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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Tür zu läuten, die man ihnen nicht sonderlich rasch öffnete. Die Kammerfrau, Rose, kam eben von ihrem Ausgang heim und lachte den wütenden Arbeitern ins Gesicht, die sie sämtlich kannte, da sie von Montsou war. Sie bearbeitete ihrerseits die Tür mit Faustschlägen, bis Hippolyte kam und sie zur Hälfte öffnete. Es war Zeit; die Grégoire verschwanden eben im Hause, als der Steinhagel von neuem anging. Die Bande hatte sich von ihrem Erstaunen wieder erholt und brüllte stärker als früher:
    »Tod den Bürgern! Es lebe die Soziale!«
    Rose schien das Abenteuer Spaß zu machen; sie lachte noch im Hause und wiederholte dem entsetzten Kammerdiener:
    »Sie sind nicht bösartig; ich kenne sie.«
    Herr Grégoire hängte mit gewohnter Bedächtigkeit seinen Hut an den Nagel. Während er seiner Frau den Mantel ablegen half, sagte er:
    »Sie sind im Grunde nicht schlecht; wenn sie genug geschrien haben, essen sie mit um so besserem Appetit zu Nacht.«
    In diesem Augenblick kam Herr Hennebeau vom zweiten Stock herunter. Er hatte die Szene mit angesehen und wollte seine Gäste mit der gewohnten kühlen Höflichkeit empfangen. Nur die Blässe seines Gesichtes verriet den Schmerz, der ihn durchrüttelt hatte. Der Mann in ihm war gebändigt; es blieb nichts übrig als der vornehme Beamte, der entschlossen war, seine Pflicht zu erfüllen.
    »Die Damen sind noch nicht zurück«, sagte er zu seinen Gästen.
    Zum ersten Male wurden jetzt die Grégoires von einer Unruhe erfaßt. Cäcilie noch nicht zurück! Wie wird sie heimkehren, wenn dieser Spaß der Arbeiter noch länger andauert?
    »Ich habe daran gedacht, das Haus frei zu machen«, fügte Herr Hennebeau hinzu. »Unglücklicherweise bin ich nur allein zu Hause und weiß nicht, wohin ich meinen Diener senden soll, daß er mir Soldaten unter Führung eines Korporals bringe, die mir dieses Gelichter hinwegfegen.«
    Rose wagte von neuem die schüchterne Bemerkung:
    »Gnädiger Herr, diese Leute sind nicht bösartig.«
    Der Direktor schüttelte den Kopf, während der Lärm draußen anwuchs und man die dumpfen Schläge der Steine an die Mauer des Hauses hörte.
    »Ich grolle den Leuten nicht, ich entschuldige sie sogar; man muß so dumm sein wie sie, um zu glauben, daß wir sie unglücklich machen wollen. Allein, ich habe für die Ruhe einzustehen ... Es ist merkwürdig, daß Gendarmen auf den Straßen sind, wie man mir sagt, und daß ich seit heute morgen keinen einzigen bekommen konnte.«
    Er unterbrach sie, trat vor Frau Grégoire zur Seite und sagte:
    »Ich bitte Sie, Gnädigste, bleiben Sie nicht da; treten Sie in den Salon ein.«
    Doch die Köchin, die verzweifelt aus der Küche heraufkam, hielt sie noch einige Minuten auf. Sie erklärte die Verantwortlichkeit für das Essen nicht übernehmen zu können, weil sie von dem Pastetenbäcker in Marchiennes die Hülsen für spanischen Wind erwartete. Sie hatte die Hülsen für vier Uhr bestellt; augenscheinlich hatte der Pastetenbäcker aus Furcht vor diesen Banditen sich unterwegs verirrt; vielleicht auch hatte man seine Tragkörbe geplündert. Sie sah im Geiste den spanischen Wind hinter einem Gebüsch belagert, wie er die Magen der dreitausend Elenden reizte, die Brot verlangten. In allen Fällen war der gnädige Herr jetzt benachrichtigt; sie würde lieber Essen ins Feuer werfen, als es wegen der Revolution verderben lassen.
    »Ein wenig Geduld«, sagte Herr Hennebeau. »Noch ist nichts verloren; der Pastetenbäcker kann noch kommen.«
    Als er zu Frau Grégoire zurückkehrte, um ihr selbst die Salontür zu öffnen, war er sehr überrascht, auf einem Bänkchen im Flur einen Mann zu sehen, den er bisher im wachsenden Dunkel gar nicht bemerkt hatte.
    »Sie sind's, Maigrat! Was gibt es denn?«
    Maigrat hatte sich erhoben, und man sah sein dickes, bleiches, vom Schrecken verstörtes Gesicht. Er hatte nicht mehr das stramme Auftreten eines ruhigen, dicken Mannes; er erklärte untertänig, daß er zu dem Herrn Direktor geschlichen sei, um von ihm Schutz und Hilfe zu erbitten, wenn die Räuber seinen Kramladen angreifen sollten.
    »Sie sehen, daß ich selbst bedroht bin und niemanden habe«, sagte Herr Hennebeau. »Sie hätten besser getan, zu Hause zu bleiben und ihre Waren zu hüten.«
    »Ich habe die Eisenstangen vorgelegt und meine Frau zu Hause gelassen.«
    Der Direktor verlor die Geduld und machte kein Hehl aus seiner Verachtung. Eine schöne Wacht, diese schwächliche, infolge der Prügel abgemagerte Frau.
    »Kurz, ich kann

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