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Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
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Griechen gerufen
    und es kamen Restaurantbetreiber.
    Wir haben Jugoslawen gerufen
    und es kamen Restaurantbetreiber.
    Wir haben Türken gerufen
    und es kamen Restaurantbetreiber.
    Wir haben Mexikaner gerufen
    und es kamen Restaurantbetreiber.
    Wir haben Thailänder gerufen
    und es kamen Restaurantbetreiber.
    Wir haben Libanesen gerufen
    und es kamen Restaurantbetreiber.
    Wir haben Chinesen gerufen
    und es kamen Restaurantbetreiber.
    Wir haben Vietnamesen gerufen
    und es kamen Restaurantbetreiber.
    Wir riefen die Schweizer
    und es kam »Mövenpick«.
    Wir riefen die Argentinier
    und es kam »Maredo Steakhouse«.
    Wir riefen die Amerikaner
    und es kam »McDonald's«.
    Jetzt rufen wir die Eskimos.
    Und wenn dann auch wieder nur Restaurantbetreiber kommen
    Restaurantbetreiber samt Familien und Arbeitskräften
    dann -
    Dann müssen wir Deutschen uns
    aber mal wirklich ernsthaft die Frage stellen:
    Gibt es eigentlich keine Menschen mehr auf dem Erdball?
    Beim Italiener
    - Un? Ware gut der Carpaccio, Dottore?
    - Padrone!
    Ein Carpaccio ist so gut wie sein Fleisch.
    So gut wie sein Öl. So gut wie der Käse schließlich,
    der drübergehobelt wird übers Fleisch,
    übers Öl – das Grünzeug vergessen wir mal lieber.
    Allora! Fragen wir mal ganz nüchtern:
    War es denn gut, das Fleisch? Insomma.
    War es denn gut, das Öl? Per niente.
    War er denn gut, der Käse? Anzi.
    Und was bedeutet das für den Carpaccio?
    - Hatte nich gemeckt, der Carpaccio?
    - Aber ja, aber ja! Hat geschmeckt, der Carafaggio!
    (beiseit) »Carafaggio« bedeutet auf italienisch »Küchenschabe«.
    Hoffentlich rafft der Padrone das Wortspiel!
    - Hatte gemeckt, der Carpaccio? Mille grazie, Dottore!
    Dreams that money can buy
    Schon auf bloßes Winken kommt die Tochter des Hauses
    zu dir.
    Mit den Brüsten, die ihr T-Shirt so spannen,
    daß zwei Hände sie nicht umfassen könnten,
    mit der Taille, die sich derart verengt,
    daß zwei Hände sie umfassen könnten,
    fragt sie: Sie wünschen?
    Sie kommt, und sie geht mit federnden Schritten,
    Tochter des Hauses und Tochter des Orients,
    von dir.
    Mit dem Rücken so zart unterm fließenden T-Shirt,
    daß zwei Hände zucken, darunterzufahren,
    mit den Armen so schmal an den schwingenden Hüften,
    daß zwei Hände jucken, sie festzuhalten,
    holt sie das Gewünschte.
    Schon für schlappe drei Mark erscheint sie erneut,
    Tochter des Hauses, des Orients, der Venus,
    begabt mit Brüsten, mit Taille, mit Armen
    vor dir.
    Mit einem Gang, der den Raum derart auflädt,
    daß Köpfe sich drehen, Körper sich wenden,
    mit einer Kraft, die derart gepolt ist,
    daß Hirne sich winden, Wünsche sich weiden,
    bringt sie »Kulmbacher Pils«.
    Sie bringt und trägt ab und erübrigt ein Lächeln,
    Tochter des Orients und Tochter des Hauses,
    für dich.
    Ist mal Brüste, mal Rücken, mal Augen, mal Haare,
    doch immer Hüften und Arme und Beine,
    ganz gleich, ob sie abräumt, aufräumt, einräumt,
    oder, ganz Sklavin, ganz Göttin, ganz Engel,
    das Gewünschte auftischt.
    Schon zum fünften Mal kommt die Tochter des Hauses
    zu dir.
    Mit der Rechnung, die das Bestellte aufführt,
    die fünf Getränke in Heller und Pfennig,
    und die schweigt vom Gewünschten: Von Tausend und Einer
    Nacht unter schneeballblütengroßen
    Sternen des Orients.
    Von den Menschen
    Und es setzen Menschen Menschen in die Welt
    Rein in eine Welt, die schon von Menschen wimmelt
    Hekatomben Menschen sterben unbemerkt
    Doch der neue Mensch wird derart angehimmelt
    Daß sich der Betrachter staunend fragt: Mensch Meier!
    Was hat der, was die nicht hatten, dieser Schreier?
    Vater und Sohn beziehn
das Hotelzimmer im Ferienort
    - Vater, sieh nur die häßlichen Häuschen!
    - Zieh dich vom Fenster zurück
    - Vater, sieh nur die sterbenden Bäumchen!
    - Schließe den Vorhang ein Stück
    - Vater, hör nur das klägliche Bellen!
    - Mache den Laden dicht
    - Vater, ich bin doch so gerne im Hellen!
    - Es gibt elektrisches Licht
    - Vater, was ließ uns denn hierher gehen?
    - Hier, sagte man, sei es schön
    - Vater, wann gibts dieses Schöne zu sehen?
    - Besser, wenn wir hier nichts sehn!
    Familie
    Die Tochter zeigt viel Bein:
    Sie hats noch vor sich.
    Die Mutter hüllt sich ein:
    Sie hats schon hinter sich.
    Der Vater macht sich klein:
    Er wär gern für sich.
    Tier im Glück
    Wärse eine Ratte, diese Taube
    Schlechte Karten hättse, diese Taube
    Totgeschlagen würdse, diese Taube
    In Hannovers Hauptbahnhof, der Taube
    Hort und Heim. Da renntse, diese Taube
    Picktse,

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