Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gern hab ich Sie bedient: Aufzeichnungen des Oberkellners im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg (German Edition)

Gern hab ich Sie bedient: Aufzeichnungen des Oberkellners im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg (German Edition)

Titel: Gern hab ich Sie bedient: Aufzeichnungen des Oberkellners im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Nährig
Vom Netzwerk:
zwanzig Quadratmetern. Mein Wohnzimmer hat nur sechzehn Quadratmeter, da passt es also nicht hinein. Als stadtfreundlich kann man den Riesenschlitten auch nicht gerade bezeichnen.
    Nach einigen Erläuterungen und Bedienungshinweisen durfte ich einsteigen und losfahren. 355 PS können wirklich aufregend sein. Schon ein leichtes Tippen auf das Gaspedal befördert dieses Monstrum hurtig von A nach B und darüber hinaus. Kurz: Ich habe diese Fahrten sehr genossen und möchte die freudige Erfahrung nicht missen. Auch die Blicke der hübschen Damen, die selbstredend allein dem »Amerikaner« galten, habe ich gerne mitgenommen.
    Am Abend der Rückgabe, wieder in der Hotelgarage, kommt just im Moment des Einparkens der Hamburger Unternehmer Dieter Schnabel in die Garage, sieht erst das überdimensionierte alte Auto, dann mich und sagt sehr freundlich: »Herr Nährig, haben Sie schon mal davon gehört, dass es eine Abwrackprämie gibt?«
    Was soll man dazu sagen? Wo bleibt der barocke mobile Kunstgenuss?
    Apropos Barock: Auch Jens Schürfelds fahrbaren »Barockengel« habe ich auf ähnliche Weise ausführen dürfen und dabei so meine Erfahrungen gesammelt. Jens Schürfeld ist Spezialist in Sachen Papier: Wann immer man eine Zeitung oder irgendein anderes Stück Papier in der Hand hat, ist es gut möglich, dass es von der Firma GUSCO stammt. Aber er ist auch Kenner von gutem Essen, Trinken und hübschen Frauen. Der Tradition folgend gab er einmal im Jahr mit Honoratioren der Stadt im kleinsten Kreis ein Hummeressen. Der Hummer wurde nach altem Rezept bereitet und serviert. Das heißt, er wurde am Tisch »geschlagen«, und jeder Gast hatte selbst die Freude oder Mühe, des »Innenlebens« dieses prächtigen Tierchens habhaft zu werden. Wie gesagt, Jens Schürfeld ist ein Gourmet, und so bat er vor dem Servieren darum, ich solle doch ja darauf achten, dass die roten Scherenkämpfer tatsächlich so gekocht würden, wie er (und ich) es kannten. Doch das Schicksal hatte mir just an diesem Tag einen neuen Küchenchef beschert. Auf meinen entsprechenden Hummer-Hinweis erhielt ich eine Antwort, die ich hier lieber nicht aufschreiben will – ich habe mein Leid über die guten Köche ja schon geklagt. Und so kam es wie befürchtet. Beim ersten Messerschlag quoll mir ein Schwall grünlicher Flüssigkeit entgegen. Der Hummer war nicht genügend gekocht, die »Hummerbutter« nicht gestockt. Unappetitlich. Die Gäste empfanden wie ich. Der Hummer wurde nicht gegessen. Jens Schürfeld hat diese Tradition in unserem Hause nicht fortgesetzt. Dem Hotel und seinem Grill aber blieb er treu.
    Aber vom hässlichen Hummererlebnis zurück zum herrlichen Engel: Den bekam Jens Schürfeld anlässlich eines Firmenjubiläums von seinen engsten Mitarbeitern geschenkt – ein BMW 3200 S aus dem Jahre 1962, ob seiner üppigen Rubensform im Volksmund eben »Barockengel« genannt. Herr Schürfeld wusste um meine Liebe zu alten Autos, und so bot er mir an, dieses Fahrzeug für ein paar Tage zu fahren, damit es »bewegt« würde. Nichts lieber als das! Bereits an der nächsten Tankstelle nahm meine Begeisterung allerdings etwas ab. Pro hundert Kilometer waren zirka fünfundzwanzig Liter Benzin fällig. Und das beim heutigen Ölpreis! Die Treibstoffanzeige raste im Eiltempo auf den Nullpunkt zu. Schließlich blieb mir das gute Prachtstück sogar stehen, noch bevor ich die rettende Tankstelle erreicht hatte. Kein Sprit mehr. Wie sang der bayerische Komiker Fredl Fesl einst so schön? »Ein Auto, das nicht fährt, das ist sein Geld nicht wert.« Es war finstre Nacht.
    Eine dunkle Gestalt näherte sich, sah meine Misere und sprach mich an. Nachdem ich dem Manne erklärt hatte, warum das Auto stand, konnte mir geholfen werden. Er griff mit der Hand unter die linke Seite des Lenkrads, drehte den dort befindlichen Hebel von links nach rechts und sagte: »Probieren Sie’s jetzt.« Der Hebel für den Reservetank. Das Gefährt war wieder zu seiner eigentlichen Bestimmung verfügbar. Im Weggehen meinte mein Retter noch etwas hämisch: »Hast die Schrottkiste wohl geklaut, was?« In der Dunkelheit sah man meine Schamröte glücklicherweise nicht.
    Auch Philip Moffat habe ich, wann immer sich die Gelegenheit ergab, beim »Bewegen« seiner Kraftfahrzeuge geholfen. Lebhaft ist mir noch jener denkwürdige 7. April vor Augen, der Tag unserer Ausfahrt mit vier seiner »Gustostückerln« (wie man in Österreich das Beste vom Besten nennt). Unglaublich, welche Erotik der

Weitere Kostenlose Bücher