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Germinal

Germinal

Titel: Germinal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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zu gewärtigen.«
    Der Schankwirt ging jetzt auf und ab und pfiff mit geringschätziger Miene vor sich hin. Dreitausend Franken! Was will man damit anfangen? Das gibt nicht für sechs Tage Brot, und wenn man auf Fremde rechne, auf Leute, die in England wohnten, sei es gleich besser, sich hinzulegen und zu verrecken. Nein, der Streik sei eine zu große Dummheit, meinte er.
    Zum erstenmal wurden scharfe Worte zwischen diesen beiden Männern gewechselt, die in ihrem gemeinsamen Haß gegen das Kapital sich sonst immer verstanden.
    »Was sagst du dazu?« wiederholte Etienne, zu Suwarin gewendet.
    Dieser erwiderte in seiner gewohnten verächtlichen Weise:
    »Die Streiks sind blöd!«
    Inmitten der verdrossenen Stille, die eingetreten war, fügte er sanft hinzu:
    »Ich sage nicht nein, wenn es euch Vergnügen macht. Es ruiniert die einen, es tötet die anderen, und es wird immerhin einige hinwegfegen ... Allein in diesem Tempo kann es tausend Jahre dauern, bis die Welt erneuert wird. Ihr müßt damit beginnen, den Kerker in die Luft zu sprengen, wo ihr alle die Haut lasset!«
    Er zeigte mit seiner feinen Hand nach dem Voreux, dessen Gebäude man durch die offene Tür sehen konnte. Doch ein unvorhergesehener Zwischenfall unterbrach ihn. Polen, das dicke Hauskaninchen, das sich hinausgewagt hatte, stürzte mit einem Satze herein, vor den Steinwürfen einer Schar Jungen flüchtend; mit eingezogenem Schwanze und hängenden Ohren floh das Tier entsetzt zwischen seine Beine und kratzte flehend daran, damit er es auf seinen Schoß nehme. Als er das Tier auf seine Knie gelegt hatte und beide Hände schützend darüber breitete, versank er wieder in jene Träumerei, in die das Streicheln dieses seidenweichen, warmen Felles ihn jedesmal versetzte.
    In diesem Augenblicke kam Maheu; er wollte nichts trinken, trotzdem Frau Rasseneur ihm so freundlich zuredete, als wolle sie ihr Bier verschenken und nicht verkaufen. Etienne hatte sich erhoben, und beide brachen auf nach Montsou.
    An Zahltagen ging es in Montsou lustig her, ganz so wie an Kirmessonntagen. Aus allen Dörfern kamen die Arbeiter in hellen Scharen herbei. Da das Büro des Kassier sehr klein war, zogen sie es vor, vor der Tür zu warten; sie standen in Gruppen auf der Straße, und es kamen immer neue Leute hinzu, so daß sie schließlich den Weg verrammelten. Fliegende Handelsleute benützten die Gelegenheit, schlugen ihre fahrenden Basare auf und verkauften alles, selbst Kochgeschirr und Wurstsachen. Vor allem aber hatten die Weinschenken und Branntweinhäuser ihre guten Einnahmen, denn die Arbeiter tranken vor und nach der Zahlung; die Leichtfertigeren unter ihnen machten dann auch noch beim »Vulkan« einen Besuch.
    In dem Maße, als Maheu und Etienne durch die Gruppen schritten, merkten sie, daß an diesem Tage eine dumpfe Erbitterung um sich griff. Es herrschte nicht die gewöhnliche Sorglosigkeit, mit der das Geld in Empfang genommen und ein Teil davon gleich in den Schenken ausgegeben wurde. Man ballte die Fäuste, und heftige Reden gingen von Mund zu Mund.
    »Ist's denn wirklich wahr?« fragte Maheu Chaval, den er vor Piquettes Herberge traf. »Haben sie wirklich die Schmutzigkeit begangen?«
    Chaval antwortete mit einem wütenden Gebrumme, wobei er einen hämischen Blick auf Etienne warf. Seitdem sie einen neuen Schlag erstanden, hatte er sich bei einer anderen Gruppe eingedungen; ihn verzehrte allmählich der Neid gegen den Kameraden, diesen Neuangekommenen, der den Herrn spielte und dem -- wie er sich ausdrückte -- das ganze Dorf die Stiefel leckte. Die Sache verwickelte sich durch einen Zwist der Verliebten; Chaval konnte Katharina nicht mehr nach Réquillart oder hinter den Hügel führen, ohne sie in abscheulichen Worten zu beschuldigen, daß sie bei dem Mieter ihrer Mutter schlafe; dann wieder brachte er, von einer wilden Begierde nach ihr ergriffen, sie schier um mit seinen Liebkosungen.
    Maheu richtete jetzt eine zweite Frage an ihn.
    »Ist der Voreuxschacht an der Reihe?«
    Als der andere sich umdrehte, nachdem er mit dem Kopfe genickt, entschlossen die beiden Männer sich endlich, den Werkhof zu betreten.
    Die Kasse war ein kleiner, rechtwinkeliger Raum, durch ein Gitter quer abgeteilt; mehrere Arbeiter warteten auf einer Bank, während der Kassier, von einem Beamten unterstützt, einem Arbeiter, der mit seiner Mütze in der Hand vor dem Schalter stand, seinen Lohn auszahlte. Oberhalb der Bank war ein gelber Anschlagzettel an der Wand befestigt, der von dem

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