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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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berührte.
    »Wart'!« schrie die Brulé. »Man wird dir Spitzen an den Hals legen!«
    »Uns stehlen sie das, diese Dirnen!« sagte die Levaque. »Sie, hüllen sich in Pelzwerk, während wir erfrieren... Man entkleide sie, damit sie das Leben kennen lerne!«
    Sogleich lief die Mouquette herbei.
    »Ja, ja; gepeitscht muß sie werden!«
    In ihrem wilden Wetteifer drängten die Weiber sich heran, streckten ihre Lumpen aus, wollten jede für sich ein Stück von diesem Kind reicher Leute haben. Ihr Hinterteil wäre gewiß nicht schöner als bei den anderen Weibern, hieß es in der Menge. Es gebe viele, die unter ihrem Flittertand ordentlich verfault seien. Die Ungerechtigkeit dauere lang genug; man werde sie alle zwingen, sich so zu kleiden wie die Arbeiterinnen, -- diese Metzen, die es wagten, fünfzig Sous für das Waschen eines Unterrockes auszugeben!
    Von diesen Furien umzingelt, zitterte die arme Cäcilie; ihre Beine versagten ihr den Dienst, und sie stammelte ein um das andere Mal:
    »Meine Damen, ich bitte Sie, tun Sie mir doch nichts zuleide.«
    Doch plötzlich stieß sie einen lauten Schrei aus: kalte Hände hatten sie am Halse gefaßt. Es war der alte Bonnermort, in dessen Nähe die Menge sie gedrängt hatte, und der sie jetzt mit den Fäusten packte. Er schien berauscht vor Hunger, verdummt durch sein langes Elend, plötzlich herausgeschleudert aus seiner Ergebenheit, die ein halbes Jahrhundert gewahrt hatte, ohne daß man wissen konnte, welcher Drang nach Vergeltung ihn herausgeschleudert hatte. Nachdem er in seinem Leben ein Dutzend Kameraden vom Tode gerettet hatte, wobei er seine eigenen Knochen in den schlagenden Wettern und bei den Einstürzen einsetzte, gab er jetzt einem unnennbaren Instinkte nach, einem Bedürfnisse, dies zu tun, dem Zauber, den der weiße Hals dieses Mädchens auf ihn übte. Da er heute wieder einmal seinen stummen Tag hatte, preßte er nur die Finger zusammen mit der ruhigen Miene eines alten siechen Tieres, das seine Erinnerungen wiederkäut.
    »Nein, nein!« heulten die Weiber. »Den Hintern herausl Den Hintern heraus!«
    Als man im Hause des Direktors das Ereignis gewahr wurde, öffneten Herr Hennebeau und Negrel mutig die Tür, um Cäcilie zu Hilfe zu eilen. Allein die Menge drängte jetzt gegen das Gartengitter, und es war schwer hinauszukommen. Es entspann sich ein Kampf, während die Eheleute Grégoire entsetzt auf der Auffahrt erschienen.
    »Laßt sie los, Alter! Es ist das Fräulein von der Piolaine«, rief die Maheu dem Großvater zu, die Cäcilie erkannte, deren Schleier von einem Weibe herabgerissen war.
    Etienne, erbittert über diese an einem Kinde geübte Vergeltung, bemühte sich, die Bande zu bestimmen, daß sie ihre Beute loslasse. Er hatte einen plötzlichen Einfall. Die Hacke schwingend, die er Levaque aus den Händen gerissen hatte, schrie er:
    »Zu Maigrat! Dort gibt es Brot! Laßt uns Maigrats Laden stürmen!«
    Er führte mit voller Kraft den ersten Axthieb gegen die Ladentür. Einige Kameraden folgten ihm: Levaque, Maheu und andere. Doch die Weiber ließen nicht locker; aus den Händen Bonnemorts war Cäcilie wieder in die Krallen der Brulé geraten. Von Johannes geführt, waren Lydia und Bebert auf allen Vieren herangekrochen und schlüpften unter die Röcke, um den Hintern der Dame zu sehen. Schon zerrten sie an ihren Kleidern, daß diese zu reißen drohten, als ein Reiter erschien, sein Tier antrieb und alle, die nicht rasch genug zur Seite sprangen, mit seiner Reitpeitsche bearbeitete.
    »Ihr Hundepack! Jetzt wollt ihr gar unsere Töchter peitschen!«
    Es war Deneulin, der zum Essen kam. Er sprang rasch vom Pferde, faßte Cäcilie mit der einen Hand um den Leib, während er mit der andern Hand sein Pferd so geschickt führte, daß ihm das Tier als eine lebende Schutzwand diente; so durchschnitt er die Menge, die vor den Pferdehufen scheu zurückwich. Am Gartengitter dauerte das Ringen fort; er drängte sich aber dennoch durch, wobei es manchen unsanften Tritt absetzte. Diese unerhoffte Unterstützung befreite Negrel und Hennebeau, die inmitten der Flüche und Hiebe in großer Gefahr schwebten. Während Negrel endlich die ohnmächtige Cäcilie ins Haus trug, empfing Deneulin, der mit seinem großen Körper den Direktor deckte, auf der Auffahrt einen Steinwurf, der ihm schier die Schulter ausrenkte.
    »Recht so,« schrie er; »zerschlagt mir die Knochen im Leibe, nachdem ihr meine Maschinen zerschlagen habt!«
    Er warf rasch die Tür zu; ein Hagel von

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