward, verriet ihn nicht, dermaßen zitterte sie vor seiner Autorität. Das Schlimmste war, daß er bei allen diesen Diebstählen den Löwenanteil für sich behielt. Auch Bebert mußte ihm die Beute abliefern und war froh, wenn der Häuptling ihn nicht ohrfeigte, um alles für sich zu behalten.
    Seit einiger Zeit trieb Johannes Mißbrauch mit seiner Macht; er prügelte Lydia, wie man sein rechtmäßiges Weib prügelt, und nützte die Leichtgläubigkeit Beberts dazu aus, diesen in allerlei unangenehme Abenteuer zu verwickeln, weil es ihm Spaß machte, den dicken Jungen, der stärker war als er und ihn mit einem Faustschlage hätte zu Boden strecken können, wie einen Packesel herumzujagen. Er verachtete alle beide, behandelte sie wie seine Sklaven, erzählte ihnen, daß er eine Prinzessin zur Geliebten habe, vor der zu erscheinen sie unwürdig seien. In der Tat geschah es seit acht Tagen schon, daß er an irgendeiner Straßenecke, bei irgendeiner Wegkrümmung, gleichviel wo er sich eben befand, plötzlich verschwand, nachdem er ihnen mit schrecklicher Miene befohlen halle, nach dem Dorfe zurückzukehren. Vor allem aber sackte er die Beute ein.
    So geschah es auch heute.
    »Gib her«, sagte er, seinem Kameraden den geräucherten Fisch entreißend, nachdem alle drei bei einer Wegkrümrnung nahe bei Réquillart stehen geblieben waren.
    Bebert protestierte.
    »Ich will davon haben,« sagte er; »ich habe ihn doch genommen.«
    »Wie, was?« schrie Johannes. »Du bekommst davon, wenn Ich dir gebe; heute gewiß nicht, aber morgen, wenn davon übrigbleibt.«
    Er

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